Zitate von Johann Jakob Mohr
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Wer scharf zusieht, wird bei den meisten Handlungen der Menschen einen andern Grund als den ostensiblen entdecken.

Um Gold zu gewinnen steigen wir in die Tiefen der Erde, um Perlen zu sammeln tauchen wir in die Abgründe des Meeres; aber geistige Schätze müssen dem Menschen aufgedrungen werden.

Es gibt eine Schlauheit, die ihre wahren Absichten zeigt, um andere dahinter vermuten zu lassen.

Feinde können dir mit all ihrer Bosheit und Niedertracht nicht schaden, du hast von ihnen, wenn du christliches Verzeihen übst, den größten Nutzen.

Aus Verachtung seines Publikums sollte kein Redner etwas Schiefes, Mattes, Falsches vorbringen; er sollte sich immer selbst sagen: auch Du bist unter deinen Zuhörern.

Das Herz des Menschen soll ein Heiligtum sein, das nur in heiligen Zeiten aufgeschlossen wird.

Wir mögen noch so tief schöpfen; wir können doch nicht mehr als den Eimer voll machen.

Das Herz spricht; draußen muß es einen Widerhall finden, dem es von neuem antwortet, so entsteht die rechte Harmonie.

„Er ist nicht weit her“ – ist das schlimmste Kompliment, das der Pöbel sich selbst, das größte, das er einem genialen Mann machen kann.

Das Kleine, das die Großen vernachlässigen, rächt sich an ihnen am empfindlichsten.

Der Schauspieler, der nicht die Schönheiten des Dichters aufdeckt, der verdeckt sie.

Wir sollen nicht meinen, ein Theil des Lebens könne mit dem Verlust des andern erkauft werden. Wir bedürfen alles: die Kindheit, die Jugend, das Alter; eines muß dem andern erst Werth und Trost geben.

Die Grenze des menschlichen Verstandes liegt gewöhnlich da, wo das Mein und Dein aufhört.

Tausend schöne, täuschende Genien umschweben unsere Jugend. Nach und nach entschwindet das Gedränge, und die Aussicht wird freier. Das nennen wir dann Erkenntnis.

Man beklagt sich in der Welt so häufig über Undank; wieviel Handlungen gibt es denn aber auch, die Dank verdienen?

Wie viel Stunden umschließt ein langes Leben! Aber wieviel gehören denn davon uns?

Um gar vieles müssen sich die Großen und Mächtigen kümmern, um zu verhindern, daß andere sich darum kümmern.

Mit Klugheit gut sein, ist die Aufgabe des rechten Staatsmannes; aber wo finden wir ihn?

Die Weisheit hat eine größere Ähnlichkeit mit manchen unserer Jugendtorheiten als mit der nachmaligen Klugheit.

Vier Dinge sind es, die eine Art von Verklärung verleihen: Die Liebe, die Kunst, der Ruhm und der Tod.

Soll man dem Volke die Wahrheit sagen? Gewiß! Eine andere Frage freilich ist, ob man sie ihm sagen kann.

Das ist für den Pöbel der höchste Triumph, wenn er ausrufen kann: Er ist geworden wie unsereiner!

Nicht die Liebe, wenn sie einmal entschlafen, aber immer wieder läßt sich der Haß erwecken.

Es ist erstaunlich, an wie dünnen Stricken sich das große, starke Tier, genannt Menschheit, führen läßt.