Zitate von Arthur Schopenhauer
page 12
Je mehr nun aber einem die Furcht in Ruhe läßt, desto mehr beunruhigen ihn die Wünsche, die Begierden und Ansprüche.
Jede menschliche Vollkommenheit ist einem Fehler verwandt, in welchen überzugehen sie droht; jedoch auch umgekehrt, jeder Fehler, einer Vollkommenheit.
Daher nun ist die erste, ja schon für sich allein beinahe ausreichende Regel des guten Stils diese, daß man etwas zu sagen habe: O, damit kommt man weit!
– englischer Jargon, dieses aus Lappen heterogener Stoffe zusammengeflickte Gedankenkleid –
Das eigentlich Beglückende kann nicht im Ruhme liegen, sondern in dem, wodurch man ihn erlangt, also im Verdienst selbst oder, genauer zu reden, in der Gesinnung und den Fähigkeiten, aus denen er hervorging, es mag nun moralischer oder intellektueller Art sein.
Der Tod ist ein Schlaf, in welchem die Individualität vergessen wird: alles andere erwacht wieder, oder vielmehr ist wach geblieben.
Wenn man Ihre Arbeit vermehrt, können Sie dreist verlangen, daß man auch Ihren Gehalt vermehre. Nur nicht blöde!
Es ist durchaus töricht, eine gute gegenwärtige Stunde von sich zu stoßen, oder sie sich mutwillig zu verderben, aus Verdruss über das Vergangene, oder Besorgnis wegen des Kommenden.
Die Wichtigkeit der Gegenwart wird selten sofort erkannt, sondern erst viel später.
So ist denn der Richterstuhl der Nachwelt, wie im günstigen so auch im ungünstigen Falle, der gerechte Kassationshof der Urteile der Mitwelt.
Wahre Freundschaft gehört zu den Dingen, von denen man, wie von den kolossalen Seeschlangen, nicht weiß, ob sie fabelhaft sind oder irgendwo existieren.
Ruhm und Ehre sind Zwillingsgeschwister; jedoch so, wie die Dioskuren, von denen Pollux unsterblich und Kastor sterblich war.
Daher ist uns jede Entbehrung für den Augenblick ziemlich leicht, aber jede Entsagung entsetzlich schwer: Denn jene trifft nur die vorübereilende Gegenwart, diese aber die Zukunft und schließt daher unzählige Entbehrungen in sich, deren Äquivalent sie ist.
Wie durch den Eintritt der Nacht die Welt verschwindet, dabei jedoch keinen Augenblick zu sein aufhört; ebenso scheinbar vergeht Mensch und Tier durch den Tod, und eben so ungestört besteht dabei ihr wahres Wesen fort.
Es wäre gut, Bücher zu kaufen, wenn man die Zeit, sie zu lesen, mitkaufen könnte, aber man verwechselt meistens den Ankauf der Bücher mit mit dem Aneignen ihres Inhalts.
Die Hausfreunde heißen meistens mit Recht so, indem sie mehr die Freunde des Hauses als des Herrn, also den Katzen ähnlicher als den Hunden sind.
Überlegenheit im Umgang erwächst allein daraus, dass man den anderen in keiner Art und Weise bedarf, und dies sehen lässt.
Demzufolge sind schon an und für sich die Menschen zum Loben und Rühmen gar nicht geneigt und aufgelegt, wohl aber zum Tadeln und Lästern, als durch welches sie indirekt sich selbst loben.
Denn bei mir findet, in England, der rothe Rock mehr Glauben, als der schwarze, und Alles, was daselbst zu Gunsten der Kirche, dieser so reichen und bequemen Versorgungsanstalt der mittellosen jüngern Söhne der gesammten Aristokratie gesagt wird ist mir eo ipso verdächtig.
Der gute Wille ist in der Moral alles; aber in der Kunst ist er nichts: da gilt, wie schon das Wort andeutet, allein das Können.
