Zitate von Hugo von Hofmannsthal
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Vielleicht die seltsamste Berührung zwischen dem Realen und Irrealen ist das wirkliche Unheil, das falsche Begriffe anrichten.
Die Liebe und ihre Umkehrung, der Haß, sind darum das eigentliche Studium des Lebens, weil sie allein aus den anderen Individuen die Konsequenzen ziehen.
Angewöhnungen sind darum so schwer zu bekämpfen, weil sich in ihnen die Trägheit, die sonst jedem Tun entgegenwirkt, mit einem gewissen rhythmischen Tätigkeitssinn verbündet.
Ungleich dem Tier hab ich Begriff von meiner Unkenntnis. Ich kenne, was ich nicht sehe, weiß, was fern von mir ist. Dadurch leide ich Qual wie kein Geschöpf.
Man muß der Natur darin nachstreben, daß sie keine Zwischenglieder, keine Nebensachen, kein Provisorium kennt, sondern jedes Ding als Hauptsache behandelt.
In ein Stammbuch Das traurigste Empfundene Ist nur lebendig schwer, Und alles Weg-geschwundene, Es lächelt nach uns her.
Nicht daß einer alles wisse, kann verlangt werden, sondern daß er indem er um eins weiß, um alle wisse.
Für gewöhnlich stehen nicht die Worte in der Gewalt des Menschen, sondern die Menschen in der Gewalt der Worte.
Es braucht ein ganzes Leben, um einzusehen, wie dinglich – objektiv – sich die Dinge, wie menschlich – subjektiv – die Menschen verhalten.
Man muss das Leben nicht banalisieren, indem man das Wesen und das Schicksal auseinanderzerrt und sein Unglück abseits stellt von seinem Glück. Man darf nicht alles sondern. Es ist alles überall.
Es ist allenfalls möglich, zu imaginieren, was vergangene Epochen in ihr Denken einschlossen, nicht aber, was sie ausschlossen.
Denke ich mich und was Zweites dazu – und wär es die Landkarte von Griechenland – so sehe ich wie durch ein Fenster in mich hinein.
Freude erfordert mehr Hingabe, mehr Mut als der Schmerz. Sich der Freude hingeben heißt, genau so weit das unbekannte Dunkle herausfordern.
In Er-leben ist ein aktivistischer Ursinn, wie Er-reichen, Er-eilen; aber niemand hört ihn mehr, und wir haben ein reines Passivum daraus gemacht.
Auch im Leid wird der Gläubige wahrhaft an seinem Ort sein, auch im verzweifelten Augenblick.
Das Ungeheuere des Lebens ist nuir durch Zutätigkeit erträglich zu machen; immer nur betrachtet, lähmt es.
Der Gegenwart entflieht, wer unter die Bauern geht. Der Bauer und die Gegenwart liegen in einem gesunden ewigen Streit, und über der Natur und den Sternen schwebt eine unverwelkliche Zeit, die nichts von der schalen Gegenwart weiß.
Die Ich-Sucht vergeht sich nicht so sehr durch Taten, als durch Nicht-Verstehen.
Alten Menschen ist die Welt ein hartes, traumloses Ding; was ihre Hände halten, das halten sie.
Die Jugend ist so stark, als sie sich ahnt, und zugleich so zart und schwach, als sie sich gebärdet; das ist das Zweideutige an ihr und das Dämonische.