Zitate von Johann Wolfgang von Goethe
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Die Zahlen sind, wie unsere armen Worte, nur Versuche, die Erscheinungen zu fassen und auszudrücken, ewig unzureichende Annäherungen.

Wir Weiber bestehen überhaupt viel ernsthafter als selbst ein Mann darauf, dass nichts verschleudert werde.

Wie in Stein ausgehauen und angestrichen kommt sie mir vor, die wirkliche Welt, gegen die Idee oder das Ideal, das sich Phantasie und Einbildungskraft von ihr macht.

Es gibt Bücher, durch welche man alles erfährt und doch zuletzt von der Sache nichts begreift.

Man wird dreihundert Jahre alt und drüber, wenn man nur alle Tage seine Sachen redlich macht.

Gut, wenn ich wählen soll, so will ich Rheinwein haben. Das Vaterland verleiht die allerbesten Gaben.

Wer sich mit reiner Erfahrung begnügt und darnach handelt, der hat Wahres genug. Das heranwachsende Kind ist weise in diesem Sinne.

Wer sich nähert, den stoßt nicht zurück und wer sich entfernt, den haltet nicht fest, und wer wiederkommt, den nehmt auf als wenn er nicht weg gewesen wäre.

Aber freilich, wenn wir Deutschen nicht aus dem engen Kreise unserer eigenen Umgebung hinausblicken, so kommen wir gar zu leicht in diesen pedantischen Dünkel. Ich sehe mich daher gern bei fremden Nationen um und rate jedem, es auch seinerseits zu tun.

Am jüngsten Tag, wenn die Posaunen schallen Und alles aus ist mit dem Erdeleben, Sind wir verpflichtet, Rechenschaft zu geben Von jedem Wort, das unnütz uns entfallen.

Ich könnte jetzt nicht zeichnen und bin nie ein größerer Maler gewesen als in diesen Augenblicken

Was ich einmal für recht erkenne, möcht‘ ich auch gleich getan seh’n. Das Leben ist so kurz, und das Gute wirkt so langsam.

Man würde viel Almosen geben, wenn man Augen hätte zu sehen, was eine empfangende Hand für ein schönes Bild macht.

Es ist nichts natürlicher, als daß ein König durch sich zu herrschen gedenkt, und denen seine Befehle am liebsten aufträgt, die ihn am besten verstehen, verstehen wollen, die seinen Willen unbedingt ausrichten.

Niemals dringt die Unterhaltung in einen tieferen Zusammenhang, wenn man Merkmale ungleicher Gesinnung vermeiden will.

Ich habe Freunde gesehen, Geschwister, Liebende, Gatten, deren Verhältnis durch den zufälligen oder gewählten Hinzutritt einer neuen Person ganz und gar verändert, deren Lage völlig umgekehrt wurde.

Das Glück ist eigensinnig, oft das Gemeine, das Nichtswürdige zu adeln und wohlüberlegte Taten mit einem gemeinen Ausgang zu entehren.

Wenn sie mich an sich lockte, war Rede nicht im Brauch, und wie die Zunge stockte, so stockt die Feder auch.

Das wahre Glück ist die Genügsamkeit, und die Genügsamkeit hat überall genug.

Aus vielen Skizzen endlich ein Ganzes hervorzubringen, gelingt selbst den Besten nicht immer.

Man wird nicht müde, Biographien zu lesen so wenig als Reisebeschreibungen: denn man lebt mit Lebendigen. Die Geschichte, selbst die beste, hat immer etwas Leichenhaftes, den Geruch der Totengruft.

Das Lied der Nibelungen kann sich, nach meiner Einsicht, dem Stoff und Gehalte nach, neben alles hinstellen, was wir poetisch Vorzügliches besitzen.

Der Mensch löst sich freilich gar zu geschwind von denen los, denen er noch manchen Rat und Beistand verdanken könnte, doch diese Unart dient zu seinem Glück, wenn er sich dereinst selbst helfen muß.

Aber der Mensch ist nicht bloß ein denkendes, er ist zugleich ein empfindendes Wesen. Er ist ein Ganzes, eine Einheit vielfacher, innig verbundener Kräfte; und zu diesem Ganzen des Menschen muß das Kunstwerk reden, es muß dieser reichen Einheit, dieser einigen Mannigfaltigkeit in ihm entsprechen.

Was ich in meinem Leben durch falsche Tendenzen versucht habe zu tun, hab ich denn doch zuletzt gelernt begreifen.

Demut und Bedächtigkeit sind die notwendigsten Eigenschaften unserer Schritte.

Das Schwierige leicht behandelt zu sehen, gibt uns das Anschauen des Unmöglichen.

Überhaupt, da man in jungen Jahren einen gewissen selbstgefälligen Dünkel nicht leicht ablegt, so äußert sich dieser besonders darin, dass man sich im kurz Vorhergegangenen verachtet.

Gewiß, wir machen viel zu viel vorarbeitenden Aufwand aufs Leben. Anstatt, daß wir gleich anfingen, uns in einem mäßigen Zustande behaglich zu finden, so gehen wir immer mehr ins breite, um es uns immer unbequemer zu machen.

Wer das Falsche verteidigen will, hat alle Ursache, leise aufzutreten und sich zu einer feinen Lebensart zu bekennen. Wer das Recht auf seiner Seite fühlt, muß derb auftreten: Ein höfliches Recht will gar nichts heißen.