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Tacitus hat als wahrer Philosoph gesprochen, als er sagte, es wäre besser, an Gott zu glauben, als über ihn zu diskutieren.
Antoine de RivarolDie Vernunft schreibt die Geschichte, aber die Leidenschaften machen sie.
Antoine de RivarolEs gibt zwei Wahrheiten, die sich in dieser Welt niemals trennen lassen: Die erste Wahrheit ist, daß die Souveränität beim Volke liegt, und die zweite Wahrheit ist, daß das Volk die Souveränität niemals ausübt.
Antoine de RivarolDes Menschen Welt ist so mannigfach als er mannigfach ist.
Antoine de RivarolManche Leute haben von ihrem Reichtum nur die Furcht, ihn zu verlieren.
Antoine de RivarolVöllige Sicherheit, stets geheiligtes Eigentum eines jeden über seine Person und sein Vermögen, darin besteht die wahre soziale Freundschaft.
Antoine de RivarolEr [Buffons Sohn] ist das traurigste Kapitel der Naturgeschichte seines Vaters.
Antoine de RivarolDie Vernunft erzählt Geschichten, aber die Leidenschaft drängt zur Tat.
Antoine de RivarolDie herrliche Fähigkeit des Geistes zur Bildung von Sammelbegriffen ist die Wurzel fast aller seiner Irrtümer gewesen.
Antoine de RivarolDie Visionen haben einen glücklichen Instinkt und kommen nur denen, die an sie glauben müssen.
Antoine de RivarolTrägheit ist bei manchen Geistern nichts als Überdruß am Leben, bei andern Verachtung des Lebens.
Antoine de RivarolEs bleibt festzustellen: Das Volk bedarf anschaulicher und nicht begrifflicher Wahrheiten.
Antoine de RivarolMan kann Reichtum ohne Glück haben, wie man Frauen ohne Liebe haben kann.
Antoine de RivarolDer wahre Philosoph schwingt sich allein durch die Kraft seiner Vernunft auf den Standpunkt, zu dem der Durchschnittsmensch nur dank der Wohltat der Zeit gelangt.
Antoine de RivarolMethoden sind Gewohnheiten des Geistes und Sparmaßnahmen des Gedächtnisses.
Antoine de RivarolDie Gesetze der Natur sind wunderbar, aber ihr Räderwerk zermalmt viele Insekten wie die Regierungen viele Menschen.
Antoine de RivarolDas Wort prekär meint heute eine Sache oder einen Zustand, die schlecht gesichert sind, und es beweist, wie wenig man durch das Gebet (prière) erlangt, denn daher stammt das Wort.
Antoine de RivarolDie zivilisiertesten Völker sind nicht weiter von der Barbarei entfernt als das glänzendste Eisen vom Rost. Die Völker und die Metalle sind nur an der Oberfläche poliert.
Antoine de RivarolWas den Menschen gemeinsam ist, sei das Wesentliche, was sie voneinander unterscheidet, sei geringfügig.
Antoine de RivarolZu plötzliche Erscheinungen in der Literatur werden nicht geschätzt; selbst der strahlendste Ruhm braucht sein Morgengrauen.
Antoine de RivarolVerachtung muß das geheimste unserer Gefühle bleiben.
Antoine de RivarolDas Gedächtnis folgt immer den Befehlen des Herzens.
Antoine de RivarolWer Wunder fordert, vergißt, daß er der Natur die Unterbrechung der ihren zumutet.
Antoine de RivarolEin wenig Mutterwitz würde viel Geist aufheben.
Antoine de RivarolDieselben Gaben, die den Menschen befähigen, ein Vermögen zu erwerben, hindern ihn, es zu genießen.
Antoine de RivarolDie meisten unserer Gottlosen sind nur rebellische Frömmler.
Antoine de RivarolMan braucht den Appetit des Armen, um das Vermögen des Reichen zu genießen, den Geist eines Privaten, um wie ein König zu leben.
Antoine de RivarolManche Leute haben nichts weiter von ihrem Vermögen, als die Furcht es zu verlieren.
Antoine de RivarolDie Liebe ist ein Raub der Natur an der Gesellschaft.
Antoine de RivarolGünstig für Revolutionen ist die Verquickung einer Masse Dummheit mit einer kleinen Menge Licht.
Antoine de RivarolDer Ungläubige täuscht sich über das jenseitige, der Gläubige über das diesseitige Leben.
Antoine de RivarolAus Vertraulichkeit entsteht die zarteste Freundschaft und der größte Haß.
Antoine de RivarolDie Herrscher dürfen niemals vergessen, daß die Regierung immer nur Vater ist und sein muß, und das Volk das Kind ist.
Antoine de RivarolDie Adligen von heute sind nur die Gespenster ihrer Vorfahren.
Antoine de RivarolEin jeder Denker, der über Verfassungsfragen grübelt, geht schwanger mit einem Jakobiner: das ist eine Wahrheit, die Europa niemals vergessen darf.
Antoine de RivarolDer Mensch verbringt sein Leben auf Erden mit reden über die Vergangenheit, sich beklagen über die Gegenwart und bangen vor der Zukunft.
Antoine de RivarolDie Religion wäre für das Volk nicht so unentbehrlich, wenn die Reichen nicht so wenig Moral hätten.
Antoine de RivarolDie Erinnerung steht immer dem Herzen zu Diensten.
Antoine de RivarolGold ist der Souverän der Souveräne
Antoine de RivarolMan verdirbt das unschuldige Kind mit freien Reden, und eine zarte Liebe verführt die galante Frau: beides durch den Reiz des Ungewohnten.
Antoine de RivarolNeben den Böswilligen, die uns leichtfertig das Üble nachsagen, das sie vermuten, gibt es diskrete Freunde, die sorgfältig das Gute verschweigen, dessen sie sicher sind.
Antoine de RivarolWörter sind wie Münzen: Sie haben einen Eigenwert, ehe sie alle möglichen Werte bezeichnen.
Antoine de RivarolDer Krieg ist das Gericht der Könige; die Siege sind seine Urteile.
Antoine de RivarolDer Mensch befindet sich niemals im Genuß uneingeschränkter Freiheit, sondern er besitzt nur eine zweite Ordnung; zum Beispiel steht es ihm frei, das oder das zu essen, nicht aber, überhaupt nicht zu essen.
Antoine de RivarolDer schönste Kunstgriff des menschlichen Geistes, die Erfindung von Begriffen, ist die Quelle fast all seiner Irrtümer.
Antoine de RivarolDie, welche Wunder begehren, sind sich nicht bewußt, daß sie damit von der Natur die Unterbrechung ihrer Wunder verlangen.
Antoine de RivarolDie Erinnerung begnügt sich mit Teppichen, aber die Phantasie umgibt sich mit Gobelinbehängen.
Antoine de RivarolDie Sprache ist äußeres Denken, das Denken ist innere Sprache.
Antoine de RivarolDie Identität des Zwecks beweist den Verstand der Menschen; die Verschiedenheit der Mittel ist das Maß der Geister, und Widersinnigkeit der Zwecke ist ein Zeichen von Wahnsinn.
Antoine de RivarolDie Moral errichtet ein höheres und fürchterlicheres Tribunal als das der Gesetze. Sie will nicht nur, daß wir das Böse vermeiden, sondern das wir das Gute tun, nicht nur, daß wir tugendhaft erscheinen, sondern daß wir es seien.
Antoine de Rivarol