Zitate von Gottfried Keller
page 1

Man beurteilt Menschen ganz anders und allein richtig, wenn man nichts von ihnen haben will.

Einsamkeit, verbunden mit einem klaren, heiteren Bewußtsein ist, ich behaupte es, die einzig wahre Schule für einen Geist von edlen Anlagen.

Zeit hat, wer Ewigkeit hat. Ihm ist der Augenblick heilig und mußevoll, wert des Verweilens, entronnen der Hast.

Lieber will ich keinen Glauben herrschend wissen, als den schwarzen, keuchenden, ertötenden Glaubenszwang.

Dem Kopf- und Herzdogmatiker Dein schlechtes Fühlen stieg aus deinem Kopf hernieder, Dein schlechtes Denken kommt aus deinem Herzen bieder; Das macht, weil dein Gehirn ein roher Hausknecht ist, Die träge Magd, das Herz, zu wecken ihn vergißt.

Die begründete wie die unbegründete Eifersucht vernichtet diejenige Würde, deren die gute Liebe bedarf.

Dem unveränderlichen Lebenszuschauer sind Stern und Unstern gleich kurzweilig, und er zahlt seinen Platz unbesehen mit Tagen und Jahren, bis seine fliehende Münze zu Ende geht.

Habt ihr euch auf ein neues Jahr gefreut, die Zukunft preisend mit beredtem Munde? Es rollt heran und schleudert, o wie weit! Euch rückwärts. – Ihr versinkt im alten Schlunde.

Mehr zu hören, als zu reden – solches lehrt uns die Natur: Sie versah uns mit zwei Ohren, doch mit einer Zunge nur.

Der Mensch soll nicht tugendhaft, sondern natürlich sein, so wird die Tugend von selbst kommen.

Es ist doch sonderbar, wie auch der vortrefflichste Mensch schlechte Eigenschaften haben muß, gleich einem stolz segelnden Schiffe, welches Ballast braucht, um zu seiner guten Fahrt gehörig schwer zu sein.

Alle Agitation darf nur dem Zweck eines tüchtigen und gedeihlichen Lebens und niemals selbst ein Zweck werden.

Nicht im Feld und auf den Bäumen, in den Herzen muß es keimen, wenn es besser werden soll.

Viele haben beim Besteigen eines Aussichtspunktes nur das Ziel im Auge und sind oftmals enttäuscht. Der Kluge sieht sich unterwegs um und genießt manchen schönen Ausblick. So auch im Leben.

Ich bin von jeher gewöhnt, alle falschen Verhältnisse wie ungezogene Kinder ihre Strümpfe abzustrampeln. Man wird nur schlecht und falsch, wenn man in der gleichen Wirrsal fortlebt.

Der künstlerische Mensch soll sich eher leidend und zusehend verhalten und die Dinge an sich vorüberziehen lassen, als ihnen nachjagen; denn wer in einem festlichen Zuge mitzieht, kann denselben nicht so beschreiben, wie der, welcher am Wege steht.

Heute ist alles Politik und hängt mit ihr zusammen, von dem Leder an unserer Schuhsohle bis zum obersten Ziegel am Dache, und der Rauch, der aus dem Schornstein steigt, ist Politik und hängt in verfänglichen Wolken über Hütten und Palästen, treibt hin und her über Städten und Dörfern.

Dort, wo der Weltgeist in stiller Größe waltet, immer neue Wunder schaffend, am Donner des schäumenden Wasserfalls oder beim Glanze jener leuchtenden Systeme, die über uns sich kreuzen, findet der wahre Mensch seine heiligsten Stunden.

Wer heute einen Gedanken sät, erntet morgen die Tat, übermorgen die Gewohnheit, danach den Charakter und letztendlich sein Schicksal. drum muß er bedenken, was er heute sät, und muß wissen, daß ihm sein Schicksal einmal in die Hand gegeben ist: heute.

Wenn du Menschen fischen willst, mußt du dein Herz an die Angel stecken; dann beißen sie an.

Wir halten Hochzeit zu dieser Stunde und gehen dann aus der Welt – dort ist das tiefe Wasser – dort scheidet uns niemand mehr und wir sind zusammengewesen – ob kurz oder lang, das kann uns gleich sein.

Betrachtet eurer Gegner Schwächen Und lernt, am besten euch zu rächen, Das eigne Unkraut auszustechen!

Die Grobheit spare wie Gold, wenn du sie in gerechter Entrüstung einmal hervorkehrst, es ein Ereignis sei und den Gegner wie ein unvorhergesehener Blitzstrahl treffe.

Die Freuden, welche auf dem Familienglück und auf frohen Ereignissen unter Blutsverwandten beruhen, [machen] auch nach den längsten Leiden die Beteiligten plötzlich jung und munter.

Mit einem Menschen, welcher den gekreuzigten Gottmenschen verehrt, ist immer noch mehr anzufangen als mit einem, der weder an die Menschen noch an die Götter glaubt.

Volkstum und Sprache sind das Jugendland, darin die Völker wachsen und gedeihen, das Mutterhaus, nach dem sie sehnend schreien, wenn sie verschlagen sind auf fremdem Strand.

Ein oder zwei wegen einer Dame ruinierte Jahre mögen allenfalls angehen; aber ein ganzes Leben – darf nicht geschnupft werden und ist weder dramatisch gut noch sonst ersprießlich.

Das unheilvolle Giftkraut, welches falsche Scham genannt wird, beginnt in den frühesten Tagen des Lebens um so mehr zu wuchern, als es von der Dummheit der alten Menschen eher gehätschelt und gepflegt, als ausgereutet wird.

Es liegt etwas so unerklärlich Heiliges und Seliges in der Liebe, sie macht so nobel und lauter, daß in demjenigen, der furchtlos und unglücklich liebt, etwas Unwahres und Ungerechtes sein muß.

Ich will eine so zarte, schöne Sache, wie es das Christentum ist, auch mit Liebe behandelt wissen, und wenn es zehnmal auch ein Irrtum wäre.

Wirke nie mit Trugschlüssen und kleinlichen Spitzfindigkeiten, mit denen man nur die Spreuer bewegt; den Kern des Volkes rührst du nur mit der vollen Wucht der Wahrheit um.

Es würde vieles erträglicher werden, wenn man weniger selbstzufrieden wäre bei uns und die Vaterlandsliebe nicht immer mit der Selbstbewunderung verwechselte!

Du Erznarr! Du mußt Tinte gesoffen haben, daß du ein solches Weibchen kannst fahren lassen! Und das artige Vermögen, die runden Schultern, der treffliche Anstand!

Das Brot ist die ewig unveränderte unterste Grundlage aller Erden- und Menschheitsgeschichten, der Wein aber die edelste Gabe der geistdurchdrungenen, lebenswarmen Natur.

Immer machen einige gute Menschen ein warmes Stübchen aus, auch ohne Ofen, Dach und Fenster.

Leidenschaftliche Beschränktheit ist freilich für manche notwendig, wenn sie auf dem Punkte beharren sollen, dem sie allein gewachsen sind, weil Anspruch und Bescheidung sich selten glücklich mischen.

Ein Kind von der allgemeinen Erziehung auszuschließen heißt, seine innere Entwicklung und sein geistiges Leben zu köpfen.

Es blitzt ein Tropfen Morgentau im Strahl des Sonnenlichts; ein Tag kann eine Perle sein und ein Jahrhundert nichts.

Was ist das Schöne? Eine reiche Idee, dargestellt mit Zweckmäßigkeit, Klarheit, gelungener Absicht.