Zitate von Heinrich von Kleist
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Wenn die Unwissenheit unsre Einfalt, unsre Unschuld und alle Genüsse der friedlichen Natur sichert, so öffnet sie dagegen allen Greueln des Aberglaubens die Tore…
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Gefühle, die [diese Leute] selbst nicht mehr haben, halten sie auch gar nicht für vorhanden.

Das Enge der Gebirge scheint überhaupt auf das Gefühl zu wirken, und man findet darin viele Gefühlsphilosophen, Menschenfreunde, Freunde der Künste, besonders der Musik. Das Weite des platten Landes hingegen wirkt mehr auf den Verstand, und hier findet man die Denker und Vielwisser.

Ein freier, denkender Mensch bleibt da nicht stehen, wo der Zufall ihn hinstößt.

Die Reuige Himmel, welch eine Pein sie fühlt! Sie hat so viel von Tugend Immer gesprochen, daß ihr nun kein Verführer mehr naht.

Ich fürchte nicht die Höllenstrafe der Zukunft, weil ich mein eignes Gewissen fürchte, und rechne nicht auf einen Lohn jenseits des Grabes, weil ich ihn mir diesseits desselben schon erwerben kann.

Ein Aprilmonat kann kaum so schnell mit der Witterung wechseln, als die Franzosen mit der Kleidung.

Küsse, Bisse, das reimt sich und wer recht von Herzen liebt, kann schon das eine für das andere greifen.

Keine Tugend ist doch weiblicher als Sorge für das Wohl anderer, und nichts dagegen macht das Weib häßlicher und gleichsam der Katze ähnlicher als der schmutzige Eigennutz, das gierige Einhaschen für den eignen Genuß.

Ja, mein Freund, Tätigkeit verlangt ein Opfer, ein Opfer verlangt Liebe, und so muß sich die Tätigkeit auf wahre innige Menschenliebe gründen, sie müßte denn eigennützig sein, und nur für sich selbst schaffen wollen.

Wer das Leben nicht, wie ein solcher Ringer, umfaßt hält, und tausendgliedrig, nach allen Windungen des Kampfs, nach allen Widerständen, Drücken, Ausweichungen und Reaktionen, empfindet und spürt: der wird, was er will, in keinem Gespräch, durchsetzen; viel weniger in einer Schlacht.

Die Bestimmung Was ich fühle, wie sprech ich es aus? – Der Mensch ist doch immer, Selbst auch in dem Kreis lieblicher Freunde, allein.

Der Deutsche geht um das Ding herum, der Franzose fängt den Lichtstrahl auf, den es ihm zuwirft und geht vorüber.

In Eurem Kopf liegt Wissenschaft und Irrtum geknetet, innig, wie ein Teig, zusammen.

Ohne Reiseplan sich auf die Reise begeben, heißt erwarten, dass der Zufall uns an das Ziel führe, das wir selbst nicht kennen.

Was die Menschen also Glück und Unglück nennen, das sehn Sie wohl, mein Freund, ist es nicht immer; denn bei allen Begünstigungen des äußern Glückes haben wir Tränen in den Augen des erstem, und bei allen Vernachlässigungen desselben, ein Lächeln auf dem Antlitz des andern gesehen.

Wärst du ein Mann gewesen – o Gott, wie innig habe ich dies gewünscht! – wärst du ein Mann gewesen – denn eine Frau konnte meine Vertraute nicht werden -, so hätte ich diesen Freund nicht so weit zu suchen gebraucht, als jetzt.

Das Leben des Menschen ist, wie jeder Strom, bei seinem Urprunge am höchsten. Es fließt nur fort, indem es fällt – in das Meer müssen wir alle.

Und siehe da, wenn ich mit meiner Schwester davon rede, welche hinter mir sitzt, und arbeitet, so erfahre ich, was ich durch ein vielleicht stundenlanges Brüten nicht herausgebracht haben würde.

Eine Frau, die sich auf ihren Vorteil versteht, geht nicht aus dem Hause; da erst gilt sie alles, was sie kann und soll. Doch, machen Sie das mit Ihrem Gewissen aus.

Das Maß, womit sie, auf dem Markt der Welt,die Dinge mißt, ist falsch; scheusel’ge Bosheit hab ich für milde Herrlichkeit erstanden!

Nicht ein Zehnteil würd‘ ein Herr des Bösen tun, müßt er es selbst mit eignen Händen tun.

Zuweilen, wenn ich dem Fluge einer Rakete nachsehe oder in den Schein einer Lampe blicke oder ein künstliches Eis auf meiner Zunge zergehen lasse, wenn ich mich dann frage: Genießest du? Oh, dann fühle ich mich so leer, so arm.

Wenn dagegen die Wissenschaften uns in das Labyrinth des Luxus führen, so schützen sie uns vor allen Greueln des Aberglaubens. Jede reicht uns Tugenden und Laster, und wir mögen am Ende aufgeklärt oder unwissend sein, so haben wir dabei so viel verloren, als gewonnen.

Man müßte wenigstens täglich ein gutes Gedicht lesen, ein schönes Gemälde sehen, ein sanftes Lied hören – oder ein herzliches Wort mit einem Freunde reden, um auch den schönen, ich möchte sagen, den menschlichen Teil unseres Wesens zu bilden.

Kann man auch nur den Gedanken wagen, glücklich zu sein, wenn alles in Elend darnieder liegt?

Man büßt es schwer, unsterblich zu sein, man stirbt dafür mehrere Male bei Lebzeiten.

Das Glück kann nicht, wie ein mathematischer Lehrsatz bewiesen werden, es muß empfunden werden, wenn es da sein soll.

Ach, dem Landmann ist ein Gatte unentbehrlich. Der Städter mag seiner entbehren, ich will es glauben, das Geräusch der Stadt kann seine geheimen Wünsche unterdrücken, er lernt das Glück nicht vermissen, das er entbehrt. Aber der Landmann ist ohne Gattin immer unglücklich.

So übe ich mich unaufhörlich darin, das wahre Glück von allen äußeren Umständen zu trennen und es nur als Belohnung und Ermunterung an die Tugend zu knüpfen. Da erscheint es in schönerer Gestalt und auf sicherem Boden.

Ei der Tausend! Wie man doch die dummen Leute anführen kann! Diese Menschen sitzen sämtlich wie die Raupe auf einem Blatte, jeder glaubt, seines sei das Beste und um den Baum bekümmern sie sich nicht.

Genießen! Das ist der Preis des Lebens! Ja, wahrlich. Wenn wir seiner niemals froh werden, können wir nicht mit Recht den Schöpfer fragen. Warum gabst Du es mir? Lebensgenuß seinen Geschöpfen zu geben, das ist die Verpflichtung des Himmels; die Verpflichtung des Menschen ist es, ihn zu verdienen.

Nachruhm! Was ist das für ein seltsames Ding, das man erst genießen kann, wenn man nicht mehr ist?

Ich nenne nämlich Glück nur die vollen und überschwänglichen Genüsse, die in dem erfreulichen Anschauen der moralischen Schönheit unseres eigenen Wesens liegen.

Für Zukunft leben zu wollen – ach, es ist ein Knabentraum, und nur wer für den Augenblick lebt, lebt für die Zukunft.

Es gibt Menschen, wie die ersten Arabesken; man versteht sie nicht, wenn man nicht Raphael ist.