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Gutes und Böses liegen immer miteinander im Kampfe; gewöhnlich siegt das Böse: aber zur Ausgleichung ist diesem die Furcht, jenem die Hoffnung beigegeben.
Johann Jakob MohrDer Verstand ist eine Sache, die gewöhnlich nicht größer wird, wenn hundert ihr Teil zusammenbringen.
Johann Jakob MohrDie Einsamkeit nimmt uns freundlich und willig auf, wenn wir als Gast und Flüchtling zu ihr kommen; wir dürfen aber nicht auf die Dauer bei ihr wohnen wollen.
Johann Jakob MohrDie Wahrheit, die uns eine edle Freundin wäre, ruft ihr an nur in der Noth, wie etwa den Arzt zu Hülfe, um ihr so bald als möglich wieder den Abschied zu geben.
Johann Jakob MohrGerade das muß man den Menschen wieder und immer wieder sagen, was sich ganz von selbst versteht.
Johann Jakob MohrMänner sind verschwiegen in Angelegenheiten des Verstandes, Weiber in denen des Herzens.
Johann Jakob MohrEs gibt einen doppelten Ernst, ein künstlerischen und einen moralischen, von denen keiner den anderen ersetzen kann. Unsere gewöhnlichen Poeten haben keinen von beiden.
Johann Jakob MohrEin späteres Geschlecht lacht immer das frühere aus, und weiß nicht, daß es im Grund sich selbst belacht.
Johann Jakob MohrAllerdings ist die Eigenliebe das Motiv vieler unserer Handlungen, aber es gibt auch eine Eigenliebe höherer, edlerer Art, und daß diese schweige, heißt verlangen, daß etwas anderes in uns wirke als wir selbst.
Johann Jakob MohrManche kommen, wie der heilige Joseph, in der Welt nur so ganz nebenbei zu der Ehre eines Heiligen.
Johann Jakob MohrDas Bornierte, systematisch und konsequent durchgeführt, kann in der Welt zu großer Bedeutung gelangen.
Johann Jakob MohrEin Dichterwerk gleicht einem Strome: hundert Quellen, die ihren Ursprung ganz entfernt haben, fließen in dasselbe.
Johann Jakob Mohr"Amor erga rem aeternam et infinitam sola laetitia pascit animam ipsaque omnis trititia est expers", sagt Spinoza. Aber das Ewige bedarf der Liebe nicht, nach der sich das Vergängliche sehnt.
Johann Jakob MohrMit Reden kommt man selten darüber ins Klare, was gemacht worden ist; viel weniger darüber, was gemacht werden soll.
Johann Jakob MohrOft hält das, was an uns seine Stütze finden muß, uns selbst aufrecht, wie der Epheu zerfallendes Gebäude.
Johann Jakob MohrWer etwas Gescheites sagen will, der muß vieles vergessen, was andere gesagt haben.
Johann Jakob MohrUnbewußtes Schaffen des Genies. - Ein Wort, für das sich der Unverstand bei dem Erfinder bedanken mag.
Johann Jakob MohrWäre nicht die Hoffnung in der Welt, wie ertrügen wir das Leben; wenn anders Verstand und Vernunft alsdann nicht ein größeres Recht behaupteten.
Johann Jakob MohrWürde man uns das zu durchlaufende Leben detailliert beschreiben, wir würden davor schaudern.
Johann Jakob MohrBei dem Gastmahl des Lebens kommt die süße Schüssel immer zuerst; hernach werden die Speisen immer saurer und versalzener.
Johann Jakob MohrDas Unglück der meisten Menschen rührt daher, daß sie nicht conjugiren können und immerfort Zeiten und Personen verwechseln.
Johann Jakob MohrOft müssen wir zu unserer Verwunderung erfahren, daß die Welt schon vor uns gescheit gewesen ist.
Johann Jakob MohrDie Poesie ist der wahre heilige Geist, der in Zungen redet und überall und immer verstanden wird.
Johann Jakob MohrKönnte man das Bild, das sich jeder von sich selbst macht, verwirklichen, wer würde da die Welt noch erkennen?
Johann Jakob Mohr