Zitate von Arthur Schopenhauer
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Der Neid der Menschen zeigt an, wie unglücklich sie selbst fühlen; ihre beständige Aufmerksamkeit auf fremdes Tun und Lassen, wie sie sich langweilen.
Letztlich kommt es darauf an, wessen Gegenwart man leichter erträgt, die der anderen oder die eigene.
Der Wahrheit ist allezeit nur ein kurzes Siegesfest beschieden zwischen den beiden langen Zeiträumen, wo sie als paradox verdammt und als trivial gering geschätzt wird.
Die Dogmen wechseln, und unser Wissen ist trüglich; aber die Natur irrt nicht: Ihr Gang ist sicher, und sie verbirgt ihn nicht. Jedes ist ganz in ihr, und sie ist ganz in jedem.
Wenn ich nichts habe, was mich ängstigt, so beängstigt mich eben dies, indem es mir ist, als müßte doch etwas da sein, das mir nur eben verborgen bliebe. Misera conditio nostra.
Um durch die Welt zu kommen, ist es zweckmäßig, einen großen Vorrat von Vorsicht und Nachsicht mitzunehmen: Durch erstere wird man vor Schaden und Verlust, durch letztere vor Streit und Händeln geschützt.
Zwischen dem Genie und dem Wahnsinnigen ist die Ähnlichkeit, daß sie in einer andern Welt leben als der für alle vorhandenen.
Ob man sich ein Idol macht aus Holz, Stein, Metall, oder es zusammensetzt aus abstrakten Begriffen, ist einerlei: es bleibt Idololatrie, sobald man ein persönliches Wesen vor sich hat, dem man opfert, das man anruft, dem man dankt.
Die erbärmliche Angst der Universitätsphilosophie vor meinen Schriften ist Angst vor der Wahrheit.
Die Motive bestimmen nicht den Charakter des Menschen, sondern nur die Erscheinung dieses Charakters, also die Taten.
[…] die bekannte Erfahrung, daß, während für intellektuelle Leistungen […] der Urheber sehr gern einen Lohn annimmt, wenn er ihn nur erhalten kann, fast Jeder, der etwas moralisch Ausgezeichnetes geleistet hat, allen Lohn dafür abweist.
Je mehr der Mensch des ganzen Ernstes fähig ist, desto herzlicher kann er lachen.
Der Arzt sieht den Menschen in seiner ganzen Schwäche, der Advokat in seiner ganzen Schlechtigkeit, und der Priester in seiner ganzen Dummheit.
Das macht die gewöhnlichen Leute so gesellig und akkomodant: Es fällt ihnen nämlich leichter, andere zu ertragen als sich selber.
In unserem monogamischen Weltteile heißt heiraten seine Rechte halbieren und seine Pflichten verdoppeln.
Denn man kann nicht alles an einem Tage sagen, und soll auch nicht mehr antworten, als man gefragt ist.
Bei manchem ist es am klügsten zu denken: Ändern werde ich ihn nicht; also will ich ihn benutzen.
Es bleibt dennoch jederzeit den echten Werken eine ganz eigentümliche, still langsame, mächtige Wirkung, und wie durch ein Wunder sieht man sie endlich aus dem Getümmel sich erheben.
Größtenteil entsteht das Übelwollen aus den unvermeidlichen und bei jedem Schritt eintretenden Kollisionen des Egoismus.
Der Muskel wird durch starken Gebrauch gestärkt; der Nerv hingegen dadurch geschwächt. Also übe man seine Muskeln durch jede angemessene Anstrengung, hüte hingegen die Nerven vor jeder.
Ein Hauptstudium der Jugend sollte sein, die Einsamkeit ertragen zu lernen, weil sie eine Quelle des Glückes und der Gemütsruhe ist.
In einer so beschaffenen Welt gleicht der, welcher viel an sich selber hat, der hellen, warmen, lustigen Weihnachtsstube, mitten im Schnee und Eise der Dezembernacht.
Der Mensch ist im Grunde ein wildes, entsetzliches Tier. Wir kennen es bloß im Zustande der Bändigung und Zähmung, welcher Zivilisation heißt.
Um also nicht der Ruhe unseres Lebens durch ungewisse, oder unbestimmte Übel verlustig zu werden, müssen wir uns gewöhnen, jene anzusehen, als kämen sie nie; diese, als kämen sie gewiss nicht sobald.
Das Christentum hat einen Standpunkt eingenommen, von dem aus es eine Spanne Zeit überblickt, der Buddhismus einen, von dem aus die Unendlichkeit in Zeit und Raum sich ihm darstellt und sein Thema wird.
Beim Anblick dessen, was wir nicht besitzen, steigt gar leicht in uns der Gedanke auf: „Wie, wenn das mein wäre?“ – und er macht uns die Entbehrung fühlbar. Stattdessen sollten wir öfter fragen: „Wie, wenn das nicht mein wäre?“
Eine falsche Ansicht zu widerrufen erfordert mehr Charakter, als sie zu verteidigen.
Da unser größtes Vergnügen darin besteht, bewundert zu werden, die Bewunderer aber, selbst wo alle Ursache wäre, sich ungern herbeilassen, so ist der Glücklichste der, welcher gleichviel wie, es dahin gebracht hat, sich selbst aufrichtig zu bewundern. Nur müssen die anderen ihn nicht irre machen.
Jeder unmäßige Jubel beruht immer auf dem Wahn, etwas im Leben gefunden zu haben, was gar nicht darin anzutreffen ist, nämlich dauernde Befriedigung der quälenden, sich stets neu gebärenden Wünsche, oder Sorgen.
Kein größerer Irrtum als zu glauben, dass das zuletzt gesprochene Wort stets das richtigere jedes später Geschriebene eine Verbesserung des früher Geschriebenen und jede Veränderung ein Fortschritt sei.
Daß die Wünsche der Menschen hauptsächlich auf Geld gerichtet sind, wird ihnen oft zum Vorwurf gemacht, jedoch ist es wohl natürlich.
Leute vom Fach, d.h. Leute, welche eine Wissenschaft nicht ihrer selbst, sondern des Lohnes wegen betreiben.
Auch entstehen gewöhnlich erst im Alter die reifsten Werke. Denn bis zum fünfunddreißigsten Jahre müssen zwar Ideen, die Grundgedanken gesammelt und eingetragen sein; aber die Verarbeitung und Beherrschung dieses Stoffes ist doch erst das Werk des späten Alters.
Philosophen lernt man nur aus ihren eigenen Werken kennen, nicht aus dem verzerrten Bilde ihrer Lehren, welches sich in einem Alltagskopfe darstellt.
Der innerste Kern jeder echten und wirklichen Erkenntnis ist eine Anschauung; auch ist jede neue Wahrheit die Ausbeute aus einer solchen.