Zitate von Wilhelm Raabe
page 3

Es ist heute noch nicht von Überfluss, wenn man die zwischen Vogesen und Weichsel lebende deutsche Bevölkerung mit der Nase auf ihre Dummheit stößt.

Allen Vorkommnissen des Lebens gegenüber hat man sich immer nur vorzuhalten, daß man sich doch nur in einer Kinderstube befindet, wo die Unartigen vorwiegen.

Die Dummheit des Kommunismus, der Sozialdemokratie, daß das meint, die Natur verzichte dem Menschen gegenüber auf ihr Recht, von ihrem Reichtum an Lebewesen Gebrauch zu machen und tausend umkommen zu lassen, um einem das Vergnügen des Atemholens fünf Minuten lang zu gestatten.

Welch ein Künstler der Winter ist. Die Spatzen färbt er gelb und den freien Menschen macht er ausrufen: Mein Haus ist meine Burg!

Das ist gerade das Nette an jeglichem Gerücht, dass man es ruhig sich selber überlassen kann; es wuchert im Guten wie im Bösen weiter.

Die Starken lachen selten auf dieser Erde, aber sie zeigen es auch nicht durch Tränen, wenn wir andern ihnen weh getan haben.

Jemand, der im Nachdenken darüber, ob er Perron oder Bahnsteig sagen soll, den Zug versäumt.

Den richtigen Lesepöbel hat einzig und allein das „Volk der Dichter und Denker“ aufzuweisen.

Ist nicht die Dämmerung die Zeit der Märchen; ist nicht die Zeit der jungen Liebe die Zeit des Traumes?

Man muß Bücher schreiben, die gewinnen, wenn das Geschlecht, das sie später liest, andere Röcke und Hosen trägt.

Ich war ein Student, und ich studierte in Berlin – o großer Gott, was studierte ich alles! Es ist mir heute noch ein Mirakel, daß ich nicht mit einem Riß, einem Sprung im Hirnkasten herumlaufe: die Gehirnerweiterung war zu mächtig.

Hütet Euch, jene schwächliche Resignation, von welcher der nächste Schritt zur Gleichgültigkeit führt, zu befördern, oder sie gar hervorrufen zu wollen.

Es ist Heldentum in großen Drangsalen, sich von den Schrecknissen und Molesten der Gegenwärtigkeit freizumachen und zu tun, als ob sie nicht wären.

Es sind zwei Sorten von Leuten. Die einen kümmern sich um die Adiaphora des Lebens, je älter sie werden, desto mehr; die anderen desto weniger. Einige gar nicht; und diese haben das Erdendasein glücklich überwunden.

Der Erdenmensch erlebt in einer Minute mehr Elend als das Tier der Erde vom Anfang bis zum Ende.

Der Kürschner, der deutsche Literaturkalender, das tränenreichste Sammelwerk der Welt.

Es ist eine böse Zeit! – Mißmutig habe ich die Zeitung weggeworfen, mir eine frische Pfeife gestopft, ein Buch herabgenommen und aufgeschlagen.

Wenn in der bösen Welt der Krieg die Menschen voneinanderreißt, bringt er sie doch auch wieder zueinander.

Alles Glücklichsein ist das eines Kindes im Theater. Das Alter weiß, wie die Dekoration von hinten aussieht und der Schauspieler zu Hause. Freilich bleiben die meisten bis zu ihrem Tode große Kinder.

Die ewige Illusion, daß das Leben noch vor einem liege. Das Leben liegt immer hinter einem!

Mit aller Kraft hatte er gestrebt, das zu lernen, was von der hohen Wissenschaft sich lernen ließ, und er mußte sich sagen, daß dies im Grunde wenig genug war.

Nicht nur für die Autographenmappen, sondern auch für die Bücherschränke schreiben wir.

Auf leisen Sohlen wandelt die Schönheit, das wahre Glück und das echte Heldentum. Unbemerkt kommt alles, was Dauer haben wird.

Es gibt eine Vornehmheit, das heißt eine Unbefangenheit des Plebs, die dem Bourgeois ewig ein Rätsel bleibt.

Der Herr läßt Gras wachsen auf den hohen Bergen; aber als lieber Gott hat er seinen schönen Blumen den Aufenthaltsort durchschnittlich doch mehr im Tal angewiesen.

Die Klugen haben wahrhaftig lange nicht so viel Behaglichkeit in die Welt gebracht und so viele Glückliche drin gemacht, wie die Einfältigen.

Wir meinen alle, Eldorado läge nur eine Nasenlänge vor uns und es läge nur an uns, es zu erreichen.

Unter den Waffen, welche dem Menschen zum Kampfe mit dem Leben gegeben werden, sind zwei scharfe, schneidende: Verstand und Phantasie.

Der Tod hat eigentlich für das Kind keinen Sinn, erst wenn uns das Leben recht zusammengerüttelt und geschüttelt hat, geht uns das Verständnis dafür auf. Der Kindheit, welcher alles noch neu ist, drängt jeder neue Tag den vergangenen in die vollständigste Vergessenheit.

Die Menschen sind nur allzu häufig imstande, wenn das Lebendige unter den Toten erscheint, das erstere für das Gespenst zu halten.

Ein Kunststück geht an den Menschen vorüber, und an einem Kunststück gehen die Menschen vorüber.

Der Mensch hat vor dem Tier nur den zweifelhaften Vorzug, daß er denken kann: Es kommt auf mich an.

Wir bleiben immer Kinder, und so klug wir auch werden mögen, wir behalten immer die Lust, mit scharfen Messern und spitzen Scheren zu spielen.