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Jede Arbeit, auch philosophische, poetische, lenkt den Menschen vom Ich und oft vom Bessern ab.
Jean PaulSo groß wird durch die Verachtung des Todes die Schönheit des Lebens - so gewiß ist jeder, der mit kaltem Blut sich das Leben abspricht, vermögend, es zu ertragen - so wahr rät Rousseau, vor dem Tode eine gute Tat zu unternehmen, weil man jenen dann entbehren kann...
Jean PaulDer Schlechteste kennt einen Preis, wofür er seine Rechtschaffenheit nicht hingibt; er unterscheidet sich vom Guten durch den kleinern (nicht vom Besten).
Jean PaulDer Eitle ließe in der Minute seine Stellung, Kleidung weg, wo er wüßte, daß man sie als Eitelkeit bemerkte.
Jean PaulDas Reich des Unbewußten kann einmal als das Reich des Bewußten erobert werden. Denn die Besonnenheit kann sich steigern, da sie sich ja schon in den großen Unterschieden und Sprüngen von Wilden zu Weltweisen offenbart.
Jean PaulEr fühlte, es sei leichter, eine übertriebene Achtung vorzuspiegeln, als eine wahre auszudrücken.
Jean PaulBedenkt noch, ihr gekrönten und besternten Machthaber aller Art: ihr tragt in der Zukunft entweder alle Schuld, oder allen Glanz.
Jean PaulDer Hundaffe, der Schwein- und der Löwenaffe, der Bärenpavian, die Meerkatze erinnern durch die Tierähnlichkeiten, die ihre Menschähnlichkeit durchziehen, an den physiologischen Satz, daß der Mensch Auszug und Gipfelblüte des Tierreichs sei.
Jean PaulMan läßt sich herunter zu denen, die man liebt, wenn sie klein sind, bis auf einen gewissen Grad, zu dem man sich nie aus Liebe gegen Größere herablassen würde, und Sokrates ritt wohl mit seinen Kindern, aber nicht mit Größern auf dem Steckenpferd.
Jean PaulNeben dem Tode und nach einer großen Tat kann und darf der Mensch dem Menschen alles, alles verzeihen.
Jean PaulWie sich der ganze Wirrwarr der Gefühle verliert und ordnet, wenn man aus dem fremden Hause heimkehret in seine vier Wände! Nur zu Hause ist der Mensch ganz.
Jean PaulMan imponiert und gewinnt mehr, wenn man über eine Sache lange spricht, als viel (kurz); die Ausdehnung der Rede gilt für Ausdehnung der Kenntnis.
Jean PaulSo hetzt einen Menschen eine einzige Lüge in Irrgängen herum; es ist eben so unmöglich, mit einer Lüge, als mit einer Kinder-Blatter durchzukommen: eine überdeckt den ganzen Menschen mit Pocken-Materie.
Jean PaulDer Mensch schneidet nicht seine Handlungen und Neigungen nach seinen Grundsätzen, sondern diese nach jenen zu, und die Neigung ist eher als die Maxime da. Der Mann nach und der ohne Grundsätze sind nur darin verschieden, daß jener seine Neigung in e(inen) allgemeinen Satz verdolmetscht.
Jean PaulEs ist leichter, die Menschen zu lieben, als zu ertragen - viele heftig zu lieben, als keinen zu hassen.
Jean PaulDas Gespräch der meisten Gelehrten untereinander ist weiter nichts als ein gegenseitiges heimliches, höfliches Examinieren.
Jean PaulAlles wird auf der Erde ohne Abschied auseinandergestürmt; aber der Mensch nimmt seinen von einem Menschen, wenn er kann, wenn kein Meer-Sturm, wenn kein Erdbeben die Seelen-Nächsten plötzlich zerwirft.
Jean PaulHimmel, wie wollt ihrs einmal im Himmel aushalten, falls ihr nicht das Glück habt, verdammt zu werden?
Jean PaulWenn uns das Böse als Böses Reue macht und nicht als Wirkung der Strafe: warum bereuen wir einen bösen Willen, einen bösen Entschluß, der nicht ausgeführt wurde, nicht ebensosehr als eine böse Handlung?
Jean PaulGewissen Menschen, z.B. dem Fischer, die Verachtung auszudrücken, die man gegen sie hat, müßte man ihnen erst alle die Kenntnisse und Gesinnungen geben und beibringen, die uns eben von ihnen unterscheiden.
Jean PaulMan hasset am Anderen nichts so sehr, als einen neuen Fehler, den er erst nach Jahren zeigt.
Jean PaulGedächtnis, Witz, Phantasie, Scharfsinn können sich im Alter nicht verjüngen, aber das Herz vermag es mit sich.
Jean PaulWie reißende Tiere leichter übermannt werden als Insektenschwärme, so ist der Sieg nicht über die seltenen und großen, sondern über die kleinlichen und täglichen Versuchungen besser und schwerer.
Jean PaulWir verwundern uns nie über den Sonnenaufgang einer Freude, sondern über den Sonnenuntergang derselben.
Jean PaulDer Mann verbeißet die Wunde und erliegt an der Narbe - das Weib bekämpft den Kummer selten und überlebt ihn doch.
Jean PaulSchlechte Autoren sollte man vor, gute nach ihren Büchern kennenlernen, um jenen die Bücher zu vergeben, und diese den Büchern.
Jean Paul