Zitate von Jean-Jacques Rousseau
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Rückt die Meinungen des Volkes zurecht, und seine Sitten werden sich von selbst bessern.
In dem Maße, in dem unsere Wissenschaft und Künste zur Vollkommenheit fortschritten, sind unsere Seelen verderbt worden.
Es ist viel wertvoller, stets den Respekt der Menschen als gelegentlich ihre Bewunderung zu haben.
Der Gott, den ich anbete, ist nicht ein Gott der Finsternis; er hat mir den Verstand nicht gegeben, um mir den Gebrauch desselben zu untersagen. Von mir verlangen, meine Vernunft gefangen zu geben, heißt ihren Schöpfer beleidigen.
Alle Menschen, welche sich aus der großen Gesellschaft zurückziehen, stiften ebendadurch Nutzen, daß sie sich aus ihr zurückziehen, da alle Laster der Menschen ihre Quelle in der zu dichten Bevölkerung finden.
Mäßigkeit und Arbeit sind die wahren Ärzte des Menschen; die Arbeit reizt den Appetit, und die Mäßigkeit verhindert die mißbräuchliche Befriedigung desselben.
Glücklich ist das Land, wo man es nicht nötig hat, den Frieden in einer Wüste zu suchen! Wo aber ist dieses Land?
Die Anmut verliert ihren Wert nicht so schnell wie die Schönheit, denn sie erneuert sich unaufhörlich. Nach einer dreißigjährigen Ehe gefällt eine rechtschaffene Frau voller Anmut ihrem Manne noch ebensogut wie am ersten Tag.
Ich kann nur im Gehen denken; sobald ich stehen bleibe, denke ich nicht mehr, mein Kopf arbeitet nur mit den Füßen gleichzeitig.
Wer nicht ein wenig Leid zu ertragen weiß, muss damit rechnen, viel zu leiden.
In allen Ländern sind Leute, die mit Geschäften überlastet sind, allgemein unfreundlich und unbarmherzig.
Wenn auch die Bescheidenheit bei einem Erwachsenen etwas Natürliches ist, ist sie unnatürlich für ein Kind. Die Bescheidenheit fängt mit der Kenntnis der Schlechtigkeit an.
Der Ehrenmann hierzulande ist nicht der, welcher rechtschaffen handelt, sondern der, welcher schöne Dinge sagt.
Wer nicht ein kleines Leid zu ertragen versteht, muss sich darauf gefasst machen, viele Leiden über sich ergehen zu lassen.
Vergebens nötigt uns die ruhige Vernunft Beifall oder Tadel ab; zum Handeln treibt uns erst die Leidenschaft; und wie kann man für Dinge, für welche noch kein Interesse in uns erwacht ist, in Leidenschaft geraten?
Frauen haben eine gewandte Zunge; sie reden viel eher, viel leichter und angenehmer als Männer.
In der Schule der Welt wie in der Schule der Liebe muß man alsbald mit der Ausübung dessen, was man zu lernen gedenkt, den Anfang machen.
Wer im Müßiggang verzehrt, was er selbst nicht erworben hat, verübt geradezu einen Diebstahl, und ein Rentner, den der Staat für sein untätiges Leben in Form von Zinsen bezahlt, ist in meinen Augen kaum von einem Straßenräuber verschieden, der auf Kosten der Reisenden lebt.
Philosophieren kann besser der Mann über das menschliche Herz, doch darin zu lesen vermag besser die Frau.
Das größte Glück der Ehe hängt von so vielen Übereinstimmungen ab, daß es eine Torheit wäre, wenn man sie alle zusammenbringen wollte. Man muß sich zunächst der wichtigsten versichern.
Je schwächer der Körper ist, desto mehr befiehlt er, je stärker der Körper ist, desto besser gehorcht er.
Die Weisen sagen selten, dies ist nicht möglich; häufiger sagen sie: ich weiß nicht.
Trotz so vieler Schriften, welche alle vorgeblich den allgemeinen Nutzen bezwecken, ist doch gerade die Kunst, welche den größten Nutzen gewährt, die Kunst Menschen zu bilden, noch immer vergessen.
Da kein Mensch eine natürliche Gewalt über seinesgleichen hat, und da die Stärke kein Recht gewährt, so bleiben also die Verträge als die einzige Grundlage jeder rechtmäßigen Gewalt unter den Menschen übrig.
Als Sklaven und Herren ihrer Eigenliebe leben die Menschen dahin, nicht um zu leben, sondern um andere glauben zu machen, sie hätten gelebt.
Mancher Philosoph liebt die Tartaren, um der Liebe gegen seine Nachbarn überhoben zu sein.
Die ersten Tränen der Kinder sind Bitten. Wenn man nicht Acht darauf gibt, so werden sie bald Befehle.
Der Lakedaimonier Phedaretes bewirbt sich um Aufnahme in den Rat der Dreihundert. Er wird verworfen. Voller Freude, daß es in Sparta dreihundert bessere Männer als ihn gibt, geht er wieder nach Hause.
Derjenige, der nur beobachten will, beobachtet nichts, denn er wird nirgends eingelassen, da er bei Geschäften unnütz ist, bei Vergnügungen lästig ist. Man sieht die anderen nur handeln, wenn man selbst handelt – und in der Schule der Welt muß man das ausüben, was man lernen will.
Alles ist gut, wie es aus den Händen des Schöpfers hervorgegangen; alles entartet unter den Händen der Menschen.
Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will.
Die Natur will, daß die Kinder, ehe sie Männer werden, Kinder sein sollen. Wenn wir diese Ordnung umkehren wollen, so bringen wir vorzeitige Früchte hervor, denen es an der gehörigen Reife wie am rechten Geschmack fehlt und in kurzem verderben.