Zitate von Jacob Burckhardt
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Die Eile und Sorge verderben das Leben. Alles ist durch die Allkonkurrenz auf die höchste Schnelligkeit und auf Kampf um Minimaldifferenzen angewiesen.

Es ist des Höchsten nicht so viel über die Erde verstreut, daß heute ein Volk sagen könnte, wir genügen uns vollständig, oder auch nur: wir bevorzugen das Einheimische.

Und so werden wir ewig im Schaffen und Können die Bewunderer und in der Welterkenntnis die Schuldner der Griechen bleiben. Hier sind sie uns nahe, dort groß, fremd und ferne.

Das Böse ist ein Teil der großen weltgeschichtlichen Ökonomie; nur neben ihm gibt es ein uneigennütziges Gutes. Es wäre ein unerträglicher Anblick, wenn in Folge konsequenter Belohnung des Guten und Bestrafung des Bösen hienieden die Bösen alle aus Zweckmäßigkeit anfingen, sich gut aufzuführen.
![Jacob Burckhardt - Die protestantischen Länder wurden später [im 16. Jhdt.] Stätten der "Geistesfreiheit ", nicht weil sie p...](https://www.netzitate.com/bilder/771/zitate-von-jacob-burckhardt-56.jpg)
Die protestantischen Länder wurden später [im 16. Jhdt.] Stätten der „Geistesfreiheit“, nicht weil sie protestantisch, sondern insofern sie es nicht mehr mit Eifer waren.

Die wirkliche Größe ist ein Mysterium. Das Prädikat wird weit mehr nach einem dunklen Gefühle als nach eigentlichen Urteilen aus Akten erteilt oder versagt; auch sind es gar nicht die Leute vom Fach allein, die es erteilen, sondern ein tatsächliches Übereinkommen Vieler.

Schicksale von Völkern und Staaten, Richtungen von ganzen Zivilisationen können daran hangen, daß ein außerordentlicher Mensch gewisse Seelenspannungen und Anstrengungen ersten Ranges in gewissen Zeiten aushalten könne.

Wir werden das Altertum nie los, solange wir nicht wieder Barbaren werden. Der Barbar und der neuamerikanische Bildungsmensch leben geschichtslos.

Bleiben Sie heiter! Aufrecht gehaltene ehrliche Arbeitskraft ist auch ein Gottesdienst.

Eigentlich müßten wir beständig in der Intuition des Weltganzen leben. Allein hiezu bedürfte es einer übermenschlichen Intelligenz.

Wissenschaft kann eine Leidenschaft sein, sollte auch nicht ganz ohne sie betrieben werden.

Nur durch den Kampf, und zwar in allen Zeiten und Fragen der Weltgeschichte, erfährt der Mensch, was er eigentlich will und was er kann.

Man oktroyiert dem Staat in sein täglich wachsendes Pflichtheft schlechtweg alles, wovon man weiß oder ahnt, daß es die Gesellschaft nicht tun werde.

Zum Lobe der Krisen läßt sich nun vor allem sagen: Die Leidenschaft ist die Mutter großer Dinge, d. h. die wirkliche Leidenschaft, die etwas Neues und nicht nur das Umstürzen des Alten will.

Es ist eine Täuschung, in irgendeinem Sieg dauernde Zufriedenheit zu erwarten, wozu das Organ überhaupt im Menschen nicht liegt.

Bemühe dich, alles das im Umgang hervorzukehren, was von wahrer Herzensgüte, Fidelität und Hingebung in dir ist, und du wirst sehen, daß man dir ebenso antwortet.

Die Kunst vermag ein höheres Leben darzustellen, das ohne sie nicht vorhanden wäre.

Eine Eigentümlichkeit höherer Kulturen ist ihre Fähigkeit zu Renaissancen. Entweder ein und dasselbe oder ein später gekommenes Volk nimmt mit einer Art Erbrecht oder mit dem Recht der Bewunderung eine vergangene Kultur teilweise zu der seinigen an.

Für den denkenden Menschen ist gegenüber der ganzen bisher abgelaufenen Weltgeschichte das Offenhalten des Geistes für jede Größe eine der wenigen sicheren Bedingungen des höheren geistigen Glücks.

Von allen Wissenschaften ist die Geschichte die unwissenschaftlichste, da sie am Wenigsten eine sichere, zugestandene Methode der Auswahl besitzt und besitzen kann, das heißt, die kritische Forschung hat eine sehr bestimmte Methode, aber die Darstellung nicht.

