Zitate von Friedrich Schlegel
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Künstler ist ein jeder, dem es Ziel und Mitte des Daseyns ist, seinen Sinn zu bilden.
Man ist überall und in allen Verhältnissen gewohnt, und geneigt, von der Sprache auf den Geist, von dem Ausdruck auf den Gedanken zu schließen.
Witz, als Werkzeug der Rache, ist so schändlich, wie die Kunst als Mittel des Sinnenkitzels.
Es liegt tief in der Natur des Menschen, daß er alles essen will, was er liebt, und jede neue Erscheinung unmittelbar zum Munde führt, um sie da wo möglich in ihre ersten Bestandteile zu zergliedern.
Die männliche Ungeschicklichkeit ist ein mannigfaltiges Wesen und reich an Blüten und Früchten jeder Art.
Man soll Witz haben, aber nicht haben wollen; sonst entsteht Witzelei, Alexandrinischer Stil in Witz.
Mittelmäßige Autoren, die ein kleines Buch so ankündigen, als ob sie einen großen Riesen wollten sehen lassen, sollten von der literarischen Polizei genötigt werden, ihr Produkt mit dem Motto stempeln zu lassen: This is the greatest elephant in the world, except himself.
Keine Tätigkeit ist so menschlich wie die bloß ergänzende, verbindende, befördernde.
Gewiß ist es, daß Männer von Natur bloß heiß oder kalt sind: zur Wärme müssen sie erst gebildet werden. Aber die Frauen sind von Natur sinnlich und geistig warm und haben Sinn für Wärme jeder Art.
Die Welt is kein System, sondern eine Geschichte, aus der nachher freilich Gesetze folgen können.
Gern setzte ich auch noch die Gesellschaft hinzu, die den Geist biegsam, und den Witz leicht erhält, wenn sie nur nicht so gar selten wäre, dass man kaum auf sie rechnen darf.
Viele Werke der Alten sind Fragmente geworden. Viele Werke der Neuern sind es gleich bey der Entstehung.
Die kleinsten Autoren haben wenigstens die Ähnlichkeit mit dem großen Autor des Himmels und der Erde, daß sie nach vollbrachtem Tagewerke zu sich selbst zu sagen pflegen: „Und siehe, was er gemacht hatte, war gut.“
Es ist alles in der Liebe: Freundschaft, schöner Umgang, Sinnlichkeit und auch Leidenschaft; und es muß alles darin sein, und eins das andere verstärken und lindern, beleben und erhöhen.
Freundschaft ist partiale Ehe, und Liebe ist Freundschaft von allen Seiten und nach allen Richtungen, universelle Freundschaft. Das Bewußtsein der notwendigen Grenzen ist das Unentbehrlichste und das Seltenste in der Freundschaft.
Niemand kennt sich, insofern er nur er selbst und nicht auch zugleich ein anderer ist.
Ein Fragment muß gleich einem kleinen Kunstwerke von der umgebenden Welt ganz abgesondert und in sich selbst vollendet sein wie ein Igel.
In jedem guten Gedicht muß alles Absicht, und alles Instinkt sein. Dadurch wird es idealisch.
Die Romane endigen gern, wie das Vaterunser anfängt: mit dem Reich Gottes auf Erden.
Seht der neubewachsenen Erden zarte Kleidung blaulicht werden, weil der Veilchen Purpurpracht zwischen Gras und Blättern lacht.
Es fehlt, behaupte ich, unsrer Poesie an einem Mittelpunkt, wie es die Mythologie für die der Alten war, und alles Wesentliche, worin die moderne Dichtkunst der antiken nachsteht, läßt sich in die Worte zusammenfassen: Wir haben keine Mythologie.
Langsam wird man durch schöne Lehren belehrt, schnell und wirksam durch drastische Beispiele.
Mysterien sind weiblich; sie verhüllen sich gern, aber sie wollen doch gesehen und erraten sein.
Es gibt einen Ehrgeiz, welcher lieber der Erste unter den Letzten sein will, als der Zweite unter den Ersten. Das ist der alte. Es gibt einen andern Ehrgeiz, der lieber wie Tassos Gabriel […] der Zweite unter den Ersten, als der Erste unter den Zweiten sein will. Das ist der moderne.
Die Quelle des Ideals ist der heiße Durst nach Ewigkeit, die Sehnsucht nach Gott, also das Edelste unsrer Natur.
Gott erblicken wir nicht, aber überall erblicken wir Göttliches; zunächst und am eigentlichsten jedoch in der Mitte eines sinnvollen Menschen, in der Tiefe eines lebendigen Menschenwerks.
Sieh Dich vor Freund, daß der Sinn für das Große Dir nicht abhanden kommt, ehe Du es gewahr wirst.
Da die Philosophie jetzt alles, was ihr vorkömmt kritisiert, so wäre eine Kritik der Philosophie nichts als eine gerechte Repressalie.
Die Romane sind die sokratischen Dialoge unserer Zeit. In diese liberale Form hat sich die Lebensweisheit vor der Schulweisheit geflüchtet.
Witz ist die Erscheinung, der äußere Blitz der Phantasie. Daher seine Göttlichkeit, und das Witzähnliche der Mystik.
Stickluft und Langeweile entwickeln sich gern, wo eine Menge Menschen in einem geschlossenen Raum beisammen sind.