Zitate von Johann Gottfried Herder
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Die Natur hat an die gebrechliche Hülle des menschlichen Leibes alle Kunst verwandt, die ein Gebilde der Erde fassen kann.
Nicht jeder kann alles lesen; die Furcht aber vor dem, was der andere bemerkte, ist oft mehr wert als das Gelesene selbst.
Denn das ist eben die große und gute Einrichtung der menschlichen Natur, daß in ihr alles im Keim da ist und nur auf eine Entwicklung wartet.
Kein nachahmender höherer Affe sollte der zur Freiheit erschaffene höhere Mensch sein, sondern, auch wo er geleitet wird, im glücklichen Wahn stehen, daß er selbst handele.
Durch Nachahmung, Vernunft und Sprache sind alle Wissenschaften und Künste des Menschengeschlechts erfunden worden.
Pflichten und Rechte gehören zusammen, wie obere und untere, wie die rechte und die linke Seite. Was hier konkav ist, ist dort konvex und bleibt dieselbe Sache.
Die Geographie ist die Basis der Geschichte, und die Geschichte ist nichts anderes als eine in Bewegung gesetzte Geographie der Zeiten und Völker. Wer eine oder die andere treibt, versteht keine, und wer beide verachtet, sollte nicht auf, sondern wie der Maulwurf, unter der Erde wohnen.
Wahre Religion also ist ein kindlicher Gottesdienst, eine Nachahmung des Höchsten und Schönsten im menschlichen Bilde, mithin die innigste Zufriedenheit, die wirksamste Güte und Menschenliebe.
Schwere des Goldes Wer Gold siehet, und wär‘ er selbst der Gerechtigkeit Waage mit dem eisernen Arm, neiget sich nach dem Gewicht.
Sich des Bösen erbarmen, das heißt, den Guten verabscheuen. Wer dem Verbrecher verzeiht, strafet die Unschuld für ihn.
Weibliche Unschuld und Reinheit im höchsten Sinne ist das Höchste und Heiligste auf Erden. Hier ist die Stufe, über welche das Göttliche zum Menschlichen herabsteigt.
Nehmt die äußere Hülle weg, und es ist kein Tod in der Schöpfung; jede Zerstörung ist Übergang zum höhern Leben.
Wie die Strahlen der Sonne, So können des Rechts und der Wahrheit Strahlen verlöschen nie; Prob‘ es, sie zünden von selbst.
Die Natur ist kein selbständiges Wesen, sondern Gott ist Alles in seinen Werken.
Ein Weiser wird gefragt, warum ihn Gott so gesegnet habe in seinem Leben? „Weil ich die kleinste Pflicht wie die größte tat“, antwortete er, „darum hat mich Gott gesegnet.“
Hinter Wolken die Sonne zu sehn, gibt trügliche Lichter; Ohne Wolken sie sehn, blendet und stumpft das Gesicht. Also schaue du sie hinieden im ruhigen Abglanz; Taten lehren uns mehr als ein bezaubernder Blick.
Wie oft hat der Ton eines Gesanges, der simple Gang einiger himmlischer Töne einen Menschen aus dem tiefsten Abgrund der Traurigkeit bis in den Himmel erhoben.
Ohne Begeisterung schlafen die besten Kräfte unseres Gemütes. Es ist ein Zunder in uns, der Funken will.
Wir sollen nicht in uns selbst, abgetrennt und selbstsüchtig leben, sonst sind wir falbe Herbstblätter, die in der Luft flattern, um bald am Boden ganz zu ersterben.
Sehen Sie gen Himmel, Gottes Sternenschrift, die Urkunde unserer Unsterblichkeit, die glänzende Charte unserer weitern Wallfahrt! Wo endet das Weltall? Und was sollte meinem Geist an dieses träge Staubkorn fesseln, sobald mein Leib, diese Hülle, herabsinkt?
Trägt das Schicksal dich, so trage du wieder das Schicksal; Folg‘ ihm willig und froh: willst du nicht folgen, du mußt.
Der Mensch ist ein Inbegriff der ganzen Welt, der sichtbaren und der unsichtbaren, selbst Gottes.
Dein Wesen sei dein Beruf, was keiner als du tun kannst und sollst, das tue, so tust du recht.
Edelleute mit Renten leben auf dem Lande, oder vielmehr in den Wäldern, wo sie denn auch so wild werden als die Tiere, die sie jagen.
Zum Besten der gesamten Menschheit kann niemand beitragen, der nicht aus sich selbst macht, was aus ihm werden kann und soll.
Je besser ein Staat ist, desto besser wird in ihm die Humanität gepflegt. Je inhumaner, desto unglücklicher und ärmer.
Jeder Abschied ist betäubend. Man denkt und empfindet weniger, als man glaubte…
Wer seine Saat aufisset im Keim, der nehm in der Ernte Statt der Ähren dann auch einzeln mit Stoppel vorlieb.
Alles hat seine Zeit: Winter und Sommer, Herbst und Frühling, Jugend und Alter, Wirken und Ruhe.
Wenn eine Geschichte der Welt uns mit großen Buchstaben sagt, dass Ungebundenheit sich selbst verderbe, dass eine grenzen- und fast gesetzlose Gewalt die furchtbarste Schwäche sei, […] so sagt’s die Persische Geschichte.