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Es ist erfreulich, wenn gleiches sich zu gleichem gesellt, aber es ist göttlich, wenn ein großer Mensch die kleineren zu sich aufzieht.
Friedrich HölderlinDie Priesterin darf aus dem Tempel nicht gehen. Du bewahrst die heilige Flamme, du bewahrst im Stillen das Schöne, daß ich es wieder finde bei dir.
Friedrich HölderlinAlles altert und verjüngt sich wieder. Warum sind wir ausgenommen vom schönen Kreislauf der Natur? Oder gilt er auch für uns Menschen?
Friedrich HölderlinEignes Nachdenken, oder ein Buch, oder woran man sich sonst orientieren mag, ist wohl gut, aber das Wort eines echten Freundes, der den Menschen und die Lage kennt, trifft wohltätiger und irrt weniger.
Friedrich HölderlinIch fürchte, das warme Leben in mir zu erkälten an der eiskalten Geschichte des Tags, und diese Furcht kommt daher, weil ich alles, was von Jugend auf Zerstörendes mich traf, empfindlicher als andre aufnahm.
Friedrich HölderlinWie unvermögend ist doch der gutwilligste Fleiß der Menschen gegen die Allmacht der ungeteilten Begeisterung.
Friedrich HölderlinDadurch haben sich die Menschen die Ehe zur Hölle gemacht, daß sie sie zu ihrem Himmel machen wollten.
Friedrich HölderlinGroße Taten, wenn sie nicht ein edel Volk vernimmt, sind mehr nicht als ein gewaltiger Schlag vor eine dumpfe Stirne, und hohe Worte, wenn sie nicht in hohen Herzen widertönen, sind, wie ein sterbend Blatt, das in den Kot herunterrauscht.
Friedrich HölderlinWas ist der Mensch? konnt ich beginnen; wie kommt es, daß so etwas in der Welt ist, das, wie ein Chaos, gärt, oder modert, wie ein fauler Baum, und nie zu einer Reife gedeiht? Wie duldet diesen Herling die Natur bei ihren süßen Trauben?
Friedrich HölderlinIch werde dein sein, wie deine Seele, und wenn ich vor keinem Sterblichen mich beuge, so will ich's und werd ich's ewig vor dir.
Friedrich HölderlinLaßt den Menschen spät erst wissen, daß es Menschen, daß es irgend etwas außer ihm gibt, denn so nur wird er Mensch.
Friedrich HölderlinDas Briefeschreiben ist zwar immer nur ein Notbehelf, aber doch etwas. Deswegen sollten wir es doch nicht ganz unterlassen.
Friedrich HölderlinDen deutschen Frauen danket, sie haben uns der Götterbilder freundlichen Geist bewahrt, und täglich sühnt der holde, klare Friede das böse Gewirre wieder.
Friedrich HölderlinWenn nicht die Nachwelt meine Richterin wird, wenn ich das mir nicht bald mit prophetischer Gewißheit sagen kann, so reiß ich jede Saite von meiner Leier und begrabe sie in den Schutt der Zeit.
Friedrich HölderlinO es ist ein seltsames Gemische von Seligkeit und Schwermut, wenn es sich so offenbart, daß wir auf immer heraus sind aus dem gewöhnlichen Dasein.
Friedrich HölderlinAber man hat sich selbst, und wenige Einzelne, und es ist auch schön, in sich selbst und wenigen Einzelnen eine Welt zu finden.
Friedrich HölderlinAlles schwieg und schlief, ich wachte alleine; endlich wiegte mich die Stille ein, und von meinem dunklen Erdbeerhain träumte ich, und vom Gang im stillen Mondenschein.
Friedrich HölderlinDa flogen wir, Diotima und ich, da wanderten wir, wie Schwalben, von einem Frühling der Welt zum andern, durch der Sonne weites Gebiet und drüber hinaus, zu den andern Inseln des Himmels, an des Sirius goldne Küsten, in die Geistertale des Arcturs -
Friedrich HölderlinIch sah einmal ein Kind die Hand ausstrecken, um das Mondlicht zu haschen, aber das Licht ging ruhig weiter seine Bahn. So stehn wir da, und ringen, das wandelnde Schicksal anzuhalten.
Friedrich HölderlinDer Tod ist ein Bote des Lebens, und daß wir jetzt schlafen, das zeugt vom nahen gesunden Erwachen. Sterblichkeit ist Schein, ist wie die Farben, die vor unserem Auge zittern, wenn es lange in die Sonne sieht.
Friedrich HölderlinSanft zu sein zur rechten Zeit, das ist wohl schön, doch sanft zu sein zur Unzeit, das ist häßlich, denn es ist feig!
Friedrich HölderlinLaß uns vergessen, daß es eine Zeit gibt, und zähle die Lebenstage nicht! Was sind Jahrhunderte gegen den Augenblick, wo zwei Wesen so sich ahnen und nahn.
