Johann Wolfgang von Goethe Zitate
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Der Fehler schwacher Geister ist, daß sie im Reflektieren sogleich vom Einzelnen ins Allgemeine gehen, anstatt daß man nur in der Gesamtheit das Allgemeine suchen kann.

Ein echter deutscher Mann mag keinen Franzen (Franzosen) leiden, Doch ihre Weine trinkt er gern.

Ihr macht schöne Verse ohne die Verskunst, ihr haltet passende Reden, ohne die Rhetorik studiert zu haben. Das geht wohl recht gut eine Zeitlang, aber zuletzt reicht es doch nicht aus.

Der Jüngling, wenn Natur und Kunst ihn anziehen, glaubt mit einem lebhaften Streben bald in das innerste Heiligtum zu dringen; der Mann bemerkt nach langem Umherwandeln, daß er sich noch immer in den Vorhöfen befinde.

Jeder Mensch schlägt die Vorteile der Geburt bloß deswegen so hoch an, weil sie etwas Unbestreitbares sind.

Mancher klopft mit dem Hammer an der Wand herum und glaubt, er treffe jedesmal den Nagel auf den Kopf.

Die Dilettanten, wenn sie das möglichste getan haben, pflegen zu ihrer Entschuldigung zu sagen, die Arbeit sei noch nicht fertig. Freilich kann sie nie fertig werden, weil sie nie recht angefangen ward.

Ein Soldat sieht immer vornehmer aus als ein Bauer, das macht, er ist mehr geplagt.

Der geistreiche Mensch knete seinen Wortstoff, ohne sich zu bekümmern, aus was für Elementen er bestehe; der geistlose hat gut rein sprechen, da er nichts zu sagen hat.

Unter allen Besitzungen auf Erden ist die, ein Herz zu haben, die kostbarste.

Wie im Auge mit fliegenden Mücken, So ists mit Sorgen ganz genau, Wenn wir in die schöne Welt hinein blicken, Da schwebt ein Spinnweben-Grau.

Mensch mit zugeknöpften Taschen, Dir tut keiner was zulieb. Hand wird nur von Hand gewaschen, wenn Du nehmen willst, dann gib!

Wissen möchtet ihr gern die geheime Struktur des Gebäudes, Und ihr wählt den Moment, wenn es in Flammen gerät.

Wo so ein Köpfchen keinen Ausgang sieht, Stellt er sich gleich das Ende vor.

In jedes gute Herz ist das edle Gefühl von der Natur gelegt, daß es für sich allein nicht glücklich sein kann, daß es sein Glück in dem Wohl der andern suchen muß.

So eine Arbeit wird eigentlich nie fertig, man muß sie für fertig erklären, wenn man nach Zeit und Umständen das Mögliche getan hat.

Jeder Mensch findet sich von den frühesten Momenten seines Lebens an, erst unbewußt, dann halb, endlich ganz bewußt, immerfort bedingt, begrenzt in seiner Stellung.

Seid nicht frech, Epigramme! Warum nicht? Wir sind nur Überschriften: die Welt hat die Kapitel des Buchs.

Der Wein erfreut des Menschen Herz, und die Freudigkeit ist die Mutter aller Tugenden. Wenn Ihr Wein getrunken habt, seid Ihr alles doppelt, was Ihr sein sollt, noch einmal so leicht denkend, noch einmal so unternehmend, noch einmal so schnell ausführend.

Wenn man in der Jugend nicht tolle Streiche machte und mitunter einen Buckel voll Schläge mit hinwegnähme, was wollte man denn im Alter für Betrachtungsstoff haben?

Doch Forschung strebt und ringt, ermüdend nie, Nach dem Gesetz, dem Grund, Warum und Wie.

Die Form dieses Spiels beschränkt den Zufall, ja das Wollen selbst. Ich muss, bei gegebenen Mit- und Gegenspielern, mit den Karten, die mir in die Hand kommen, eine lange Reihe von Zufällen lenken, ohne ihnen ausweichen zu können.

Begriff ist Summe, Idee Resultat der Erfahrung; jene zu ziehen, wird Verstand, dieses zu erfassen, Vernunft erfordert.

Kinder halten nicht, was sie versprechen; junge Leute sehr selten, und wenn sie Wort halten, hält es ihnen die Welt nicht.

Er liest uns jetzt über die Farben, sagt, daß sie in unsern Augen liegen, drum verlange das Auge die Harmonien der Farben, wie das Ohr der Töne.

Guten Menschen, fürwahr, spricht oft ein himmlischer Geist zu, daß sie fühlen die Not, die dem armen Bruder bevorsteht.

Was hilft all das Kreuzigen und Segnen der Liebe, wenn sie nicht tätig wird. Führe mich auf alles, was dir gefallen kann, ich bitte dich, denn ich fühl’s nicht immer.

Allen andern Künsten muß man etwas vorgeben, der griechischen allein bleibt man ewig Schuldner.

Sie streiten sich, so heißt’s um Freiheitsrechte! Genau besehn sind’s Knechte gegen Knechte.

Tüchtiger thätiger Mann, verdiene dir und erwarte von den Großen – Gnade, von den Mächtigen – Gunst, von den Thätigen und Guten – Förderung, von der Menge – Neigung, von dem Einzelnen – Liebe!

Das Größte will man nicht erreichen, Man beneidet nur seinesgleichen; Der schlimmste Neidhart ist in der Welt, Der jeden für seinesgleichen hält.

Die Männer wissen gar viel, wenn sie etwas finden können, was uns, wenigstens dem Scheine nach, herabsetzt.

Niemand würde viel in Gesellschaften sprechen, wenn er sich bewußt wäre, wie oft er die andern mißversteht.

Das gefährlichste aller Bücher in weltgeschichtlicher Hinsicht, wenn durchaus einmal von Gefährlichkeit die Rede sein sollte, ist doch wohl unstreitig die Bibel, weil wohl kein anderes Buch so viel Gutes und Böses im Menschengeschlecht zur Entwicklung gebracht hat.

Dass alles, was uns von Jugend auf umgab, jedoch nur oberflächlich bekannt war und blieb, stets etwas Gemeines und Triviales für uns behält, das wir als gleichgültig neben uns bestehend ansehen, worüber zu denken wir gewissermaßen unfähig werden.

Wie müßten wir verzweifeln, das Äußere so kalt, so leblos zu erblicken, wenn nicht in unserm Innern sich etwas entwickelte, das auf eine ganz andere Weise die Natur verherrlicht, indem es uns selbst in ihr zu verschönen eine schöpferische Kraft erweist.

Nicht das macht frei, daß wir nichts über uns anerkennen wollen, sondern eben, daß wir etwas verehren, das über uns ist.

Einem Roman, der eigentlich romantisch geschrieben und auf Überraschung berechnet wäre, würde man einen schlechten Dienst erzeigen, wenn man seine Fabel auszöge.