Zitate von Friedrich Hebbel
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Jetziger Standpunct der Geschichte. Was die Geschichte bis jetzt errang? Die ew’gen Ideen! Sie zu verwirklichen, ist nun denn ihr großes Geschäft.
Wir Menschen sind, wie Schwämme, wir trinken uns voll Leben, dann wird’s wieder ausgedrückt.
Die Seelenwanderung – ein Dieb könnte ehemals Herr der Sachen gewesen sein, die er jetzt stiehlt.
Alle edlen Menschen gehen durch die Hölle des Lebens, die anderen stehen davor und wärmen sich die Hände.
Zwei Hände können sich wohl fassen, aber doch nicht in einander verwachsen. So Individualität zu Individualität.
Es wäre doch so unmöglich nicht, daß von der Läuterung des Einzelnen auch für das Ganze etwas abhinge, und mehr, als man sich im ersten Augenblick bei diesen Worten denkt.
Der Esel, wenn er von einem Raubtier angefallen wird, verteidigt sich nicht; entweder, weil er sich einen ruhigen Tod wünscht, oder weil er niemanden im Genuß stören mag, nicht einmal den, der ihn frißt.
Der Mensch liebt es, an sich zu experimentieren, anstatt sich ruhig zu entwickeln. Es kann zu etwas führen, ist aber sehr riskant.
Es ist die Strafe unserer eigenen Jugendsünden, dass wir gegen die unserer Kinder nachsichtig sein müssen.
Wo alle Grenzen sich durchschneiden, alle Widersprüche sich berühren, da ist der Punkt, wo das Leben entspringt.
Jede Regierungsform sollte im Sinne der ihr gerade entgegengesetzten gehandhabt werden: die republikanische aristokratisch und die monarchische republikanisch.
Wundern muß ich mich sehr, daß Hunde die Menschen so lieben; denn ein erbärmlicher Schuft gegen den Hund ist der Mensch.
Jede andere Kunst verstehst du, sobald sie dir leicht wird; die des Schreibens, wenn sie dir schwer wurde.
Geschminkte Asche das Leben und stäubende Asche der Tod und ein Wirbelwind hinterdrein, der die Asche in jeglicher Gestalt ins Leere treibt.
Welch ein Narr ist der Mensch! In allem muß er sich spiegeln, Selbst in Sonne und Mond hat er sein Antlitz entdeckt.
Manche Dinge sollte man recht in die Mode bringen, damit sie endlich aus der Mode kommen.
Das ist der Fluch der Armut, daß alles, was Selbstgefühl verrät, sich nicht mit ihr verträgt, sondern als Hochmut, Anmaßung und Lächerlichkeit erscheint.
Die erste wahnsinnige Liebe, so spurlos sie gewöhnlich vorübergeht, und von so lächerlichen Erscheinungen sie begleitet wird, ist doch vielleicht das Ernhafteste am ganzen Leben; wenigstens wird durch nichts jede Kraft des Menschen so aufs äußerste angespannt als durch sie.
Deutsche Literatur, du schnurriges Stammbuch der Völker! Jeder schreibt sich hinein, wie es ihm grad gefällt.
Es gibt ein sichres Zeichen der Selbsterkenntnis: wenn man an sich selbst weit mehr Fehler bemerkt, als an andern.
Die Menschen haben viele absonderliche Tugenden erfunden, aber die absonderlichste von allen ist die Bescheidenheit. Das Nichts glaubt dadurch etwas zu werden, daß es bekennt: ich bin nichts!
Es ist der Fluch der Vornehmen, daß sich ihnen die höchsten irdischen Genüsse in kahle, schale Bedürfnisse, die sie nimmer befriedigen können, umsetzen.
Der Schlaf ist die Nabelschnur, durch die das Individuum mit dem Weltall zusammenhängt.
Jeder einzelne hat in gewissem Betracht in seinem Verhältnis zu anderen eine polizeiliche Stellung, insofern er nämlich Beleidigungen, die ihm widerfahren könnten, nicht bloß zu rächen, sondern zu verhüten wissen muß.
Wir müssen nicht klagen, daß alles vergänglich sei. Das Vergänglichste, wenn es uns wahrhaft berührt, weckt in uns ein Unvergänglichstes.
Unendlich viele Menschen haben nie einen Gedanken gehabt und sehen doch wie Denker aus; sie sind wie Kartenspieler; unendliche Kombinationen durch wenige gegebene Blätter. Solchen ist nichts begreiflich zu machen.
Zwölf Apostel und doch nur ein einziger Judas darunter? Würbe der Göttliche heut, zählte er mindestens elf!
Wenn das reine Gemüt liebt, was es nicht lieben soll; kann es denn diese unfreiwillige Sünde nicht dadurch schön und herrlich büßen, daß es auf das ersehnte Freien Verzicht leistet?
Es gibt nur eine Sünde, die gegen die ganze Menschheit mit allen ihren Geschlechtern begangen werden kann, und dies ist die Verfälschung der Geschichte.
Wenn Seele und Leib keinen gemeinsamen Punkt hätten, wovon sie ausgehen, wie könnten sie zusammen ausdauern? Anziehungskraft ist doch die allgemeinste Kraft auf der Welt.
Das ist das Unterscheidende der jetzigen Zeit gegen die frühere, dass jetzt nur die Masse und ehemals nur der bedeutende Einzelne lebte.