Zitate von Friedrich Rückert
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O Wanderer am Bach geh‘ nur dem Wasser nach. Es führet sicher dich zu Menschen Dach und Fach.
Wenn du mich fragst: auf wen darf ich in Treue baun? Ich sage dir: auf die, die selber andern traun.
Wer etwas ist, bemüht sich nie zu scheinen. Wer scheinen will, wird niemals etwas sein.
Nicht die Sorge, noch die Plage Schiebe du zum andern Tage, Sondern tu die beiden ab Frisch im Nu, wie Gott sie gab!
Stell‘ eine Blume vor das Fenster dein, So läßt sie dir keinen bösen Gedanken herein.
Lerne groß erst sein im Kleinen aber dann im Großen klein, und im Großen wie im Kleinen wird dein Maß das rechte sein.
Lerne von der Erde, die du bauest, die Geduld; Der Pflug zerreißt ihr Herz, und sie vergilt’s mit Huld.
Man kann, wenn wir es überlegen: Wein trinken fünf Ursachen wegen: Einmal um eines Festtags willen, desgleichen künftig abzuwehren, ferner dem guten Wein zu Ehren, und endlich um jeder Ursache willen.
Herr, deine Welt ist schön, deine Welt ist gut; Gib mir nur hellen Sinn, gib mir nur frohen Mut! Ich fühle, daß ich bin, ich fühle, daß du bist, Und daß mein Sein von dir ein selger Abglanz ist.
Es sollen ein Gebet die Worte nicht allein, es sollen auch ein Gebet die Gedanken sein.
Wenn die Gewährung du nicht siehst im Angesicht des, den du bitten willst, so tu die Bitte nicht.
Die Welt ist nur, weil du bist Körper, körperlich; Der Geist geht frei hindurch und nirgend stößt er sich. Das ist der Vorschub, den die Geistigkeit dir leistet: Die Welt stößt minder dich, je mehr du dich ergeistest.
Ich muß, das ist die Schrank‘, in welcher mich die Welt von einer, die Natur von andrer Seite hält.
Von deinen Kindern lernst du mehr, als sie von dir. Sie lernen eine Welt von dir, die nicht mehr ist, Du lernst von ihnen eine, die nun wird und gilt.
Sich im Spiegel zu beschaun, Kann den Affen nur erbaun Wirke! nur in seinen Werken Kann der Mensch sich selbst bemerken.
Der Tod ist das Ende der Mühsal, und wen er heute trifft, der braucht ihn morgen nicht zu scheuen.
Ein niedrer Sinn ist stolz im Glück, im Leid bescheiden. Bescheiden ist im Glück ein edler, stolz im Leide.
Man glaubt die Wahrheit nicht, wenn sie ein Armer spricht, doch selbst die Lüge glaubt man einem reichen Wicht.
Dein Vergangenes ist ein Traum und dein Künftiges ist ein Wind. Hasche den Augenblick, der ist zwischen den beiden, die nicht sind.
Verlangen kann ein Menschenherz nichts Besseres auf Erden als fühlen Liebeslust und -schmerz und dann begraben werden.
An Sittensprüchen hat der Arge sein Vergnügen, nicht um danach zu tun, doch um damit zu trügen.
Dir geht die Wissenschaft Vorbei auf dunklen Bahnen, Und um dein Urlicht schwebt Der Andacht sel’ges Ahnen.
Der Liebsten Vater gab mir seinen Segen, Er sprach: Wenn du dich nun statt meiner plagen Willst mit dem Trotzkopf, hab‘ ich nichts dagegen.
Dem Müßiggänger fehlt es stets an Zeit zum Thun, Und nie am Grund, warum er’s lasse ruh’n.
Erhabnes, findet es erhabne Stimmung nicht, Erscheint lächerlich im Leben, im Gedicht.
O wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück! Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück.
Wer stolz auf Vorzüg‘ ist, fühlt irgendein Gebrechen, und wer sich brüsten mag, ist sich bewußt der Schwächen.
Niemals, ob die Uhr du stellen magst zurück, kehrt die versäumte Zeit und ein verträumtes Glück.
In dem großen Verband, Welcher Staat sich nennet, Zu achten ist jeglicher Stand, Der seine Pflicht erkennet.
Lebt in der Gegenwart! Zu leer ist und zu weit Der Zukunft Haus, zu groß das der Vergangenheit.
Das Fleckchen an der Wang ist eine Zier, das schwarze; doch wenn es zu groß wird, so ist es eine Warze.
Du bringst nichts mit hinein, du nimmst nichts mit hinaus, laß eine goldene Spur im alten Erdenhaus.
Harmlosigkeit im Ohr hört überall Musik, Und Schönes überall sieht ein harmloser Blick. Harmlosigkeit im Mund macht niemals Herzen wund, Und ein harmloses Herz ist selbst im Weh‘ gesund.
Der alte Barbarossa, Der Kaiser Friederich, Im unterird’schen Schlosse Hält er verzaubert sich… Er hat hinabgenommen Des Reiches Herrlichkeit, Und wird einst wiederkommen Mit ihr zu seiner Zeit.
Sieh, auf dem Pfuhl wie schwimmt das zarte Lotosblatt! So bleibt der Reine rein auch an unreiner Statt.
Die Freunde bitte fein, dich nicht zu sehr zu ehren, Sonst werden Feinde dir dafür den Krieg erklären.
Laß dir diesen Mut nicht rauben: Du mußt an dich selber glauben, wenn du etwas leisten willst.
Zur Liebe kommst du nicht, so lang du hängst am Leben; Du findest mich nicht eh’r, bis du mich aufgegeben.
Wenn du zum Wort nicht ohne Not, nicht ohne Hunger greifst zum Brot, bringt dir dein Reden nicht Verdruß, nie Unbehagen dein Genuß.
Es lassen Schein und Sein sich niemals einen, nur Sein allein besteht durch sich allein. Wer etwas ist, bemüht sich nicht zu scheinen. Wer scheinen will, wird niemals etwas sein.
Erst nach dem Nachbarn schaue, Sodann das Haus dir baue! Wenn der Nachbar ist ein Schuft, So baust du dir deine Totengruft.
Der Erfolg ist offenbar, Die Absicht aber niemals klar. Drum wird man alle Menschengeschichten Ewig nach dem Erfolge richten.
Wer mit Eigenliebe beginnt, den Schatz des Herzens zu verschwenden, wird mit Eigenliebe enden.
Je höher du wirst aufwärts gehn, Dein Blick wird immer allgemeiner; Stets einen größern Teil wirst du vom Ganzen sehn, Doch alles Einzle immer kleiner.