Zitate von Ernst von Feuchtersleben
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Auch die, welche dir die Nächsten und Liebsten sind, erträgst du manchmal schwer. Sei gewiss, es geht ihnen mit dir genauso.

Wenn Du was Rechtes schaffen willst, mußt Du Dir vorstellen, Dir werde gelingen, was Keinem gelang.

Du schmachtest nach der Freundin Blick als nach des Lebens schönstem Glück? Glaub mir: so schaut dich niemand an, wie jener, dem du wohlgetan.

Das ist das Wahrzeichen, wodurch der gemeine und höhere Mensch sich unterscheiden – daß Jener sein Glück nur dann findet, wenn er auf sich selbst vergißt, Dieser, wenn er zu sich selbst wiederkehrt; Jener, wenn er sich verliert, Dieser, wenn er sich besitzt.

Immer neue Gebilde sollen an uns vorübergaukeln, uns überraschen, uns die Zeit töten helfen! Das ist unsere Teilnahme an Kunst und Literatur. Wie viel größern Genuss aber gewährt es, sich auch nur mit einer großen Natur und Bildung allseitig bekannt zu machen.

Philosophie ist nicht ohne Kälte denkbar. Wer nicht grausam gegen das eigene Gefühl sein kann, philosophiere nicht.

Die Trauer kommt von innen und untergräbt aus der Tiefe den menschlichen Organismus.

Wir nützen selten dadurch, dass wir Wahrheiten aussprechen, Lehren ertheilen; weit öfter dadurch, dass wir anregen, Probleme hinstellen, den Widerspruch aufrufen, das Gefühl ansprechen. – Man kann wohl den Weg weisen, – aber gehen muss Jeder selbst.

Die Religion ist die beste, welche die Vielen eint, den Einzelnen kräftigt, den Stolzen beugt, die uns das Leben und den Tod mit Ergebung erwarten macht.

Es gibt keine alte und moderne Literatur, sondern nur eine ewige und eine vergängliche.

Die Hypochondrist ist stets, sei es auch nur momentan, schwach an Charakter; begreift er dieses einmal mit Ernst und entschieden und arbeitet unverdrossen an seinem Heile, so wir er sich selbst der beste Arzt.

Entschiedene, eingreifende Aktivität ist dem Manne von Natur zugewiesen; passives Weben und Leben dem Weibe. Beide Gesetze dürfen nicht ungestraft überschritten werden.

Wer sich verschließen gelernt hat, dem tut es doppelt wohl, wenn er sich aufschließen darf.

Das größte und unschätzbarste Gut des Menschen besteht doch zuletzt im Besitze und Gefühle seiner selbst. Wer es, auch nur für kurze Zeit, vermisst, und sodann wieder gewonnen hat, – nur der kennt seinen ganzen Wert, und wird mit allen Kräften seines Daseins ringen, es nie zu verlieren.

Der Traurigkeit kann sich kein Mensch erwehren, der Verdrießlichkeit jeder.

Daß Gründe wenig, Stimmungen alles vermögen, sieht man daraus, daß die Nichtigkeit des Lebens der gleiche Grundgedanke alles Heitern wie aller Traurigen ist.

Die Schule spricht immer von einer unendlichen Möglichkeit und einer endlichen Wirklichkeit. Und doch ist nur das Mögliche endlich, das Wirkliche aber unendlich.

Wenn wir zürnen, hat unser Gegner seinen Zweck erreicht, wir sind in seiner Gewalt.

Berufstätigkeit ist die Mutter eines reinen Gewissens; ein reines Gewissen aber ist die Mutter der Ruhe – und nur in der Ruhe wächst die zarte Pflanze des irdischen Wohlseins.

„Willst du uns, Freund, zu Kindern machen? Du sagst uns weltbekannte Sachen!“ Verzeiht! ich konnt aus euren Werken, Daß ihr alles wißt, nicht merken!

Nichts schützt so kräftig vor dem schauerlichen Gespenst des Alters, vor der Verknöcherung unseres Wesens, die es verkündet oder bekleidet, als ein heiterer Skeptizismus.

Die Natur übt ein heimliches Gericht; leise und langmütig, aber unentrinnbar.

Echte Tugend und wahres Wohlsein gründen sich auf Leitung durch sich selbst.

Wie das echte, innige Studium der Natur, wenn es tiefe Offenbarungen gewähren soll, kindliche Gemüter verlangt, so erzeugt es auch wieder in denen, die sich ihm weihen, eine eigene Kindlichkeit und giebt ihnen ihre Jugend wieder.

Man sollte nur den Umgang solcher Menschen suchen, denen gegenüber man sich zusammennehmen muß.

Jeder wahre Gedanke trägt das Universum in sich, und keiner spricht es aus.

Die Intelligenz steht höher als der Wille, aber dieser muß zuerst gebildert werden, damit er ihren Auftrag zu erfüllen vermöge.

Der Zorn ist eine gemeine Erregung über Gemeines und zieht zum Gegenstand herab.

Wer sich nicht beherrschen kann – der will frei sein? und wer es kann – ist er es nicht?

Liebe war an Quelle, Liebe war im Hain – Liebe wird, o Welle! Wo du landest, sein.

Jedem endlichen Geiste ist sein Gesetz eingepflanzt, nach welchem er sich zu der ihm gemäßen Form entwickelt. Keinem kann man eine solche Regel diktieren, man kann nur jedem die Nahrung geben, deren er zum Wachstume, – das Licht, dessen er bedarf, um die Richtung nach oben zu finden.

Wer eine Sache in ein treffendes Gleichnis bringen kann, hat sie verstanden.

Halte dich an das Schöne! Vom Schönen lebt das Gute im Menschen und auch seine Gesundheit.

Wer andern eine Grube gräbt Dies Wort mag trefflich sein! Doch: Wer sie aus der Grube hebt, auch der fällt meist hinein.

Der Natur ist so viel abzulernen: die Ruhe, die Unermüdlichkeit, die stete Produktion, die Dauer im Wechsel, die Grandiosität, die fortbildende Entwicklung.

Neid ist die Angewohnheit, statt der eigenen Glücksgüter die der anderen zu zählen.

Für den rechten Menschen ist Trost nicht heilsam, weil er schwächt. Pflicht ist sein wahrer Trost.

Der Zweifel, das bangste aller Gefühle, löst sich durch die Verzweiflung, die oft zum wahren Heilmittel wird.

Eine Kunst, das Leben zu verlängern? Lehrt den, der es kennengelernt hat, lieber die Kunst, es zu ertragen!