Unmäßige Freude und sehr heftiger Schmerz finden sich immer nur in der selben Person ein: denn beide bedingen sich wechselseitig und sind auch gemeinschaftlich durch große Lebhaftigkeit des Geistes bedingt.
Nichts ist leichter, als so zu schreiben, dass kein Mensch es versteht; wie hingegen nichts schwerer, als bedeutende Gedanken so auszudrücken, dass jeder sie verstehen muss.
Nur wer sich ganz dem Augenblick hinzugeben versteht, mag etwas hervorbringen, das keine Zeit zerstört.
Alle Formen nimmt die Geistlosigkeit an, um sich dahinter zu verstecken: sie verhüllt sich in Schwulst, in Bombast, in den Ton der Überlegenheit und Vornehmigkeit und in hundert anderen Formen.
Durch viele Zitate vermehrt man seinen Anspruch auf Gelehrsamkeit, vermindert aber den auf Originalität, und was ist Gelehrsamkeit gegen Originalität! Man soll sie also nur gebrauchen, wo man fremder Autorität wirklich bedarf.
Der allgemeine Überblick zeigt uns, als die beiden Feinde des menschlichen Glückes, den Schmerz und die Langeweile.
Wer klug ist, wird im Gespräch weniger an das denken, worüber er spricht, als an den, mit dem er spricht. Sobald er dies tut, ist er sicher, nichts zu sagen, das er nachher bereut.
Man muß nach reiflicher Überlegung und scharfem Nachdenken, seinem eigenen Charakter gemäß handeln.
Traurig, in einer so tief gesunkenen Zeit zu leben, daß eine sich von selbst verstehende Wahrheit noch erst durch die Autorität eines großen Mannes beglaubigt werden muß.
Glauben und Wissen vertragen sich nicht wohl im selben Kopfe: sie sind darin wie Wolf und Schaf in einem Käfig; und zwar ist das Wissen der Wolf, der den Nachbarn aufzufressen droht.
Ein geistreicher Mensch hat, in gänzlicher Einsamkeit, an seinen eigenen Gedanken und Phantasien vortreffliche Unterhaltung, während von einem Stumpfen die fortwährende Abwechslung von Gesellschaften, Schauspielen, Ausfahrten und Lustbarkeiten die marternde Langeweile nicht abzuwenden vermag.
Wenn man alle erbärmlichen Wichte hassen wollte, da hätte man viel zu tun: verachten kann man sie mit größter Bequemlichkeit samt und sonders.
Zudem ist alles Behaartsein tierisch, die Rasur ist das Abzeichen der höheren Zivilisation.
Vermöge seiner Bildung sagt der Mensch nicht, was er denkt, sondern was andre gedacht haben und er gelernt hat; und er tut nicht sogleich was er möchte, sondern was man ihn zu tun gewöhnt hat.
Die Freunde nennen sich aufrichtig; die Feinde sind es: daher man ihren Tadel zur Selbsterkenntnis benutzen sollte, als eine bittere Arznei.
Der Reichtum gleicht dem Seewasser: je mehr man davon trinkt, desto durstiger wird man. – Dasselbe gilt vom Ruhm.
Erst im späten Alter erlangt der Mensch ganz eigentlich das horazische nil admirari, d.h. die unmittelbare, aufrichtige und feste Überzeugung von der Eitelkeit aller Dinge und der Hohlheit aller Herrlichkeiten der Welt: die Chimären sind verschwunden.
Man möchte wirklich sagen: Die Menschen sind der Teufel auf der Erde und die Tiere die geplagten Seelen.
Durch nichts entziehen wir uns so sehr dem Zwange von außen wie durch Selbstzwang.
Das uneingeschränkte, exakte Befolgen aller Normen und Vorschriften der Staatsgewalt macht den Menschen zu einer Marionette, die – überdrüssig – irgendwann ihre Fäden abschneidet und sich entweder Schlaftabletten oder eine Schrotflinte kauft… Amok.