Zitate von Friedrich Nietzsche
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Jede große Liebe bringt den grausamen Gedanken mit sich, den Gegenstand der Liebe zu töten, damit er ein für alle Mal dem frevelhaften Spiele des Wechsels entrückt sei: denn vor dem Wechsel graut der Liebe mehr als vor der Vernichtung.
Die Vertraulichkeit des Überlegenen erbittert, weil sie nicht zurückgegeben werden darf.
Ein Deutscher ist großer Dinge fähig, aber es ist unwahrscheinlich, dass er sie tut: Denn er gehorcht, wo er kann, wie dies einem an sich trägen Geiste wohl tut.
Hat man Charakter, so hat man auch sein typisches Erlebnis, das immer wieder kommt.
Daß man aber eigentlich nur unter Gleichgesinnten, Gleichgewillten gedeihen kann, ist mein Glaubenssatz.
Die Furcht hat die Einsicht über die Menschen mehr gefördert als die Liebe, die sich täuschen lassen will.
Wahrscheinlichkeit, aber keine Wahrheit: Freischeinlichkeit, aber keine Freiheit, – diese beiden Früchte sind es, derentwegen der Baum der Erkenntnis nicht mit dem Baum des Lebens verwechselt werden kann.
„Das habe ich getan“ sagt mein Gedächtnis. Das kann ich nicht getan haben – sagt mein Stolz und bleibt unerbittlich. Endlich – gibt das Gedächtnis nach.
Der Wahrheit dienen wenige in Wahrheit, weil nur wenige den reinen Willen haben gerecht zu sein und selbst von diesen wieder die wenigsten die Kraft, gerecht sein zu können.
Frauen können recht gut mit einem Manne Freundschaft schließen; aber um diese aufrechtzuerhalten – dazu muß wohl eine kleine physische Antipathie mithelfen.
Jeder Held und jede Heldin schleppt einen Vertrauten mit sich, wie einen diensthabenden Kammerherrn.
Es gibt Personen, welche jedermann zu einem Ja oder Nein in Bezug auf ihre ganze Person nötigen möchten.
Nicht der ist glücklich, der machen kann, was er will, sondern der, der will, was er machen muß.
Die Furcht hat die allgemeine Einsicht über den Menschen mehr gefördert, als die Liebe, denn die Furcht will erraten, wer der andere ist, was er kann, was er will: sich hierin zu täuschen, wäre Gefahr und Nachteil.
Hat ein Gott die Welt geschaffen, so schuf er den Menschen zum Affen Gottes, als fortwährenden Anlaß zur Erheiterung in seinen allzulangen Ewigkeiten.
Mit einer sehr lauten Stimme im Halse ist man fast außerstande, feine Sachen zu denken.
Ihr fürchtet mich? Ihr fürchtet den gespannten Bogen? Wehe, es könnte Einer seinen Pfeil darauf legen!
Es gibt kein Gesetz: jede Macht zieht in jedem Augenblick ihre letzte Konsequenz.
Wir schleppen treulich, was man uns mitgibt, auf harten Schultern und über rauhe Berge! Und schwitzen wir, so sagt man uns: Ja, das Leben ist schwer zu tragen!
Alles zerbricht, alles gleicht sich wieder an; unvergänglich errichtet sich der Weg des Seins.
Was der Vater schwieg, das kommt im Sohne zum Reden; und oft fand ich den Sohn als des Vaters entblößtes Geheimnis.
Für sich gut sagen dürfen und mit Stolz, also auch zu sich Ja sagen dürfen – das ist, wie gesagt, eine reife Frucht, aber auch eine späte Frucht: – wie lange musste diese Frucht herb und sauer am Baume hängen!
Alles Schaffen ist Mitteilen. Der Erkennende, der Schaffende, der Liebende sind Eins.
Goethe hat sich einmal die Frage vorgelegt, was die Gefahr sei, die über allen Romantikern schwebe: das Romantiker-Verhängnis. Seine Antwort ist: „Am Wiederkäuen sittlicher und religiöser Absurditäten zu ersticken.“
Goethes Stimme und… Beispiel weisen darauf hin, daß der Deutsche mehr sein müsse als ein Deutscher, wenn er anderen Nationen nützlich, ja nur erträglich werden wolle – und in welcher Richtung er bestrebt sein solle, über sich und außer sich hinauszugehen.
Der Erfolg gibt oft einer Tat den vollen ehrlichen Glanz des guten Gewissens, ein Misserfolg legt den Schatten von Gewissensbissen über die achtungswürdigste Handlung.
Lieber nichts wissen, als vieles halb wissen! Lieber ein Narr sein auf eigene Faust, als ein Weiser nach fremdem Gutdünken!
Das Wissen um richtige Freundschaft ist der Frau nicht gegeben, sie kennt fast ausschließlich nur die Liebe.
Von der Tragödie begehrt das Volk eigentlich nicht mehr, als recht gerührt zu werden, um sich einmal ausweinen zu können.
Eine gute Sentenz ist zu hart für den Zahn der Zeit und wird von allen Jahrtausenden nicht aufgezehrt, obwohl sie jeder Zeit zur Nahrung dient.
Wer uns das Wesen der Welt enthüllte, würde uns allen die unangenehmste Enttäuschung machen.
Lieben und Untergehn: das reimt sich seit Ewigkeiten. Wille zur Liebe: das ist, willig auch sein zum Tode.
Wer sich tief weiß, bemüht sich um Klarheit. Wer der Menge tief scheinen möchte, bemüht sich um die Dunkelheit.
Der Wille zur Wahrheit bedeutet: Ich will nicht täuschen, auch mich selbst nicht.