Zitate von Angelus Silesius
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Dass du nicht Menschen liebst, das tust du recht und wohl; Die Menschheit ist’s, die man im Menschen lieben soll.

Träufelt ihr Himmel, gebt uns im Regen den Herrn der Gerechtigkeit, unsere Zier. Öffne dich Erde mit neuem Bewegen, bring uns den Heiland der Menschen herfür.

Berührt dich Gottes Geist in seiner Wesenheit, So wird in dir geborn das Kind der Ewigkeit.

Der Weise fehlet nie; er trifft allzeit das Ziel: Er hat ein Augenmaß, das heißet: Wie Gott will.

Ein Herze, welches sich vergnügt mit Ort und Zeit, Erkennet wahrlich nicht sein Unermeßlichkeit.

Ich selbst muß Sonne sein, ich muß mit meinen Strahlen das farbenlose Meer der ganzen Gottheit malen.

Gott, Teufel, Welt und alles will in mein Herz hinein: Es muß ja wunderschön und großen Adels sein!

Mensch, in das, was du liebst, wirst du verwandelt werden, Gott wirst du, liebst du Gott, und Erde, liebst du Erden.

In dir muss Reichtum sein. Was du nicht in dir hast, wär’s auch die ganze Welt, ist dir nur eine Last.

Ein Auge, das sich nie der Lust des Sehns entbricht: Wird endlich gar verblendt und sieht sich selbsten nicht.

Die Lieb‘ ist’s schnellste Ding: Sie kann für sich allein In einem Augenblick im höchsten Himmel sein.

In jedem ruht ein Bild dess‘, was er werden soll, solang er das nicht ist, ist nicht sein Friede voll.

Willst du den neuen Menschen und seinen Namen kennen, So frage Gott zuvor, wie er pflegt sich zu nennen.

Wer seine Sinnen hat ins Innere gebracht, Der hört, was man nicht redt, und siehet in der Nacht.

Fürwahr, die Tugend lebt, ich sag’s ohn‘ Deutelei. Lieb, und so siehest du, daß Lieb‘ ihr Leben sei.

Dass der gerechte Mensch wächst wie ein Palmenbaum, verwunder ich mich nicht: Nur dass er findet Raum.

So du kannst ein Kind von ganzen Herzen werden, so ist das Himmelreich schon deines hier auf Erden.