Zitate von Seneca
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Alles Menschliche ist im Flusse und gleitet dahin, und was uns im Leben am besten gefällt, das ist gerade das Flüchtigste und Zarteste.

Ich höre (während des Reisens) nicht auf, zu lesen. Dies ist nach meiner Überzeugung notwendig: einmal, um nicht mit mir allein zufrieden zu sein; sodann, um, wenn ich erfahren, was andere gefunden haben, ihre Entdeckungen zu prüfen und auf neue Entdeckungen zu sinnen.

Ein großer Geist, der sich selbst richtig schätzt, rächt Beleidigungen nicht, weil er für sie keinen Sinn hat.

Daß ein Mensch einen Menschen, ohne ihm zu zürnen, ohne ihn zu fürchten, nur aus Lust an seiner Qual sich zu weiden, tötet!

Schimpflich ist es, nicht zu gehen, sondern sich treiben zu lassen und mitten im Wirbel der Dinge verblüfft zu fragen: Wie bin ich bloß hierher gekommen?

Allein die Frage wäre zu beantworten, ob es sinnvoll ist, an die äußerste Grenze des Alters zu gelangen…, denn es ist ein großer Unterschied, ob jemand sein Leben oder sein Sterben verlängert. Warum sollten wir unseren Geist nicht aus einem zerfallenden Körper hinausführen dürfen?

Wo keine Gefahr ist erntet man auch keinen Ruhm. In gleicher Weise verfährt das Schicksal. Es sucht sich die tapfersten als Gegner aus, an manchen geht es verächtlich vorbei. Die Menschen mit größter Kühnheit fordert es heraus und führt all seine Kräfte gegen sie ins Feld.

Wie lange ich lebe, hat mit meinem wahren Wesen nichts zu tun. Wie lange ich aber leben werde, um im höheren Sinne zu leben, das hängt von mir ab.

Laßt uns dafür sorgen, daß unser Leben gleich Kleinodien nicht viel Raum einnehme, aber viel wiege.

Hier habt ihr vor der Gottheit etwas voraus: für sie gibt es überhaupt kein Dulden von Unglück, ihr seid darüber erhaben.

Wer ja sagt zu seinem Schicksal, den führt es voran; den Widerstrebenden aber schleift es mit.

Unwillig klagst du und willst nicht einsehen, dass bei allem, was du beklagst, nur eines von Übel ist: dein Unwillen und deine Klagen. Nur ein Unglück gibt es für einen Menschen, nämlich dass es Dinge in seinem Leben gibt, die er als Unglück ansieht.

Eigene Schmeichelei verdirbt uns mehr als fremde. Wer hat es je gewagt, gegen sich selbst ganz wahr zu sein?

Keine Tempel aus zusammengeschleppten Steinen soll man der Gottheit auftürmen, sondern jeder weihe ihr sein Herz zum Heiligtum.

Das eben geschieht den Menschen, die in einem Irrgarten hastig werden: Eben die Eile führt immer tiefer in die Irre.

Ein Tag aber ist eine Stufe des Lebens; die ganze Lebenszeit besteht aus Teilen und enthält Kreise, von welchen die größeren die kleineren umschließen.

Wer tapfer ist, ist ohne Furcht: wer ohne Furcht ist, ist ohne Bekümmernis: wer ohne Bekümmernis ist, ist glückselig.

Ein Mann sollte aber den Mut haben, Menschen zu bewundern, die sich hohe Ziele stellen, auch wenn sie scheitern.

Man schreitet von Großem zu Größerem, und überaus maßlose Hoffnungen macht sich, wer unverhofft Erfolg hat.

In der Schule kommt man nicht dazu, das Notwendige zu lernen, weil zu viel Überflüssiges gelehrt wird.

Nichts sei in dem menschlichen Leben so traurig, oder versöhne uns so schnell mit dem Gedanken unsers eigenen Todes, als der Anblick und die Betrachtung, wie ein Freund nach dem andern um uns her zu Boden fällt.

Undankbar sind wir alle. Frage sich jeder selbst: Es wird keiner sein, der sich nicht über einen Undankbaren zu beschweren hätte.

Wie töricht ist es, über sein Leben verfügen zu wollen; wir sind nicht einmal Herr über den morgigen Tag! Oh, wie unsinnig ist die Hoffnung jener, die langwierige Dinge unternehmen.

Das Leben ward uns gegeben mit der Bedingung des Sterbens, es ist ein Gang zum Tode. Den Tod zu fürchten ist falsch, denn man fürchtet ja nur Ungewisses.

Du wirst selber zugeben, daß das Lesen vieler Schriftsteller und der verschiedenartigsten Bücher vag und unstet macht.

Mancher hat sich durch den Kitzel der Witzelei hinreißen lassen, oder hat etwas getan, nicht um uns zu schaden, sondern weil er selbst seinen Zweck nicht erreichen konnte, ohne uns dabei zugleich einen Hieb zu versetzen.

Was kann Reisen allein schon nützen? Das bloße Hin und Her der Eindrücke macht uns labiler und oberflächlicher. So kommt es dass Menschen die Orte, zu denen sie mit aller Gewalt wollten, nach wenigen Wochen wieder verlassen.