Zitate von Berthold Auerbach
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Der Ordnungstrieb ist ein Grundzug des Menschengeistes, der in der Wissenschaft als logische Folge und System, in der Kunst als Proportion und Harmonie erscheint.
In der Rosenknospe ist alles vorbereitet, aber Duft und Farbe entstehen erst im Licht.
Je mehr die Kinder heranwachsen, um so mehr hören die Eltern auf, für sich selber ein Leben zu haben und auch zu wollen; das Schicksal der Kinder wird immer mehr das der Eltern.
Ein jeder Menschengeist, so dumpf er auch scheinen mag – und so sonnenlos auch sein Standort ist, hat doch seine kürzer oder länger andauernde Blütezeit.
Wenn du es genau überlegst, hat dir niemand in der Welt mehr Leid zugefügt, als du dir selber; schon darum, weil du anderen, die es taten, die Macht gegeben.
Die Entschlüsse sind wohltuender als die Ausführung, weil wir bei Entschlüssen und Plänen uns im Wohlgefühl unserer scheinbar unendlichen Kraft befinden; bei der Tat aber werden wir sehr unserer Endlichkeit und unseres Mangels inne.
Bin jung gewesen und alt geworden und habe nicht gesehen, daß ein unwahrer Mensch, oder gar ein solcher, der sich nicht vor der positiven Lüge scheut, das erstrebte gute Ende genommen.
Nicht die Sittlichkeit regiert die Welt, sondern eine verhärtete Form derselben: die Sitte.
Aus Fügsamkeit gegen die Welt und aus dem Bestreben, nicht unfreundlich und undankbar zu sein, läßt man sich oft sein eigen Selbst entwenden.
Wer nicht zufrieden ist mit dem, was er hat, der wäre auch nicht zufrieden mit dem, was er haben möchte.
Eine fremde Sprache lernen und gut sprechen, gibt der Seele eine innere Toleranz, man erkennt, daß alles innerste Leben sich auch noch anders fassen und darstellen lasse, man lernt, fremdes Leben achten.
Weichliche Naturen machen gerne energische Programme von weit ausgreifendem Umfang und erschöpfen im Programm ihren momentanen Enthusiasmus.
Seliges Los der Kindheit, deren Wehe noch die stille Nacht des Schlummers in Vergessenheit einwiegt!
Man kann, solange die Seele arbeitet, sich nicht an längst Vollbrachtem vergnügen.
Beim Kartenspiel wie im Leben sind mir die Menschen zuwider, die gern daneben sitzen und anderen bei Spiel zusehen. Sie haben leicht, klug zu sein und zu erklären, wie man mit diesem oder jenem Trumpf hätte verfahren sollen, denn sie haben keinen Einsatz dabei gehabt.
Man muß freie, einfache Gedanken des Lichtes täglich wiederholen, wie die Sonne täglich aufgeht und die Nacht verscheucht.
Den Regen hört man fallen, den Schnee nicht. Der herbe Schmerz ist noch laut, der gefaßte ist still.
Es kann kein Mensch dem andern etwas vollkommen recht machen, aber dankbar kann man doch sein. Und Dank ist ein Boden, auf dem die Freude gedeiht.
Nicht alle Blumen duften uns, vielleicht haben aber Schmetterlinge und Bienen feinere Nasen als wir Menschen.
Sitte und Bildung müssen so zur Natur werden, daß sie sich auch in den unbewachten Momenten kundgeben. Das ist die echte Decenz, die auch vor sich selber die schickliche Form bewahrt.
Nicht im Auszeichnenden liegt die Würde eines Berufs, sondern in der Bewährung des rein Menschlichen, die in jedem Beruf möglich ist.
Es erscheint als Hochmut, sich nicht an dem politischen Leben seines Volkes und seiner Zeit zu beteiligen; näher besehen ist es aber nur Kleinmut.
Saget nicht: die Natur tröstet. Gegen einen positiven Schmerz, einen Verlust auf immer vermag sie nichts.
Alles Leben draußen ist nur wie ein Schlafen in Kleidern. Daheim erst liegt man im Bett.
Es gibt keinen reinen Frühling. Man wandelt immer auf dem welken Lauf vergangenen Daseins.
Es gibt Gefahren, denen zu entfliehen nicht Feigheit ist, sondern höchster Mut, die Kraft, sich selbst zu besiegen.
Wer Haß und Verachtung in der Seele trägt, ist schwer belastet und kann nie frei aus sich atmen.
Magere wissen immer, daß sie mager sind, fette Menschen selten, daß sie fett sind.
Kein Mensch ist würdig zu wirken für das Höchste und Reinste, dessen Hand und Herz nicht rein ist. Es gibt keine Größe, die nicht auf wahrer Sittlichkeit beruht.
Arbeit und Liebe, das ist Leib und Seele des Menschendaseins. Glückselig, wo sie eins ist.
Nicht das Geistreiche, nur das Weise erbt sich fort von Mund zu Mund als heilige Tradition.
Der untrüglichste Gradmesser für die Herzensbildung eines Volkes und eines Menschen ist, wie sie die Tiere betrachten und behandeln.
Soll der Wein lebendig bleiben und nicht wie man am Rheine sagt „Knochen“ werden, so muß immer nachgefüllt werden. So auch wer sein Wissen nicht mehrt und bewegt, dem stirbt es ab.
Wer das Vaterland verläßt, steht in der Luft, hat keinen Boden unter sich, der ihn trägt.
Viele Menschen sind oft am stolzesten auf Ereignisse und Gedanken, die ihnen im Laufe der Zeit erwuchsen und bereden dann sich und Andere, daß dies ihre ursprüngliche, genau berechnete Absicht war.