Zitate von Jakob Bosshart
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Unser ganzes Dasein ist auf Schein, also auf Trug gegründet, und zwar nicht nur in physiologischer, sondern auch in moralischer Hinsicht.

Die Menschen haben die Liebe zur Arbeit, zum Beruf verloren, das macht zum großen Teil unser heutiges Elend aus. Wer arbeitet jetzt noch mit wahrer Liebe? Einige Dichter, einige Künstler, einige Erzieher, einige Bauern.

Wirklichen Unglauben gibt es nicht. Es gibt keinen Menschen, der nicht an etwas glaubt.

Der Mensch bedarf, um innerlich frei zu werden, einer Dosis Leichtsinnigkeit und Übermut, er muß, wie man sagt, den Teufel im Leib haben. Darum ist der Philister nie frei.

Der Mensch lebt einzig von seiner Seele. Sie ist seine Nahrung, seine Heimat, seine Kraft.

Jede Revolution entfesselt eine Menge von Selbstsüchten und Machtgelüsten, mehr, als sie deren zerstört.

Politische Bekenntnisse: Der Philosoph Was heißt stehn und gehn? Wer gibt die Deutung? Für die Ewigkeit hat nichts Bedeutung.

Es ist eine traurige Tatsache: Man muß das Menschliche und die Menschlichkeit immer gegen die Menschen verteidigen.

Endlich und Unendlich miteinander zu vergleichen, aufeinander zu beziehen, ist unmöglich. Von dem einen haben wir eine Anschauung, von dem andern nicht. Die beiden sind also schlechterdings unvergleichbar für uns.

Wenn die Jugend das Wort Ungebundenheit auf ihre Fahne malt, so verrät sie dadurch nur, daß sie nach Gebundenheit und Führung verlangt.

Die Jugend haßt das Alter, weil es sie zu hemmen droht; das Alter haßt die Jugend, weil sie den Besitz bedroht.

Es ist nichts fader als die Auffassung, wir seien da, um glücklich zu werden. So kann nur die Selbstsucht sprechen. Bist du ein Weiser, so fragst du die Blume, wozu sie da sei?

Warum kann man sein Bild im Spiegel nie ganz genau erkennen? Weil man sich im Spiegel nie unbeobachtet sehen kann.

Es ist ein irriger Glaube, der da erwartet, die „verkommene“ kapitalistische Welt werde eines Tages von selber zusammenstürzen oder sich eines Morgens zertrümmern lassen.

Einem tieferen Empfinden und Gerechtigkeitsgefühl muss die jetzige Welt als etwas Unmögliches vorkommen.

Was das Elend der letzten Jahrzehnte ausmachte, war der Mangel eines großen Ideals. Gewiß gab es Idealisten, wie in jeder Zeit, aber im Leben und Streben der Völker ließ sich kein Ideal mehr erkennen.

Es hat im Wirtschaftsleben noch keine Revolutionen gegeben, sondern nur Entwicklungen, die Revolutionen haben nur das politische Leben umgestaltet.

Die vielen „unverstandenen“ Frauen unserer Zeit gehen offenbar von der Voraussetzung aus, daß sich zwei Menschen völlig verstehen können. Sie decken damit ihren Mangel an Einsicht auf.

Welche Verheerungen und Verrenkungen in den Köpfen, welche Geblähtheit hat Nietzsches Buch und Schlagwort vom Willen zur Macht hervorgerufen!

Die Jugend macht sich am liebsten an die schwersten, die letzten Probleme, die hat den Zug zum Absoluten, die überschätzt aber ihre Kraft, sie kennt die Schranken noch nicht.

Der Gedanke an den Tod ist immer heilsam, er tötet nicht, wie man annehmen möchte, er weckt.

Was ein Sterbender sagt, wird immer bedeutsam; durch das Menschliche klingt das Ewige hindurch.

Das neunzehnte Jahrhundert hat den Klassizismus, die Romantik, den Naturalismus totgeschlagen; was bleibt dem zwanzigsten Jahrhundert übrig? Schlagt die Afterkultur tot!

Das Weltübel ist die Machtgier im Großen und Kleinen, in Staaten, Korporationen, Parteien, auch im einzelnen Individuum.

Christus war ein schlechter Dogmatiker, dafür aber ein großer Moralist. Indessen hat er doch als Dogmatiker eine große Tat getan, indem er das Himmelreich ins Innere des Menschen verlegte.

Schlagfertige Menschen sind meistens oberflächlich oder sie werden es infolge ihrer Begabung, die ihnen den äußeren Erfolg mühelos erwirbt.

Das wahrhaft Große ist daran kenntlich, daß es nicht nachgeahmt werden kann, es ist etwas Einziges. Eine technische Erfindung, eine Maschine kann großartig sein, sie kann etwas von der Art des Großen haben, aber sie kann nie wirklich groß sein.

Der Staat darf nicht Selbstzweck sein, sondern das Mittel der Vergeistigung. Er ist es aber nicht, das ist sein Fluch.

Die Formel der Radikalen ist: Entweder – oder, die der Kompromißler: Sowohl – als auch, die der Skeptiker: Als ob.

Unser bisschen Verstand ist nur da, um uns das Glück, den naiven Glauben, das naive Genießen zu rauben.