Zitate von Jakob Bosshart
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Es muß einer schon in vielen Stücken abgestorben sein, bis er sich alt fühlt. Der gesunde Geist kommt sich immer jung vor.

Der Mystiker sagt: Die Welt wird ganz von mir aufgenommen, sie geht in mich ein, wird mir assimiliert. So werde ich eins mit dem All.

Mit metaphysischen Fragen beschäftigt sich der Mensch am meisten in der Zeit, da er für seine Kräfte noch keine realen Ziele hat. Es ist auch die Zeit, da er noch glaubt, mit seiner Vernunft Berge versetzen zu können. Später verfällt die Mehrzahl den letzten Fragen gegenüber in Gleichgültigkeit.

Heute wird der Leib über den Geist erhoben, wirtschaftliche Fragen ernster genommen als die menschlichen, ja diese geradezu vernachlässigt.

Die Presse, dieser unaufhörliche Regen, der alles verwäscht, aber auch zum Überschwang führen kann, ist der größte Feind der geistigen Selbständigkeit, unkontrollierbar, vom Geld gekauft, dem Geld verklaut. (verklauen = fest verbinden)

Um zu einer eigenen Weltanschauung zu kommen, gibt es kein besseres Mittel, als alles Hergebrachte vorläufig über Bord zu werfen und dann sich an ein Zusammensuchen und Weiterbilden zu machen.

Die Demokratie muß bei uns auf politischem Gebiet redlicher durchgeführt werden und auf wirtschaftlichem endlich Boden fassen.

Die dramatisch wirksamste Schuld eines tragischen Helden ist die Untreue, begangen an seinem obersten Grundsatz.

Die ganze Welt unserer Vorstellung ist unrichtig, falsch, verzerrt; warum ihr denn so großes Gewicht beilegen? Wichtig ist, was in uns vorgeht. Das ist, wenigstens für uns, echt und wahr.

Eine der besten menschlichen Halbtugenden und eines der besten Halblaster ist die Hartnäckigkeit. Sie allein sichert den Erfolg, sie ist die neunte Muse.

Das goldene Kalb Glaub‘ nimmer, es erlöse Den Menschen ein geprägt‘ Metall: Sei gut es oder böse, Es bringt ihn irgendwie zu Fall.

Wechsel Denk nicht immer an das Morgen, Bleibt es dir doch unergründlich. Was du brauchst, es bringt’s: die Sorgen! Alles andere wechselt stündlich.

Wer die Menschen erziehen will, hüte sich davor, stets auf sie zu drücken, etwas Lüpfen tut bessern Dienst.

Unterschied zwischen Idee und Gedanke: Der Gedanke ist sozusagen „neutral“, inaktiv, die Idee dagegen aktiv, sie will wirken, sich ausbreiten. Man kämpft und stirbt für Ideen, man lebt in Gedanken.

Wer vermag seine Zeit klar zu durchschauen? Wer sieht, wohin sie treibt, fühlt, woher der Wind weht? Selbst die Hellsten haben nur Ahnungen und Mutmaßungen. Das Genie schlägt die rechte Richtung ein, ohne sich dessen klar bewußt zu sein, von der ihm innewohnenden, rätselhaften Kraft getrieben.

Das Ende aller Philosophie ist, über die Welt und das Leben heiter lächeln zu können. Das hört sich banal an und ist doch so schwer in der Ausführung.

Jeder Mensch hat die Sehnsucht, sich unter etwas Erhabenes zu stellen, einem Gott zu dienen.

Man sollte über den Dingen stehen, wie einer auf einem Wagen steht und in die ewig sich drehenden Räder blickt.

Das Elend unserer Zeit ist, daß die Massen geistig und ethisch verarmen. Für ihren Magen ist jetzt besser gesorgt als vorher, aber ihre Seele ist leer.

Religionen sind wie Särge und Wiegen: man legt uns hinein, fragt keiner, wie wir liegen.

Die Empfänglichkeit für Kultur wird künftig den Ausschlag geben, und nicht die Gewalt.

Man kann eine fremde Sprache noch so gut kennen, es gibt Stellen, die sich weigern, uns ihren ganzen Gehalt oder ihren wahren Sinn mitzuteilen. Nur in der Muttersprache kennt man den ganzen Gefühlsinhalt der Wörter.

Der menschliche Sinnen- und Nervenapparat gestaltet alles um, und dieses Umgestaltete, nicht die Wirklichkeit, hat für unser Leben Bedeutung.

Die Jugend in ihrer Selbstüberschätzung verschmäht die vorhandenen Bildungsmöglichkeiten und macht sich so arm.

Die Unausgeglichenheit der heutigen Jugend zeigt sich in dem Hin- und Hertreiben zwischen Rausch und Askese.

Man suche die leuchtendsten Augenblicke seines Lebens und analysiere sie, und man wird finden, daß in der Regel die Liebe im Spiel war. Die Liebe setzt dem Leben das Gold auf.

Wie man in einem Buche blättert, heute, morgen, in acht Tagen wieder, so fallen einem fast immer die nämlichen Seiten unter die Augen und vielleicht nicht immer die besten und schönsten. So auch geht es mit dem Buch des Lebens, man muß es nicht nur lesen, wie die Seiten sich öffnen.

Erlebnis an und für sich ist wertlos. Es kommt darauf an, was man daraus macht. Wird man durch das Erlebnis nicht größer, tiefer, reiner, so wäre es besser nicht geschehen.

Das heutige Leben ist von Phrasen beherrscht. Phrasen wirken aber nur an der Oberfläche.

Ein Schauspiel, das einen in niedergeschlagener Stimmung nach Hause gehen läßt, gehört nicht der höchsten Gattung an.

Gibt es in der Welt etwas, worüber wir nicht lachen können? Ja, diese Gabe des Lachens, wie seltsam und wie köstlich ist sie, und wie erlösend kann sie uns werden. Existiert ein Hymnus auf das Lachen?

Man schilt manchen irreligiös, dessen ganzes Vergehen darin besteht, daß er die übliche Auffassung des Göttlichen zu kleinlich, zu eng, zu menschlich und gewöhnlich findet.