Zitate von Emanuel Wertheimer
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Die Bequemlichkeit täuscht sich immer über ihr Wohlbehagen – sie liegt nie lange bequem.

An den Tugenden andrer schätzen wir den Vorsprung, den sie unsern eignen Lastern gewähren.

Ein Optimist sagte: Zu den ganz guten Menschen zähle ich schon die nicht ganz schlechten.

Die ersten Laute eines Kindes erregen mehr Begeisterung, als sämtliche Reden des Demosthenes.

Der Zufall ist nur ein Sklave, der auszuführen hat, was Ursache und Wirkung ihm befehlen.

Der Mensch vermag vieles auszuhalten: mancher kann jahrelang leben, ohne geistige Nahrung zu sich zu nehmen.

Man erfindet, man kauft, man erbettelt, ja man stiehlt Hoffnungen – nur um Hoffnungen zu haben.

Die Naturalisten nehmen der Rose Farbe und Duft, alles übrige geben sie mit peinlichster Treue wieder.

Wenn sich zwei Philosophen über Freundschaft unterhalten, gehen sie als Feinde auseinander.

Wenn der Hartherzige eine Bitte abschlägt, erteilt er dafür eine Moral von verletzender Strenge.

Die Jugend warnen? Die Jugend aufklären?! Nein, gegen die hinreißende Beredsamkeit der Natur, gegen ihren fesselnden, berauschenden Anschauungsunterricht kommen alle Ermahnungen andrer nicht auf.

Die Logik ist so fortgeschritten, daß sie alles widerlegen kann – sogar sich selbst.

Die Geschmacklosigkeit hat sich zu allen Zeiten den Begriff des Modernen beigelegt; im wesentlichen gibt es aber ebenso wenig eine moderne Kunst wie eine moderne Natur.

Eigentlich gibt es nur eine Kunstrichtung, alle übrigen entstehen aus einseitigen Vorzügen und glänzenden Fehlern.

Von nichts nimmt man so lange Abschied wie von seiner Jugend; sie ist längst fort – und noch immer nimmt man Abschied von ihr.

So viele Freuden hat die Natur gar nicht zu vergeben, als sie Schmerzen zu unsrer Verfügung hält.

Warum das Elend so wenig rührt? Aus ästhetischen Gründen: es wiederholt sich zu oft.

Ein Junggeselle sagte: Ihr seid ja schön, zu schön, ihr Frauen! Aber vergesst nicht, dass wir in der Ehe mit eurem Frühling auch den Winter mit in den Kauf nehmen müssen.

Nach diesem Leben ist es für manchen nicht zu viel, sich eine Ewigkeit davon auszuruhen.

Die Hartherzigkeit versieht uns mit strengen, korrekten Grundsätzen: man schützt Prinzipien vor, um eine Bitte abzuschlagen.

Wir wollen lieber bestohlen sein als betrogen. Der Dieb verletzt unser Eigentum, der Betrüger auch unsre Eitelkeit.