Zitate von Seneca
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Es wird eine Zeit kommen, wo auch das, was jetzt noch verborgen ist, nach Ablauf langer Jahre durch die Genauigkeit der Beobachtung ans Licht gebracht werden wird.

Aber alles Vortreffliche ist ja auch selten zu treffen, und nichts ist schwieriger, als etwas aufzufinden, was in seiner Art in jeder Hinsicht vollkommen wäre.

Was wäre denn ausgenommen von der Gefahr einer Veränderung? Die Erde nicht, der Himmel nicht, nicht dieser ganze Weltenbau, obwohl er unter göttlicher Leitung steht. Nicht immer wird er diese wohlgeregelte Gestaltung behalten, sondern der Tag wird kommen, der diesem seinem Umschwung ein Ende macht.

Wenn man zum Gipfel gelangt ist, gibt es nur Gleichheit; es gibt keinen Platz mehr für Zuwachs, man steht.

Wer nichts dazu tut, daß die Menschen einander mehr Liebe geben, sollte sich nicht darüber wundern, daß es so viele Kriege gibt.

Das wirksamste Mittel gegen den Zorn ist Aufschub. Fordere vom Zorn zunächst nicht, daß er verzeihe, sondern daß er sich ein Urteil bilde.

Der Tod ist die Erlösung von allen Schmerzen, ist die Grenze, über welche unsere Leiden nicht hinausgehen; er versetzt uns wieder in jenen Ruhezustand, dessen wir vor unserer Geburt teilhaftig waren.

Wenn das Schicksal dir den ersten Platz im Staate versagt, so wanke und weiche doch nicht von der Stelle: hilf durch Zuruf, und hat man dir den Mund gestopft, so wanke und weiche doch nicht: hilf durch Schweigen.

Großzügig ist nicht der, der freigiebig mit fremdem Gut umgeht, sondern der von sich selber nimmt, was er anderen gibt.

Wenn wir zulassen, dass uns etwas in Angst und Schrecken versetzt, ist das Leben nicht mehr lebenswert.

Bevor ich ein alter Mann wurde, war ich darauf bedacht, würdig zu leben. Jetzt, im Alter, richtet sich mein ganzes Streben darauf, in Würde zu sterben.

Das eben ist die große Selbsttäuschung, der wir uns hingeben, dass wir den Tod in die Zukunft verlegen: Zum großen Teil liegt er schon hinter uns, alles vergangene Leben liegt im Banne des Todes.

Es ist wichtiger in welcher Verfassung, als wohin du kommst und deswegen dürfen wir unser Herz keinem Ort verschreiben.

Zu spät ist Sparen auf der Neige, denn nicht nur das Wenigste, auch das Schlechteste bleibt auf dem Boden zurück.

Den guten Steuermann lernt man erst im Sturm kennen, den guten Soldaten erst in der Schlacht.

Manche schränken sich zu Hause ein, in der Öffentlichkeit breiten sie sich aus und entfalten sich: Ein Fehler ist dieses widersprüchliche Verhalten und ein Zeichen einer schwankenden Seele, die noch nicht ihre eigene Haltung hat.

Was Ablenkung anlangt, so scheint mir die Stimme gefährlicher zu sein als bloßes Geräusch. Denn die Stimme wirkt immer auf die Seele, während ein Geräusch nur an unser Ohr schlägt und es füllt.

Selbst Menschen mit guten Anlagen haben oft im Alter nicht das gehalten, was man in der Jugend von ihnen erhofft hatte.

Hin geht die Zeit, und verlässt uns, wir mögen noch so sehr um sie geizen. Weder die künftige ist mein, noch die vergangene. Ich schwebe auf einem Punkt der fliehenden Zeit, und Größe ist’s, genügsam zu sein.

Jeder Tag mag so gestaltet werden, als ob er die Reihe der Tage beende und das Leben restlos erfülle. Wenn Gott uns dazu noch das Morgen schenkt, so wollen wir es frohen Herzens hinnehmen.

Ich werde sterben. Damit sagst du doch nur, ich kann nicht mehr krank werden, ich kann nicht mehr gefesselt werden, ich kann nicht mehr sterben.

Das ganze Leben besteht aus Teilen und hat Kreise, wobei sich größere um die kleineren legen. Es gibt aber einen Kreis, der alle umfaßt und umringt; er reicht vom Geburtstag bis zum Todestag.

Es leitet uns das Schicksal, und die erste Stunde hat schon über die Zeit verfügt, die einem jeden zugemessen ist.

Der gemeine Mann betrachtet die Religion als richtig, der Weise als falsch und der Politiker als nützlich.

Man muss beides verbinden und miteinander abwechseln lassen, Einsamkeit und Geselligkeit. Die eine weckt in uns die Sehnsucht nach Menschen, die andere die Sehnsucht nach uns selbst.

Allgegenwärtig ist der Tod. Der Götter Sorge war’s, daß jeder uns das Leben, niemand uns den Tod rauben könne.