Zitate von Johann Jakob Mohr
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Wer Wind und Strom zu seinen Zwecken benutzt, muß darauf gefaßt sein, daß ihm auch einmal etwas begegnet, was nicht in seiner Absicht lag.

Auch die Pedanterie hat ihren Fanatismus; er ist sogar grausamer und rücksichtsloser als jeder andere.

Die Sternschnuppen, die eilig dahinfahren, sind es, die den Ausruf der Verwunderung erregen; nicht die Sterne, die ruhig stehen und glänzen.

Die Welt süß zu machen, dazu hat aller Zucker, den die Poeten daran gethan, noch nicht ausgereicht.

Ein geistvolles Aperçu ist das, was von der Beschränktheit am wenigsten begriffen wird.

Je älter wir werden, desto bekannter wird uns die Welt; aber wir besitzen nicht mehr die Kraft, sie an uns heranzuziehen, und so steht sie uns ferner als zuvor.

Wäre das Leben das, für was es gilt, wie könnte man sterben; wäre es der Tod, wie könnte man leben?

In der Kunst ist das Wie notwendig, das Was bedeutungsvoll, das Warum gleichgültig.

Die öffentliche Meinung ist ein Vexierspiegel, der die Dinge bald zu groß, bald zu klein zeigt, aber immer verzerrt.

Auf der Bühne darf der Schauspieler vergessen, daß er Zuschauer hat, in der Welt nicht.

Das Fundament aller Staatskünste besteht darin, die Menschen zu täuschen über das, was ihr eigener Vorteil ist.

Für den Wert, den die Menschen den Dingen beilegen, ist ihre Furcht vor dem Neide bezeichnend. Sie fürchten ihn am meisten bei Glücksgütern, weniger bei geistigen Eigenschaften, und gar nicht bei moralischen Vorzügen.

In der Wissenschaft betrachtet der Geist die Dinge, in der Kunst vermählt er sich mit ihnen.

Die Klugheit hat vor der Dummheit wenigstens das voraus, daß sie sich verbergen läßt!

Wenn wir die Bilanz unseres Lebens ziehen, dann müssen wir im Soll und Haben viel durchstreichen.

Der Charakter eines Menschen läßt sich weniger daraus erkennen, was er wünscht, als wie er es wünscht.

Der Jugend fliegt alles zu, die Liebe, das Glück; je älter wir werden, desto weniger gehen unsere Wünsche in Erfüllung; vielleicht darum, weil wir alsdann anfangen, das Vernünftige zu wollen.

Wer Schranken über sich durchbrechen will, tut wohl daran, die Schranken unter sich zu achten.

Mit allem kann die Bestialität ein Bündniß eingehen, mit Bildung, Kunst, Cultur, Religion, Liebe; und nur der ganz gerade schlichte Menschenverstand ist es vielleicht, der sich ihrer zu erwehren weiß.

Es ist schlimm, wenn das Schlechte siegt; es gibt nur ein Schlimmeres; das ist, wenn das Mittelmäßige siegt.

Dürfen wir Eigenliebe haben? Gewiß! Es kommt nur darauf an, wer es ist, den wir lieben.

Die Mode übt ihren Einfluß nicht bloß auf Hüte und Röcke, sondern auch auf das, was darunter ist.

Das Unglück hat etwas Vernunftähnliches: es wird auf uns aufmerksam, wenn wir auf es aufmerksam werden.

Alle künstlerische Darstellung hält euch einen Spiegel vor; was ihr darin sehet, dabei denkt und fühlt, ist eure Sache.

Das Urtheil des Menschen besteht meist in Comparativen, die aber kein Positiv haben.

Der Verstand ist nicht seltner der Feind des Gemüts, wie das Gemüt der Feind des Charakters.

Den letzten Grund der Dinge können wir wahrscheinlich deshalb nicht begreifen, weil er zu einfach ist.

Das Philosophieren ist eine Übersetzung der Sprache der Natur; auch die beste gibt uns noch keinen rechten Begriff vom Original.

Die Leidenschaft, wenn sie auf die Stimme der Vernunft horcht, ist schon keine Leidenschaft mehr.

Das Alter hat gegen die Jugend auch den Nachteil, dass es alles bar bezahlen muss und keinen Credit mehr erhält.

Der Ball fliegt geworfen von Hand zu Hand: ein Bild des Ruhms gar mancher Autoren.

Jede Schwärmerei ist eine seltsame Mischung von Verstand und Unsinn, Kraft und Schwäche.

Mit großen und schönen Vorstellungen sollen wir gerüstet sein; denn überall umgibt uns das Gemeine wie eine Atmosphäre, sofort bereit, in jede Lücke hineinzudringen.