Zitate von Wilhelm Raabe
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Ein Faust zu sein, ist es nicht nötig, alles studiert zu haben, das Wollen allein genügt.

Und wenn sie noch so genau den Düngerhaufen beschreiben, die Wiese im Morgentau und Sonnenglanz behält doch ihr Recht.

Es ist eine Glocke, die klingt über alle Schellen; wer in der rechten Weise still sein kann, der wird sie wohl vernehmen.

Glückliche Kindheit! Alle späteren Lebensalter, die eine einsame Minute fröhlich verträumen wollen, lassen dich vor sich aufsteigen, und träumt nicht sogar die Menschheit von einem „goldenen Zeitalter“, einer längst untergegangenen glücklichen Kinderwelt.

Gott, der große Magister, weiß sehr gut, daß sein Völklein erst mit großem Weh „mensa“ – der Tisch – deklinieren lernen muß, ehe es zum großen Verbum „amare“ kommt.

Im Leben, wie im Märchen, darf man sich nicht umsehen, wenn man sicher durch die Schrecknisse des Weges gelangen will.

Was sie heute im Theater aufführen, sind die „Affären“ kranke Leute. Wie gesund war so ein Othello!

Die träumerische Viertelstunde eines Poeten oder Philosophen ist oft wichtiger für die Menschheit als der Lärm einer tagelang währenden Feldschlacht.

Was ist solch ein unbedeutendes Gemetzel wie bei Cannae, Leipzig oder Sedan gegen die fort und fort um den Erdball tobende Schlacht des Daseins?

Man spricht viel zu leichtfertig vom Lachen in der Welt. Ich halte es für eine der ernsthaftesten Angelegenheiten der Menschheit.

Es kann eine Welt geben, in der es eine Ehre ist, gehängt zu werden, und also auch zu einem Vergnügen werden kann.

Was einen, wenn man jung ist, als eine Mücke umschwirrte, das wird im Alter zur Hornisse.

Gegen ein Vorurteil im Kleinen, wie im Großen ist’s stets das Nützlichste, sich unter dem Winde anzuschleichen.

Was ist der Mensch? Es ist schade, daß diese Frage nur von ihm selber aufgeworfen und beantwortet werden kann. Ich möchte wohl einmal die Meinung irgendeines anständigen Tieres, eines Esels, Ochsen, Pferdes oder auch nur eines Flohs darüber hören!

Jeder, er zu den Höhen steigen will, hat erst die allernächste Nähe zu überwinden. Dem kann sich niemand entziehen und am wenigsten die Gelehrten, die Poeten und die Helden auf jeglichem Felde.

Es gibt ein Reich der Freiheit, Ruhe und stolzen Gelassenheit, dessen Bürgerbrief wir zu besitzen glauben, und das uns keine Macht der Welt entreißen soll, in dem man den Sieg gerade dann am festesten hält, wenn die Widersacher am lautesten den Sieg über uns kreischen.

Es kommt immer ganz anders! Das ist ein wahres Wort und im Grunde zugleich auch der beste Trost, der dem Menschen in seinem Erdenleben auf den Weg gegeben worden ist.

Man hat eben in der Welt nichts Ordentliches und Verständiges ohne der zugehörigen Jammer.

O Mutter, du weißt nicht, wie nötig ich dich habe; keine Weisheit, die auf Erden gelehrt werden kann, kann uns das geben, was ein Wort und ein Blick der Mutter uns gibt…

Der Augenblick, welcher dem Menschen seinen Gewinn zeigt, lehrt ihn auch seinen Verlust am deutlichsten erkennen.

Eine ganz vortreffliche Zeit, wie alle Zeiten, in denen man einen großen Hunger nach irgend etwas hat, von dem man weiß, dass man es durch Mühen und Arbeit erlangen kann.

Es gibt nur zwei Sorten Leute. Die eine meint, sie stehe am Anfang aller Dinge, und die andere ist vom Gegenteil fest überzeugt. Ich gehöre zu den letzten.

Bleib in den Stiefeln, Mensch! So lange als möglich. Zwackt dich das Podagra an einem Fuß, so umwickle die dumme Pfote; aber den Stiefel zieh fernerhin über das gesundgebliebene Glied und tritt fest auf.

Nicht die behaglich Hinlebenden, sondern die Verstümmelten, die Unglücklichen, bilden das rechte Kriterium für Dichterwerke.

Wir sind doch thörichte Menschen! Wie oft durchkreuzt die Furcht vor dem Lächerlichwerden unsere innigsten, zartesten Gefühle! Man schämt sich der Thräne und – spottet; man schämt sich des fröhlichen Lachens und – schneidet ein langweiliges Gesicht.

Bei blitzschnell hereinbrechender Not und Verwirrung zeigt sich am besten, was der Mensch ist, und was er kann.

Die Menschen irren sich. Man hat nur Freude an dem, was einem nicht gehört. Alles Übrige ist eine Last.

Ich kenne sie alle: die einen geben einem dieses Rätsel auf, die anderen jenes, und die Auflösung steht verkehrt gedruckt unter jedem.

Die Menschen steifen sich darauf, daß jeder um sie herum unrecht habe; meine Meinung jedoch ist, daß jeder in der Welt recht hat. Keiner mehr und keiner minder als der andere.