Zitate von Christian Morgenstern
page 10
Ein jeder soll den Weg des anderen achten, wo zwei sich redlich zu vollenden trachten.
Bilden die Stillen im Lande keine Partei, und ist es ihre Schuld, daß die höchsten Geister, die sie als Führer verehren und wählen, im Land- und Reichstage sich nicht einordnen lassen, weil sie im Parlament der Menschheit sitzen?
Mein Herz kommt mir heute vor wie ein Pfefferkuchenherz, das lange im Nassen gelegen hat.
Eine der schönsten und symptomatischesten russischen Sitten ist die Anrede beim Vornamen. Eine ganze Welt von Zopfigkeit liegt in unserem Herr, Fräulein, gnädige Frau.
Ich habe heute ein paar Blumen für dich nicht gepflückt, um dir ihr Leben mitzubringen.
Es gibt gar keine Worte, die bloß Worte wären. Sondern jedes Wort ist von vornherein ein – höchst individuelles – Urteil. Man glaubt, a sei gleich a. Eine vollkommene Ungeheuerlichkeit.
Es gibt kaum eine größere Gefahr für einen Menschen wie mich, als Nietzsche zu lesen. Es ist wie ein Wühlen im Schmerz meines eigenen Unwerts.
Oh, ich verleumde meine Erde nicht! Ich liebe sie – nur sei sie mir nicht Schranke! Sie ist mir nicht der letzte Seinsgedanke, so wenig wie ihr Licht das letzte Licht.
Ich bin aus Gott wie alles Sein geboren, Ich geh in Gott mit allem Mein zu sterben, Ich kehre heim, o Gott, als Dein zu leben.
Ich trage keine Schätze in mir, ich habe nur die Kraft, vieles, was ich berühre, in etwas von Wert zu verwandeln. Ich habe keine Tiefe, als meinen unaufhörlichen Trieb zur Tiefe.
Das ist ein äußerst merkwürdiges Gefühl, wenn man sich frühmorgens das Gesicht abreibt und sich dabei vorstellt: nun hast du deine Gedanken mit gewaschen und abgetrocknet.
Wir sind nie wirklich aus dem Paradiese vertrieben worden. Wir leben und weben mitten im Paradiese wie je, wir sind selbst Paradies, – nur seiner unbewußt, und damit mitten im – Inferno.
Die schlimmste Folge demokratischer Anschauungsweise ist, daß nun auch die Worte alle „gleich“ gewertet werden.
Gedanken wollen oft wie Kinder und Hunde, daß man mit ihnen im Freien spazierengeht.
Und er kommt zu dem Ergebnis: Nur ein Traum war das Erlebnis. Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.
Worte sind wie Rettungsringe, die dem Leben dienen; auf den tiefen Grund der Dinge kommst du schwer mit ihnen.
Es gibt kaum eine größere Enttäuschung, als wenn Du mit einer recht großen Freude im Herzen zu gleichgültigen Menschen kommst.
Wenn man zum Leben ja sagt, und das Leben selber sagt zu einem nein, so muß man auch zu diesem Nein ja sagen.
Der beste Beweis für die Gotteskindschaft Christi ist der, daß es Zeiten gab, wo jeder Teufel vor einem Kreuz die Flucht ergriff.
Was wir aus der Geschichte des Geistes lernen können, das ist, meine ich, vor allem eine immer tiefere Bescheidenheit, uns zu äußern.
Jedes Buch hat zwei Wirkungen, die mittelbare und die unmittelbare. Die meisten Leser spüren nur die mittelbare. Darum bleiben auch so viele Bücher Druckerschwärze auf Papier.
Was uns allen zumeist fehlt, ist das tiefe, dauernde Bewußtsein des wirklichen Elends auf Erden, sonst würden wir über den Gefühlen einerseits des Mitleids, andrerseits des Dankes ganz der kleinlichen Misere des eigenen Lebens vergessen.
Mut, Mut, Mut, das fehlt dem sogenannten denkenden Wesen, dem Mensch – als denkendem Wesen – am meisten.
Man muß die Gegenwart von ihrer Wissenschaft reden hören, um zu wissen, was ein Parvenü ist.
Es ist eines der merkwürdigsten Dinge der Welt, daß man eine Seite und mehr lesen kann und dabei an ganz etwas anderes denken.
Geh einfach Gottes Pfad laß sonst nichts Führer sein so gehst du recht und grad, und gingst du ganz allein.