Zitate von Seneca
page 15

Nichts macht uns größere Beschwer, als wenn wir auf das Geschwätz der Menge hören und in ihrem Beifall, wie es so oft geschieht, einen Maßstab für das Gute sehen.

Kinder, junge Leute und Verrückte fürchten den Tod nicht. Es wäre doch eine Schande, wenn uns die Vernunft nicht dasselbe verschaffen könnte.

Es ist etwas Schönes, sagt Epikur, um eine vergnügte Armut. Aber das ist schon nicht mehr Armut, wenn man dabei vergnügt ist. Wer mit der Armut gut auskommt, der ist reich.

Auf nichts also müssen wir mehr achten als darauf, nicht nach Art des Herdenviehs der vorauslaufenden Schar zu folgen: wir würden dann nur den meist betretenen, nicht aber den richtigen Weg wählen.

Die Krankheiten, an denen wir leiden, sind heilbar, und wenn wir uns nur bessern wollen, so unterstützt uns die Natur selbst dabei, die uns zum Rechten geschaffen hat.

Nichts bringt uns in größere Übel als wenn wir uns nach dem Gerede der Leute richten die für das beste halten was „allgemein angenommen“ ist, nicht nach Vernunftgründen, sondern nach Beispielen leben.

Die Vorstellung also ist es, welche uns quält, und jedes Übel ist nur so groß, als wir es anschlagen.

Vor nichts muss man sich mehr hüten, als dass man wie das Herdenvieh den Vorangehenden nachlaufe.

Wenn du die wahre Beschaffenheit von irgend etwas kennenlernen willst, so überlasse es der Zeit; im Vorüberströmen sieht man nichts genau.

Um das Menschengeschlecht macht sich verdienter, wer es belacht, als wer darüber Tränen vergießt.

Die meisten Menschen verbringen ihr Leben mit einem schlechten Gewissen und einem verdorbenen Magen.

Es wächst der Mut bei jedem Blick auf die Größe des Unternehmens. Crescit animus, quotiens coepti magnitudinem attendit.

Es ist etwas Schönes, vor dem Tode schon Abschluß mit dem Leben zu halten und dann mit Seelenruhe die weitere Zeit des Lebens abzuwarten.

Nutze jede Stunde; wenn du das Heute wahrnimmst, wirst du weniger vom Morgen abhängen; indem man das Leben aufschiebt, eilt es von dannen.

Jetzt aber handeln die meisten so, daß sie den Einsturz, den sie wehren sollten selbst auf sich herabziehen.

Der Tod ist die Befreiung und das Ende von allen Übeln, über ihn gehen unsere Leiden nicht hinaus, er versetzt uns in jene Ruhe zurück, in der wir lagen, ehe wir geboren wurden.

Nur der Mensch erfüllt, was wir von ihm erwarten, der immer der gleiche ist, ob man ihn handeln sieht oder ihn reden hört.

Wir bilden uns ein, wir müßten auch unseren Feinden als unverletzlich gelten; jeder kommt sich vor wie ein König, der sich anderen gegenüber alles erlauben darf, sich selbst aber verschont wissen will.

Manches muß man heilen, ohne daß der Kranke davon weiß; vielen war es wohl schon eine Ursache des Todes, daß sie ihre Krankheit kannten.

Einerlei Sache ist nicht immer einerlei, sondern nach ihrer Absicht verschiedentlich zu beurteilen.

Wie töricht ist es, Pläne für das ganze Leben zu machen, da wir doch nicht einmal Herren des morgigen Tages sind.

Es ist ein Irrtum, zu glauben, das Schenken sei eine leichte Sache: die Sache hat vielmehr ihre großen Schwierigkeiten, wenn anders die Gabe auf Grund reiflicher Überlegung erfolgen und nicht nach Zufall oder plötzlicher Laune verschleudert werden soll.

Kein Verständiger straft, wie Plato sagt, weil gesündigt worden ist, sondern um die Sünde zu verhüten.