Zitate von Theodor Fontane
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Wir hören gerne das Lob dessen, was uns verlorenging. Sonderbar, indem es uns das Gefühl des Verlustes steigert, tröstet es uns.
Unanfechtbare Wahrheiten gibt es überhaupt nicht, und wenn es welche gibt, dann sind sie langweilig.
Die Glücksarten der Menschen sind eben verschieden: Den enen sin Uhl is den annern sin Nachtigall. Mir ist die Freiheit Nachtigall, den andern Leuten das Gehalt.
Personen, denen irgendetwas feststeht, sind keine Genossen für mich; nichts steht fest, auch nicht einmal in Moral- und Gesinnungsfragen und am wenigsten in sogenannten Tatsachen.
Ganz leer lässt der liebe Gott keinen ausgehen; die Eltern und Erzieher müssen nur ausfindig machen, wo die Spezialbegabungen liegen.
Mit Halbheiten wird nichts Ganzes gewonnen, der höchste Preis darf den höchsten Einsatz fordern.
… die Fortdauer des Menschengeschlechts ist doch nun mal eine jener erhabenen Aufgaben, woran der einzelne mitzuarbeiten hat.
Wie mächtige weiße Blumen blühen sie über die blaue Fläche der Havel hin; ein Bild stolzer Freiheit.
Das Unlogische ist bei phantasiereichen Frauen nichts als ein Überspringen von Mittelgliedern und stellt in gewissem Sinne nicht eine niedrige, sondern umgekehrt eine höhere Form der Unterhaltung dar.
[…] Und selbst wo gar nichts ist, müssen wir dies Nichts nicht sehen wollen; wer sein Auge immer auf dies Nichts richtet, der versteinert.
Die große Stadt hat nicht Zeit zum Denken, und was noch schlimmer ist, sie hat auch nicht Zeit zum Glück.
Ich muss frische Luft haben, vielleicht erstes Zeichen von Hydropsie. Kann eigentlich Fremdwörter nicht leiden. Aber mitunter sind sie doch ein Segen. Wenn ich so zwischen Hydropsie und Wassersucht die Wahl habe, bin ich immer für Hydropsie. Wassersucht hat so etwas kolossal Anschauliches.
Wir arbeiten immer noch mit falschen Werthen und stecken immer noch im „Wichtig-nehmen“ drin, wo längst schon nichts mehr wichtig zu nehmen ist.
Nichts ist schrecklicher als totes Lob; ein verständiger und liebevoller Tadel ist das beste.
Lehre mich die Menschen kennen. So lange man sie nicht braucht, sind sie gut; wenn man sie aber braucht, so nimmt man mit Schrecken wahr, daß sie das Schlechteste grade gut genug für einen halten.
Abwechslung ist des Lebens Reiz, eine Wahrheit, die freilich jede glückliche Ehe zu widerlegen scheint.
Wir stecken tief in der Dekadenz; das Sensationelle gilt und nur einem strömt die Menge noch begeistert zu: dem baren Unsinn.
Ich denke verschwundener Zeiten, Sie sind mein einziges Glück, Doch die mir die liebsten gewesen, Ich wünsche sie nicht zurück.
Wie ich selber zum Beamten verdorben bin, so habe ich auch kein Gefühl für solche dürre Beamtenhaftigkeit. Sie ist lähmend und erscheint mir einfach als Philisterei.
Genieße mit Phantasie! Alle Genüsse sind letztlich Einbildung. Wer die beste Phantasie hat, hat den größten Genuß.
Man lebt sich selbst, man stirbt sich selbst; man ist den Menschen gar nichts – ihnen höchstens im Wege -, und wenn sich drei Ausnahmen finden, so steht es auch mit diesen mau genug.
Ganze Stadtteile bestehen aus Häusern, die sich so ähnlich sehen, wie ein Ei dem anderen.
Als Regel steht es mir fest: Die große Stadt macht quick, flink, gewandt, aber sie verflacht und nimmt jedem, der nicht in Zurückgezogenheit in ihr lebt, jede höhere Produktionsfähigkeit.
Die höchste Ruhegebung kommt einem aus dem Memento mori, und eine Viertelstunde auf dem Lichtenfelder Friedhof rückt einen immer wieder zurecht.
Wer hat den Mut, die Glaubenskraft des Menschen unter die Verstandeskraft zu stellen? Glaube und wissenschaftliche Erkenntnis schließen einander nicht aus, und mit höchster Geisteskraft ist höchste Glaubenskraft durch ganze Epochen hin vereinigt gewesen.
Es tut jeder gut, sich auf seine eigenen Beine zu stellen, diese Beine mögen sein, wie sie wollen.
Alle Kunst ist schwer, und wer sie beurteilen will, muss durchaus die Teilnahme und den Respekt mitbringen, die aller ehrlichen Arbeit gebührt.
Der Realismus in der Kunst ist so alt als die Kunst selbst, ja, noch mehr: er ist die Kunst.
Die Dinge beobachten gilt mir beinah‘ mehr als sie besitzen, und so hat man schließlich seinen Glück- und Freudeertrag wie anscheinend Bevorzugtere.
Das Glück besteht darin, daß man da steht, wo man seiner Natur nach hingehört; selbst die Tugend- und Moralfrage verblaßt daneben.
Ein Optimist ist ein Mensch, der ein Dutzend Austern bestellt, in der Hoffnung, sie mit einer Perle, die er darin findet, bezahlen zu können.
Ist doch Hochmut das recht eigentlich Böse, die Wurzel alles Übels, fast noch mehr als der Geiz, und hat denn auch die Engel zu Fall gebracht. Aber zwischen Hochmut und Demut steht ein drittes, dem das Leben gehört, und das ist einfach der Mut.