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Der Tag ist verloren, ausgebrochen aus der Kette deines Lebens, den du in Trübsinn und tatenloser Verzweiflung hinstarrtest.
Berthold AuerbachWenn man getrennt ist, fühlt man erst, wie lieb man sich haben soll, wenn man beieinander ist.
Berthold AuerbachEs gibt eine alte Erfahrung: Wer zu freigiebig ist im Vertrauen, ist auch zu freigiebig im Mißtrauen.
Berthold AuerbachMan kann die Menschen dafür strafen, wenn sie schlecht handeln, aber man kann sie nicht zwingen, gut zu sein; eine durch's Gesetz erzwungene Güte ist auch keine Güte mehr.
Berthold AuerbachNur ein in sich versöhntes und befriedigtes Herz kann versöhnend und befriedigend wirken.
Berthold AuerbachEs ist aber auch bekannt, wie oft die Menschen, wenn sie gesättigt sind, eine ganz andere Sinnesart haben, als da sie noch hungrig waren.
Berthold AuerbachDer brave Mensch grämt sich weit mehr über ein Unrecht, das er getan hat, als über ein solches, das ihm angetan wurde.
Berthold AuerbachEin bis zum Stolz gehendes Selbstbewußtsein, wenn es richtig gelenkt ist, kann ein sicheres Moralprinzip werden.
Berthold AuerbachAlle Liebe der Menschen muß erworben, erobert und verdient, über Hindernisse hinweg erhalten werden; die Mutterliebe allein hat man immer unerworben und unverdient.
Berthold AuerbachWenn nur die Menschen zum Guten auch so rennten, wie zum Bösen! Wie oft gehen sie durch Wind und Wetter, über Stock und Stein ihren niederen Gelüsten nach; gilt es aber die Pflicht oder sonst etwas Gutes zu thun, ist ihnen jedes Windchen zu rauh und jedes Steinchen eine unübersteigbare Mauer.
Berthold AuerbachDer Krieg wäre das volle Chaos, wenn der einzelne Heerführer sich in die Kollision der Pflichten versetzen ließe, Humanität und rücksichtslose Notwendigkeit zu vereinbaren suchte in großen Entscheidungen; dem unbeugsamen militärischen Gesetz muß der Soldat sich selber und andere beugen.
Berthold AuerbachDas Gefahrvolle des Reichtums liegt nicht nur darin, daß er den Besitzer, sondern auch darin, daß er den Besitzlosen verderben kann.
Berthold AuerbachNicht bloß um graue Locken schwebt die Glorie der inneren Befreiung von Eigensucht; die Milde mögt ihr da wohl öfter finden, aber oft nicht mehr jenen lebendigen Feuereifer für die Menschheit.
Berthold AuerbachIn großen Zeiten verschwindet alles kleine Leid und alle Einzelklage um eigenes Schicksal.
Berthold AuerbachDarum sind viele Menschen auf die Erde gesetzt, damit der eine, der mitfühlt und doch nicht selbst betroffen ist, dem andern seine Stütze sei, wenn er brechen, ein Licht, wenn sich ihm alles verdunkeln will.
Berthold AuerbachFreiheit und Arbeit, das sind die schönsten Vorzüge des Menschen. Einsam und arbeitsam, das ist mein Alles.
Berthold AuerbachDie immer nur das Vergangene loben, sitzen eben rückwärts auf dem rollenden Wagen der Zeit, sie sehen nur, was bereits vorüber ist.
Berthold AuerbachDie Ehre hat ihre tiefste Wurzel in der Selbsterhaltung, aber eben dieser Ursprung tritt in ihr geläutert auf. Sich selbst ehren und alles so tun, daß man dies könne, das schließt die höchste Tugend in sich.
Berthold AuerbachNur der Mensch ist frei, der sich seine eigenen Gedanken im Kopfe ausbildet, niemand etwas nachspricht, was er nicht versteht und selber einsieht; der die Gesetze kennt, die Gott in seine Brust geschrieben hat, und ohne Menschenfurcht ihnen gerecht zu werden strebt.
Berthold AuerbachWas die Leute sagen werden - in diesen Worten liegt die Tyrannei der Welt, die ganze Entwendung unseres Naturells, der Schielblick unserer Seele. Diese fünf Worte herrschen überall.
Berthold AuerbachFür einen Vater, dessen Kind stirbt, stirbt die Zukunft. Für ein Kind, dessen Eltern sterben, stirbt die Vergangenheit.