Für mich ist schon lange klar, daß die Welt der Alternative zwischen völliger Demokratie und absolutem rechtlosen Despotismus entgegentreibt.

Es gibt Völker, Religionen, Parteien, welche Minoritäten vertragen und solche, die sie nicht vertragen.

Der Patriotismus ist oft nur ein Hochmut gegenüber anderen Völkern und schon deshalb außerhalb des Pfades der Wahrheit, oft aber auch nur eine Art der Parteisucht innerhalb des eigenen vaterländischen Kreises; ja er besteht oft nur im Wehtun gegen andere.

Man muß mit der Gier der Massen rechnen. Das eigentlich politische Wesen der Völker ist eine Wand, in die man wohl diesen und jenen Nagel einschlagen kann, aber der Nagel hält nicht mehr. Darum wird […] die Autorität wieder ihr Haupt erheben, und ein schreckliches Haupt.

Das Neue, Große, Befreiende muß kommen aus dem deutschen Geist, und zwar im Gegensatz zu Macht, Reichtum und Geschäften.

Wir sind nicht eingeweiht in die Zwecke der ewigen Weisheit und kennen sie schlecht.

In der Regierung geschieht alles, auch das Schrecklichste, um die Einheit und das Bestehen der Macht zu verbürgen.

Tödlich für Europa ist immer nur eins erschienen: Erdrückende mechanische Macht, möge sie von einem erobernden Barbarenvolk oder von angesammelten heimischen Machtmitteln im Dienst eines Staates oder im Dienst einer […] nivellierenden Tendenz ausgehen, sei sie politisch, religiös oder sozial.

Von der Bevölkerung her ist es mehr und mehr die Kultur (im weitesten Umfang des Wortes), welche an die Stelle der Religion tritt, sobald es sich darum handelt, wer den Staat bedingen soll.

Das Mittelalter ist vielleicht im großen eine Zeit der heilsamen Zögerung. Hätte es die Erdoberfläche ausgenützt wie wir, so wären wir vielleicht gar nicht mehr vorhanden. (Ob es schade um uns wäre?)

Künstler, Dichter und Philosophen haben zweierlei Funktion: den innern Gehalt der Zeit und Welt ideal zur Anschauung zu bringen und ihn als unvergängliche Kunde auf die Nachwelt zu überliefern.

Unser Leben ist ein Geschäft, das damalige war ein Dasein; das Gesamtvolk existierte kaum, das Volkstümliche blühte.

Solche alte Pfaffenstädte haben immer etwas Verlottertes und Fideles, wie ich es gerne habe.

Die Religionen behaupten ihre Idealität am ehesten, solange sie sich gegen den Staat leidend, protestierend verhalten. […]

Das göttliche Recht ist aus dem Gefühl der Regierungen geschwunden – wie sollte der Glaube daran noch im Gefühl der Völker vorhanden sein!

Und nun ist die Macht an sich böse, gleichviel wer sie ausübe. Sie ist kein Beharren, sondern eine Gier und eo ipso unerfüllbar, daher in sich unglücklich und muss also andere unglücklich machen.
![Jacob Burckhardt - Es empört [bei der Betrachtung von Religionskriegen], daß irgend eine Wahrheit (oder was uns dafür gilt)...](https://www.netzitate.com/bilder/808/zitate-von-jacob-burckhardt-93.jpg)
Es empört [bei der Betrachtung von Religionskriegen], daß irgend eine Wahrheit (oder was uns dafür gilt) sich nur durch äußere Gewalt solle Bahn machen können, und daß sie, wenn diese nicht genügt, unterdrückt wird.

Der Despot kann unendlich viel Gutes stiften, nur nicht eine gesetzmäßige Freiheit herstellen.

Die Anschauung von einem Glück, welches in einem Verharren, in einem bestimmten Zustande bestände, ist an sich falsch.

Retter Europas ist vor allem, wer es vor der Gefahr der politisch-religiös-sozialen Zwangseinheit und Zwangsnivellierung rettet, die seine spezifische Eigenschaft, nämlich den vielartigen Reichtum seines Geistes bedroht.

Nicht jede Zeit findet ihren großen Mann, und nicht jede große Fähigkeit findet ihre Zeit. Vielleicht sind jetzt sehr große Männer vorhanden für Dinge, die nicht vorhanden sind.