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Alles Menschliche ist im Flusse und gleitet dahin, und was uns im Leben am besten gefällt, das ist gerade das Flüchtigste und Zarteste.
SenecaIch höre (während des Reisens) nicht auf, zu lesen. Dies ist nach meiner Überzeugung notwendig: einmal, um nicht mit mir allein zufrieden zu sein; sodann, um, wenn ich erfahren, was andere gefunden haben, ihre Entdeckungen zu prüfen und auf neue Entdeckungen zu sinnen.
SenecaEin großer Geist, der sich selbst richtig schätzt, rächt Beleidigungen nicht, weil er für sie keinen Sinn hat.
SenecaDaß ein Mensch einen Menschen, ohne ihm zu zürnen, ohne ihn zu fürchten, nur aus Lust an seiner Qual sich zu weiden, tötet!
SenecaWas du für den Gipfel hältst, ist nur eine Stufe.
SenecaSchimpflich ist es, nicht zu gehen, sondern sich treiben zu lassen und mitten im Wirbel der Dinge verblüfft zu fragen: Wie bin ich bloß hierher gekommen?
SenecaAllein die Frage wäre zu beantworten, ob es sinnvoll ist, an die äußerste Grenze des Alters zu gelangen..., denn es ist ein großer Unterschied, ob jemand sein Leben oder sein Sterben verlängert. Warum sollten wir unseren Geist nicht aus einem zerfallenden Körper hinausführen dürfen?
SenecaWo keine Gefahr ist erntet man auch keinen Ruhm. In gleicher Weise verfährt das Schicksal. Es sucht sich die tapfersten als Gegner aus, an manchen geht es verächtlich vorbei. Die Menschen mit größter Kühnheit fordert es heraus und führt all seine Kräfte gegen sie ins Feld.
SenecaWas einen treffen kann, kann jeden treffen.
SenecaEin Ende des Trauerns findet, auch wer es nicht mit Absicht gesucht hat, mit der Zeit.
SenecaWie lange ich lebe, hat mit meinem wahren Wesen nichts zu tun. Wie lange ich aber leben werde, um im höheren Sinne zu leben, das hängt von mir ab.
SenecaLaßt uns dafür sorgen, daß unser Leben gleich Kleinodien nicht viel Raum einnehme, aber viel wiege.
SenecaAuf seinem eigenen Misthaufen ist der Hahn der Mächtigste.
SenecaHier habt ihr vor der Gottheit etwas voraus: für sie gibt es überhaupt kein Dulden von Unglück, ihr seid darüber erhaben.
SenecaWer ja sagt zu seinem Schicksal, den führt es voran; den Widerstrebenden aber schleift es mit.
SenecaNach mir wird das, was vor mir war.
SenecaDie Ehre verbietet häufig, was das Gesetz erlaubt.
SenecaDie Seele muß frisch, voll Zuversicht und über alles erhaben sein.
SenecaEinen dankbaren Menschen erfreut die empfangene Wohltat immer, einen undankbaren nur einmal.
SenecaDie beste Arznei gegen Wut ist Aufschub.
SenecaEs ist ein großer Unterschied, ob man natürlich lebt oder nachlässig.
SenecaNicht der Hunger unseres Leibes kommt uns teuer zu stehen, sondern der Ehrgeiz.
SenecaHoffen statt zu fürchten, das heißt ein Übel durch ein anderes ersetzen.
SenecaUnwillig klagst du und willst nicht einsehen, dass bei allem, was du beklagst, nur eines von Übel ist: dein Unwillen und deine Klagen. Nur ein Unglück gibt es für einen Menschen, nämlich dass es Dinge in seinem Leben gibt, die er als Unglück ansieht.
SenecaEigene Schmeichelei verdirbt uns mehr als fremde. Wer hat es je gewagt, gegen sich selbst ganz wahr zu sein?
SenecaKeine Tempel aus zusammengeschleppten Steinen soll man der Gottheit auftürmen, sondern jeder weihe ihr sein Herz zum Heiligtum.
SenecaDas eben geschieht den Menschen, die in einem Irrgarten hastig werden: Eben die Eile führt immer tiefer in die Irre.
SenecaEin Tag aber ist eine Stufe des Lebens; die ganze Lebenszeit besteht aus Teilen und enthält Kreise, von welchen die größeren die kleineren umschließen.
SenecaEine große Seele redet gelassen und zuversichtlich.
SenecaHeilmittel wider Ungerechtigkeiten ist das Vergessen.
SenecaWer tapfer ist, ist ohne Furcht: wer ohne Furcht ist, ist ohne Bekümmernis: wer ohne Bekümmernis ist, ist glückselig.
SenecaDie Furcht ist eine Folge der Hoffnung.
SenecaNicht ist es ein Gut, zu leben, sondern sittlich zu leben.
SenecaEin Mann sollte aber den Mut haben, Menschen zu bewundern, die sich hohe Ziele stellen, auch wenn sie scheitern.
SenecaMan schreitet von Großem zu Größerem, und überaus maßlose Hoffnungen macht sich, wer unverhofft Erfolg hat.
SenecaEin heilig Ding ist das Leben des Menschen.
SenecaIn der Schule kommt man nicht dazu, das Notwendige zu lernen, weil zu viel Überflüssiges gelehrt wird.
SenecaWas die Wahrnehmung zeigt, das glaubt der Geist.
SenecaNichts sei in dem menschlichen Leben so traurig, oder versöhne uns so schnell mit dem Gedanken unsers eigenen Todes, als der Anblick und die Betrachtung, wie ein Freund nach dem andern um uns her zu Boden fällt.
SenecaWer willig folgt, den führt's Geschick, wer nicht, den schleppt es mit sich fort!
SenecaUndankbar sind wir alle. Frage sich jeder selbst: Es wird keiner sein, der sich nicht über einen Undankbaren zu beschweren hätte.
SenecaWie töricht ist es, über sein Leben verfügen zu wollen; wir sind nicht einmal Herr über den morgigen Tag! Oh, wie unsinnig ist die Hoffnung jener, die langwierige Dinge unternehmen.
SenecaDas Leben ward uns gegeben mit der Bedingung des Sterbens, es ist ein Gang zum Tode. Den Tod zu fürchten ist falsch, denn man fürchtet ja nur Ungewisses.
SenecaSeine Fehlhaltungen einzugestehen, ist ein Zeichen seelischer Gesundheit.
SenecaDu wirst selber zugeben, daß das Lesen vieler Schriftsteller und der verschiedenartigsten Bücher vag und unstet macht.
SenecaDurch das Menschliche entstehen Fehler.
SenecaMancher hat sich durch den Kitzel der Witzelei hinreißen lassen, oder hat etwas getan, nicht um uns zu schaden, sondern weil er selbst seinen Zweck nicht erreichen konnte, ohne uns dabei zugleich einen Hieb zu versetzen.
SenecaWas kann Reisen allein schon nützen? Das bloße Hin und Her der Eindrücke macht uns labiler und oberflächlicher. So kommt es dass Menschen die Orte, zu denen sie mit aller Gewalt wollten, nach wenigen Wochen wieder verlassen.
SenecaDurch Lehren lernen wir. Docendo discimus.
SenecaGlück ist, was passiert, wenn Vorbereitung auf Gelegenheit trifft.
Seneca