Friedrich HölderlinAls wie ein Ruhetag, so ist des Jahres Ende, Wie einer Frage Ton, daß dieser sich vollende, Alsdann erscheint des Frühlings neues Werden, So glänzt die Natur mit ihrer Pracht auf Erden.
Friedrich HölderlinDie Blumen des Herzens wollen freundliche Pflege, Ihre Wurzel ist überall, aber sie selbst gedeihen in heitrer Witterung nur.
Friedrich HölderlinMuß denn der Mensch an Gewandtheit der Kraft und des Sinnes verlieren, was er an vielumfassendem Geiste gewinnt? Ist doch keines nichts ohne das andere!
Friedrich HölderlinIch kann kein Volk mir denken, das zerrissener wäre wie die Deutschen. Handwerker siehst du, aber keine Menschen, Priester, aber keine Menschen, Herrn und Knechte, Jungen und gesetzte Leute, aber keine Menschen.
Friedrich HölderlinAch! der Gott in uns ist immer einsam und arm. Wo findet er alle seine Verwandten? Die einst da waren, und da sein werden? Wenn kömmt das große Wiedersehen der Geister? Denn einmal waren wir doch, wie ich glaube, alle beisammen.
Friedrich HölderlinWir sind's, wir! Wir haben unsere Lust daran, uns in die Nacht des Unbekannten, in die Fremde irgendeiner andern Welt zu stürzen und wär es möglich, wir verließen der Sonne Gebiet und stürmten über des Irrsterns Grenzen hinaus.
Friedrich HölderlinMan kennt den stolzhinschiffenden Schwan nicht, wenn er schlummernd am Ufer sitzt.
Friedrich HölderlinEs bleibt uns überall noch eine Freude. Der echte Schmerz begeistert. Wer auf sein Elend tritt, steht höher. Und das ist herrlich, daß wir erst im Leiden recht der Seele Freiheit fühlen.
Friedrich HölderlinO wie hatten die alten Tyrannen so recht, Freundschaften, wie die unsere, zu verbieten! Da ist man stark, wie ein Halbgott, und duldet nichts Unverschämtes in seinem Bezirke!
Friedrich HölderlinGlücklich sein heißt: schläfrig sein im Munde der Knechte. Glücklich sein! Mit ist, als hätt' ich Brei und laues Wasser auf der Zunge, wenn ihr mir sprecht vom Glücklichsein. So albern und so heillos ist das alles, wofür ihr hingebt eure Lorbeerkronen, eure Unsterblichkeit.
Friedrich HölderlinDie Spartaner blieben ewig ein Fragment; denn wer nicht einmal ein vollkommenes Kind war, der wird schwerlich ein vollkommener Mann.
Friedrich HölderlinIhr habt den Glauben an alles Große verloren; so müßt, so müßt ihr hin, wenn dieser Glaube nicht wiederkehrt, wie ein Komet aus fremden Himmeln.
Friedrich HölderlinSterblichkeit ist Schein, ist, wie die Farben, die vor unsrem Auge zittern, wenn es lange in die Sonne sieht!
Friedrich HölderlinEs ist eine Freude, sich dem Leser zu opfern, und sich mit ihm in die engen Schranken unserer noch kinderähnlichen Kultur zu begeben.
Friedrich HölderlinIch frage die Sterne, und sie verstummen, ich frage den Tag, und die Nacht; aber sie antworten nicht. Aus mir selbst, wenn ich mich frage, tönen mystische Sprüche, Träume ohne Deutung.
Friedrich HölderlinWir sprechen von unsrem Herzen, unsern Planen, als wären sie unser, und es ist doch eine fremde Gewalt, die uns herumwirft und ins Grab legt, wie es ihr gefällt, und von der wir nicht wissen, von wannen sie kommt, noch wohin sie geht.
Friedrich HölderlinEs wäre gut, wenn die Hoffnung etwas seltener wäre im Gemüt des Menschen. Er wappnete sich dann zu rechter Zeit gegen die Zukunft.
Friedrich HölderlinDie Kunst ist der Übergang aus der Natur zur Bildung, und aus der Bildung zur Natur.
Friedrich HölderlinDie Kinder führen alles zum Munde hinein, wir alles zum Verstande, und ich fange an zu glauben, daß eines so naiv ist als das andere.
Friedrich HölderlinMännerstolz, wenn Lästrer schreien, Wahrheit, wenn Despoten dräuen, Seelenkraft im Mißgeschick.
Friedrich HölderlinLaßt vergehn, was vergeht! Es vergeht, um wiederzukehren, es altert, um sich zu verjüngen, es trennt sich, um sich inniger zu vereinigen, es stirbt, um lebendiger zu werden.
Friedrich Hölderlin