Zitate von Berthold Auerbach
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Die Ascetik der Kirche betrachtet das Leben aus dem Gesichtspunkte des Todes, die freie, thatenfrohe Erkenntniss dagegen aus dem Gesichtspunkt des heiteren Schaffens.

Es gibt Menschen, die nur Regen und Sonnenschein kennen und haben. Es gibt aber auch Seelen voll taubildender Kraft – das sind die stillen, in sich reichen, triebkräftigen, die mehr innerlich als äußerlich erleben.

Der wirkliche Kenner kennt die Giftpflanze bevor sie in der Blüte steht. So sollte es auch beim wirklichen Menschenkenner sein.

In den kleinen Kaufläden kleiner Städtchen hängen rote Sacktücher, bunte Kattune; solche Muster macht kein geschmackvoller Fabrikant, sie sind aber populär beliebt. Auch in der Literatur geht es so. Eine gewisse Grellheit und Plattheit ist populär.

Wir sind, was wir sind, nicht durch uns, sondern durch eine ewige Ordnung, die wir Gott nennen dürfen; wir müssen in dem, was wir sind, uns zu finden und glücklich zu machen suchen, ob arm, ob reich, ob schön oder häßlich.

Es gibt ein Abbrechen des Gesprächs, bei dem man das Gefühl hat, als ob man sich nicht ordentlich abgetrocknet hat nach dem Waschen.

Solange der Baum in Blüthen steht, braucht er keine Stütze, wohl aber wenn er Früchte trägt.

Es ist keine Blume so einsam im stillen Thal, es kommt eine Biene, ihren Honig zu kosten.

Geh mit Gottes Gnade durch Schatten und Licht an ferne Gestade zu uns bitte nicht.

Ach, man sollte mitten in den Sorgen um das Große, das Vaterland, keine persönlichen Kümmernisse haben. Aber wem ist das gegeben? Das große Leid ist eben ein vielfach geteiltes und muß immer auch ein persönliches sein.

Geist und Vernunft sind Vater und Mutter des bewußten Menschen. Was man erkennt, muß man auch bekennen.

Es ist ein tiefer Zug der Menschennatur, daß wir die lieben, denen wir Wohltaten erzeigen können; ihr Leben wird eins mit uns.

Ein gesundes Menschengemüt und ein gesunder Baum werden durch Sturm nicht geknickt, sondern – wenn nur erst der Stamm widerstandskräftig ist – noch wurzeltiefer und wurzelfester.

Die Ehre verpflichtet zur Sittlichkeit, der Ruhm noch mehr, die Macht am höchsten.

Die Liebe ist in den höheren Ständen vielleicht größer, energischer, tiefer, und hat mehr alles, was mit Leidenschaft zusammenhängt; die Treue aber, dies beständige und warmherzige Beharren, scheint mir größer im Volke. In der Arbeit lernt man die Treue.

Ich glaube nicht, daß je ein Mensch in voller Aufrichtigkeit „Meine Wenigkeit“ gesagt hat.

Wenn die bequemeren, gleichmäßig steigenden Fahrwege angelegt werden, so werden die alten Fahrwege zu abkürzenden Fußwegen für den Einzelnen.

Wie leicht wirft ein Mann den Liebesfunken in die Seele eines Mädchens und geht dann sorglos hin, seiner selbst und des andern vergessend, während es dort weiter glimmt und zur Flamme lodert.

Was ein Mensch in der Welt auch thue, und sei es noch so weitwirkend – hat er nicht seine Pflicht gegen seine Eltern erfüllt, so ist alles andere hinfällig.

Keine Lehre, keine noch so hohe, ändert der Menschen Sinn. Nur das Leben, Anschauen, die Erfahrung der Tatsachen an sich und anderen, nur das bekehrt. Das ist ja das Elend der Dogmatik, daß sie lehren will, was nur das Leben gibt.

Man muß auch in der großen Geschichte nicht verzweifeln. Es gibt trotz schlechten Wetters doch stets eine Ernte.

Es ist doch nur ein Gott, der die Sonne scheinen und die Bäume wachsen läßt, und er weiß doch, wie es gemeint ist, ob man so oder so zu ihm betet.

Giebt es eine ewige Wahrheit? Ja; eine ewige Schönheit? Ja. Aber ihre Fassung mehrt und ändert sich. Die nachfolgenden Geschlechter sind nicht zum bloßen Aufnehmen des Gegebenen verdammt.

Das bloße Wissen erhebt den Menschen noch nicht auf den Standpunkt, wo er bereit ist, das Leben einzusetzen für eine Idee, für Pflichterfüllung, für Ehre und Vaterland; dazu die ganze Erziehung des Menschen.

Das selig stille Glück stirbt nicht aus, es siedelt sich hart neben den unbeugsam eisernen Gleisen der neuen Zeit an.

Es läßt sich niemand etwas ganz geben; jeder versetzt Speise und Trank mit seinem eigenen Speichel.

Wo die eigene Kraft dich verläßt und zur Neige ist, wo du nicht mehr fassen, wirken und schaffen kannst, da fügen sich die Hände still in einander, und dieses Sinnbild spricht: ich kann nicht mehr, waltet ihr, ihr ewigen Mächte!

In hilfloser Verlorenheit wird man leicht abergläubisch und läßt sich vom Zufälligen bestimmen.

Der Trauernde ist ein Kranker. Man wird leicht gegen einen Trauernden wie gegen einen Kranken unwillig und ungerecht.

Es gibt Menschen, die so wachsfiguren aussehen, daß man glaubt, jede Minute kann es schnurren und die Automaten fangen zu spielen an.

Es giebt doch keine größere Freude auf der Welt, als wenn ein Kind eben bei allem Verstand das rechte Kinderherz behalten hat.

Nimm dir jeden Morgen vor, heute jemand eine Freude und, soviel du kannst, glücklich zu machen. Geh‘ dann an deine Arbeit und tue vor allem deine Pflicht. Du wirst froh und heiter dabei sein, denn ein rechtschaffener Gedanke macht froh.

Vorwürfe und Lehren werden einem Unglücklichen gegenüber oft zu ungerechten Härten.

Die Edeltanne behält in hohes Alter hinein eine weiche Rinde. Es gibt auch Menschen so.

Man kann an derselben Flamme verschiedenartige Lichter anzünden; es kommt nur darauf an, daß jedes aus seinem eigenen Stoffe weiter brennt.

Der Mensch lebt nicht für sich allein. Es gibt eine unsichtbare und unzerreißbare Gemeinsamkeit: das Band der Achtung, der Ehre, ein treues Gedenken, eine tätige Liebe.