Berthold AuerbachIm ersten Aussprechen eines Gatten über den andern zu einem Dritten liegt eine folgenreiche Verfremdung und Preisgebung.
Berthold AuerbachEs ist eine gebräuchliche Redensart, daß der am besten fährt, der auf die Dummheit der Menschen spekuliert; es ist aber damit nicht eigentlich diese gemeint, denn sie zu berechnen, ist das Schwierigste; man meint vielmehr mit jenem Wort die vorurteilsvolle Befangenheit und den Egoismus.
Berthold AuerbachDieselbe Arbeit wiederholen und immer wieder - das erst ist Arbeit; alles Andere ist Lust, Liebhaberei. Die Natur wiederholt sich im Gesetz, der Mensch in der Pflicht.
Berthold AuerbachÜber aller Gerechtigkeit und aller Verpflichtung steht die Liebe, die den Geliebten und das eigene Selbst der reinen Entfaltung ihres Wesens zuführt.
Berthold AuerbachMit Gleichgesinnten kann man über das Wie streiten. Was soll aber eine Zurechtsetzung mit Menschen einer ganz anderen Weltanschauung? Ich kann nicht bekehren und nicht bekehrt werden.
Berthold AuerbachDas Wachstum des Menschengemütes gleicht nicht dem vergänglichen Halme, eher dort dem Fruchtbaume, der bleibt bestehen und harrt neuer Frucht am selben Stamme.
Berthold AuerbachEine Beleidigung stößt man so leicht heraus, und ein Reuebekenntnis wird so schwer. Ist es nicht gerade ein Zeichen von der Schlechtigkeit der Menschennatur, daß man ein unbedacht begangenes Unrecht so schwer ausgleicht! Drum sei auf deiner Hut.
Berthold AuerbachMan merkt erst, wenn die Ehre gestürzt ist, wie weit und in welchem Grunde ihre Wurzel gehen.
Berthold AuerbachWenn wir durch das ganze Leben so fortfahren könnten, an Wachstum und Fülle zuzunehmen wie in der Kindheit, ein himmlisch gesegnetes Dasein wäre unser Los; aber das All dringt plötzlich in uns ein, und wir haben unser ganzes Leben lang nur damit zu tun, es zu zerlegen, zu enträtseln und zu erklären.
Berthold AuerbachDas Beste, womit ein Menschenherz sich erfüllt und erquickt, ist Mutterliebe. Alle Liebe der Menschen muß erworben, erobert und verdient, über Hindernisse erkämpft und bewahrt werden; die Mutterliebe allein hat man immer, unerworben, unverdient und alle Zeit bereit.
Berthold AuerbachWie oft geht das so, daß wir Gewerke herrichten für den Strom unserer Lebenstage, und ehe das Gewerk nur halb fertig, ist alles versiegt und trocken.
Berthold AuerbachWunderbar! Wenn die Menschen in Zank und Streit geraten sollen, da werden die Zaghaftesten beredt; wenn es aber gilt, ein Liebeswort, ein versöhnendes, zu sagen, da krümmen und winden sie sich wie Stotternde.
Berthold AuerbachDas Vielbesuchen macht öde wie das Speisen an der Gasthofstafel; man ißt von allen Schüsseln und hat doch zuletzt keine gesunde Sättigung.
Berthold AuerbachNicht die Freude, nicht die Ruhe ist Lebenszweck, Arbeit ist es, oder es gibt überhaupt keinen Zweck.
Berthold AuerbachWie der Atem der Erde und des Meeres aus den höheren Regionen wieder als erfrischender und befruchtender Regen herniederträufelt, so kann und muß auch der Volksgeist, sein Denken und Fühlen aus der höheren Region des Schriftentums wieder herabgelenkt werden in seinen Ursprung, das Volksgemüt.
Berthold AuerbachDas Naturwalten dauert fort in aller Menschenwirrnis, und wohl dem Auge, das im Anschauen desselben sein Selbst vergessen kann.
Berthold AuerbachWenn der Tod die Lippen geschlossen, die dich Kind nennen mussten, ist dir ein Lebensatem verschwunden, der nimmer wiederkehrt.
Berthold AuerbachDie Wahrhaftigkeit ist jene Mutter Erde, auf der feststehend der ringende Geist nicht zu besiegen und niederzuwerfen ist.
Berthold AuerbachDas Licht aber haftet im Auge wie in der weiten Welt draußen, und das Auge vermag es nur zu schauen, weil das Licht in ihm ist. Du suchst den Urquell und er ist in dir wie in der Welt.
Berthold Auerbach