Zitate von Friedrich Nietzsche
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Der weiß noch nichts von der Bosheit, der nicht erlebt hat, wie die niederträchtigste Verleumdung und der giftigste Neid sich als Mitleid gebärden.
Gegen die Befreier des Geistes sind die Menschen am unversöhnlichsten im Haß, am ungerechtesten in Liebe.
Starke Wasser reißen viel Gestein und Gestrüpp mit sich fort, starke Geister viele dumme und verworrene Köpfe.
Entweder kommst du heute eine Stufe höher, oder du sammelst deine Kräfte, damit du morgen höher steigst.
Denn von Grund aus liebt man nur sein Kind und Werk; und wo große Liebe zu sich selber ist, da ist sie der Schwangerschaft Wahrzeichen: so fand ich’s.
Und aller großer Ernst – ist er nicht selbst schon Krankheit? Und eine erste Verhässlichung?
Euer Geschäft – das ist euer größtes Vorurteil, es bindet euch an euren Ort, an eure Gesellschaft, an eure Neigungen.
Wir müssen die Dinge lustiger nehmen, als sie es verdienen, zumal wir sie lange Zeit ernster genommen haben, als sie es verdienen.
Wer auf dem Scheiterhaufen noch frohlockt, triumphiert nicht über den Schmerz, sondern darüber, keinen Schmerz zu fühlen, wo er ihn erwartete. Ein Gleichnis.
Christlich ist ein gewisser Sinn der Grausamkeit, gegen sich und andere; der Hass gegen die Andersdenkenden; der Wille, zu verfolgen.
Nicht das „Egoistische“ und das „Unegoistische“ ist der Grundgegensatz, welcher die Menschen zur Unterscheidung von sittlich und unsittlich, gut und böse gebracht hat, sondern: Gebundensein an ein Herkommen, Gesetz, und Lösung davon.
Von mir werden keine neuen Götzen aufgerichtet; die alten mögen lernen, was es mit tönernen Beinen auf sich hat. Götzen (mein Wort für „Ideale“) umwerfen – das gehört schon eher zu meinem Handwerk.
Ich bin ein Wanderer und ein Bergsteiger, sagte er zu seinem Herzen, ich liebe die Ebenen nicht und es scheint, ich kann nicht lange still sitzen. Und was mir nun auch noch als Schicksal und Erlebnis komme, – ein Wandern wird darin sein und ein Bergsteigen: man erlebt endlich nur noch sich selber.
Aber der schlimmste Feind, dem du begegnen kannst, wirst du immer dir selber sein; du selber lauerst dir auf in Höhlen und Wäldern.
Der eine Mensch ist für den andern sein Gewissen: und dies ist namentlich wichtig, wenn der andere sonst keines hat.
Glaubt es mir, meine Brüder! Er [Jesus] starb zu früh; er selber hätte seine Lehre widerrufen, wäre er bis zu meinem Alter gekommen!
Nicht die Abwesenheit der Liebe, sondern die Abwesenheit der Freundschaft macht die unglücklichen Ehen.
Mein Glück wird sein, das zu tun, wozu mich eine innere Stimme treibt; sonst will ich nichts.
Ist nicht verletzte Eitelkeit die Mutter aller Trauerspiele? Wo aber Stolz verletzt wird, da wächst wohl etwas Besseres nach, als Stolz ist.
Um weise zu werden, muss man gewisse Erlebnisse erleben wollen, also ihnen in den Rachen laufen. Sehr gefährlich ist dies freilich; mancher „Weise“ wurde dabei aufgefressen.
Nach Liebe suchen – und immer die Larven, die verfluchten Larven finden und zerbrechen müssen.
Wer einen eigenen Willen in die Dinge zu legen hat, über den werden die Dinge nicht Herr.
Kennst du den Unterschied zwischen Schaffenden und Genießenden? Genießende glauben, dem Baum liege es an der Frucht; die Schaffenden wissen, daß es ihm am Samen lag.
Wenn ich mir eine Art Mensch ausdenke, die allen meinen Instinkten zuwiderläuft, so wird immer ein Deutscher daraus.
Beim Nationalismus handelt es sich um die schlechte Ausdünstung von Leuten, die nichts anderes als ihre Herden-Eigenschaften haben, um darauf stolz zu sein.
Es ist gut, eine Sache sofort doppelt auszudrücken und ihr einen rechten und einen linken Fuß zu geben. Auf einem Bein kann die Wahrheit zwar stehen; mit zweien aber wird sie gehen und herumkommen.
Im Grunde sind die Emanzipierten die Anarchisten in der Welt des „Ewig-Weiblichen“, die Schlechtweggekommenen, deren unterster Instinkt Rache ist.
Die Sucht nach Gleichheit kann sich so äußern, dass man entweder alle anderen zu sich hinunterziehen möchte, oder sich mit allen hinauf.
Die Zerstörung einer Illusion ergibt noch keine Wahrheit, sondern nur ein Stück Unwissenheit mehr, eine Erweiterung unseres „leeren Raumes“, einen Zuwachs unserer „Öde“.
Die Optimisten sind die Verehrer der Emotion. Es gibt einen Optimismus der Kraft und einen der Oberflächlichkeit. Der Erstere versteht es, den Schmerz zum Meister zu machen und der Letztere zum Flüchtling.
Durch Frauen werden die Höhepunkte des Lebens bereichert und die Tiefpunkte vermehrt.
Wer von uns Beiden ist der Glücklichste? Der, dem sein Unglück am besten missraten ist.
Einst war der Frevel an Gott der größte Frevel, aber Gott starb, und damit starben auch diese Frevelhaften. An der Erde zu freveln, ist jetzt das Furchtbarste und die Eingeweide des Unerforschlichen höher zu achten, als den Sinn der Erde!
Der Mensch hält die unerklärte dunkle Sache für wichtiger als die erklärte helle.
Jemand der den Duft einer Rose nicht riecht wird doch nicht darüber kritisieren dürfen; und riecht er ihn, à la bonne heure! Dann wird ihm die Lust vergehen zu kritisieren.
Nicht dass du mich belogen hast, sondern dass ich dir nicht mehr glaube, hat mich erschüttert.
„Er missfällt mir.“ – Warum? – „Ich bin ihm nicht gewachsen.“ – Hat je ein Mensch so geantwortet?
Man weiß nicht eher, worin bei ausgezeichneten Geistern das Feine ihres Ausdrucks, ihrer Wendung liegt, wenn man nicht sagen kann, auf welches Wort jeder mittelmäßige Schriftsteller beim Ausdrücken derselben Sache unvermeidlich geraten sein würde.