seite 14
Nie ist zu wenig, was genügt.
SenecaWenn du siehst, wie viele dir voraus sind, so denke daran, wie viele dir nachstehen.
SenecaEs wird eine Zeit kommen, wo auch das, was jetzt noch verborgen ist, nach Ablauf langer Jahre durch die Genauigkeit der Beobachtung ans Licht gebracht werden wird.
SenecaDie Zukunft ist ganz ungewiß; doch wahrscheinlich ist, daß Schlimmeres nachkommt.
SenecaLeben heißt kämpfen. Ruhe wirst du im Grab haben.
SenecaKeine Kunst ist, was durch Zufall seinen Zweck erreicht.
SenecaWährend man es aufschiebt, geht das Leben vorüber.
SenecaDem Neide wirst du entgehen, wenn du es verstehst, dich im Stillen zu freuen.
SenecaAber alles Vortreffliche ist ja auch selten zu treffen, und nichts ist schwieriger, als etwas aufzufinden, was in seiner Art in jeder Hinsicht vollkommen wäre.
SenecaWas wäre denn ausgenommen von der Gefahr einer Veränderung? Die Erde nicht, der Himmel nicht, nicht dieser ganze Weltenbau, obwohl er unter göttlicher Leitung steht. Nicht immer wird er diese wohlgeregelte Gestaltung behalten, sondern der Tag wird kommen, der diesem seinem Umschwung ein Ende macht.
SenecaWenn man zum Gipfel gelangt ist, gibt es nur Gleichheit; es gibt keinen Platz mehr für Zuwachs, man steht.
SenecaSolange das Schicksal es erlaubt, lebt froh!
SenecaWer nichts dazu tut, daß die Menschen einander mehr Liebe geben, sollte sich nicht darüber wundern, daß es so viele Kriege gibt.
SenecaDas wirksamste Mittel gegen den Zorn ist Aufschub. Fordere vom Zorn zunächst nicht, daß er verzeihe, sondern daß er sich ein Urteil bilde.
SenecaDer Tod ist die Erlösung von allen Schmerzen, ist die Grenze, über welche unsere Leiden nicht hinausgehen; er versetzt uns wieder in jenen Ruhezustand, dessen wir vor unserer Geburt teilhaftig waren.
SenecaWenn das Schicksal dir den ersten Platz im Staate versagt, so wanke und weiche doch nicht von der Stelle: hilf durch Zuruf, und hat man dir den Mund gestopft, so wanke und weiche doch nicht: hilf durch Schweigen.
SenecaWie glücklich man am Lande war, merkt man erst, wenn das Schiff untergeht.
SenecaGroßzügig ist nicht der, der freigiebig mit fremdem Gut umgeht, sondern der von sich selber nimmt, was er anderen gibt.
SenecaEs wäre wider die Natur, dass je dem Guten das Gute schade.
SenecaFremde Fehler haben wir vor Augen, unsere liegen uns im Nacken.
SenecaWenn wir zulassen, dass uns etwas in Angst und Schrecken versetzt, ist das Leben nicht mehr lebenswert.
SenecaSie leben nicht, sie wollen nur leben - alles schieben sie auf.
SenecaBevor ich ein alter Mann wurde, war ich darauf bedacht, würdig zu leben. Jetzt, im Alter, richtet sich mein ganzes Streben darauf, in Würde zu sterben.
SenecaDas eben ist die große Selbsttäuschung, der wir uns hingeben, dass wir den Tod in die Zukunft verlegen: Zum großen Teil liegt er schon hinter uns, alles vergangene Leben liegt im Banne des Todes.
SenecaEs ist wichtiger in welcher Verfassung, als wohin du kommst und deswegen dürfen wir unser Herz keinem Ort verschreiben.
SenecaZu spät ist Sparen auf der Neige, denn nicht nur das Wenigste, auch das Schlechteste bleibt auf dem Boden zurück.
SenecaDen guten Steuermann lernt man erst im Sturm kennen, den guten Soldaten erst in der Schlacht.
SenecaManche schränken sich zu Hause ein, in der Öffentlichkeit breiten sie sich aus und entfalten sich: Ein Fehler ist dieses widersprüchliche Verhalten und ein Zeichen einer schwankenden Seele, die noch nicht ihre eigene Haltung hat.
SenecaWas Ablenkung anlangt, so scheint mir die Stimme gefährlicher zu sein als bloßes Geräusch. Denn die Stimme wirkt immer auf die Seele, während ein Geräusch nur an unser Ohr schlägt und es füllt.
SenecaSelbst Menschen mit guten Anlagen haben oft im Alter nicht das gehalten, was man in der Jugend von ihnen erhofft hatte.
SenecaHin geht die Zeit, und verlässt uns, wir mögen noch so sehr um sie geizen. Weder die künftige ist mein, noch die vergangene. Ich schwebe auf einem Punkt der fliehenden Zeit, und Größe ist's, genügsam zu sein.
SenecaNichts ist in der Seele, als was nicht durch die Sinne dahin eingetreten ist.
SenecaGlückliche Umstände machen die Herzen übermütig.
SenecaGroß ist die Mühe, den Himmel zu ersteigen, doch für die Seele ist es eine Heimkehr.
SenecaWir haben keinen Mangel an Zeit, wir verlieren nur zu viel.
SenecaNeue Künste lehrte der Hunger. Nova artificia docuit fames.
SenecaNichts ist unendlich.
SenecaZu leben heißt zu kämpfen.
SenecaBeim Lehren lernen die Menschen.
SenecaJeder Tag mag so gestaltet werden, als ob er die Reihe der Tage beende und das Leben restlos erfülle. Wenn Gott uns dazu noch das Morgen schenkt, so wollen wir es frohen Herzens hinnehmen.
SenecaIch werde sterben. Damit sagst du doch nur, ich kann nicht mehr krank werden, ich kann nicht mehr gefesselt werden, ich kann nicht mehr sterben.
SenecaNiemand kann lange eine Maske tragen; Verstellung kehrt schnell zur eigenen Natur zurück.
SenecaDas ganze Leben besteht aus Teilen und hat Kreise, wobei sich größere um die kleineren legen. Es gibt aber einen Kreis, der alle umfaßt und umringt; er reicht vom Geburtstag bis zum Todestag.
SenecaEs leitet uns das Schicksal, und die erste Stunde hat schon über die Zeit verfügt, die einem jeden zugemessen ist.
SenecaDer gemeine Mann betrachtet die Religion als richtig, der Weise als falsch und der Politiker als nützlich.
SenecaMan muss beides verbinden und miteinander abwechseln lassen, Einsamkeit und Geselligkeit. Die eine weckt in uns die Sehnsucht nach Menschen, die andere die Sehnsucht nach uns selbst.
SenecaDas Lächeln das Du aussendest, kehrt zu Dir zurück als Glück.
SenecaAllgegenwärtig ist der Tod. Der Götter Sorge war's, daß jeder uns das Leben, niemand uns den Tod rauben könne.
SenecaWer unser Freund ist, liebt uns; aber wer uns liebt, ist deshalb noch nicht unser Freund.
SenecaIm rechten Lebenswandel liegt die einzig würdige Gottesverehrung.
Seneca