Zitate von Jean Paul
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Ich begreife sehr wohl, warum manche ihren Körper so wenig den Befehlen der Weisheit untertänig machen können. Der, dessen Herz bei jedem neuen Vorfall zu pochen anfängt, wird über dasselbe anfangs wenig mit seiner Weisheit vermögen. Denn das Bestreben, den Fehler zu vermeiden, bringt ihn hervor.
Ein Knabe muß seinen Schmerz trocken verdauen, ein Mädchen mag einige Tropfen nachtrinken.
Überhaupt gleicht das Leben oft dem Fang-Baume mit aufwärtsgerichteten Stacheln, an welchem der Bär leicht hinauf zum Honig-Köder klettert, wovon er aber unter lauter Stichen wieder zurückrutschet.
Kennt ihr die Arznei des Beispiels, die Heilkraft der Bewunderung und der seelenstärkenden Achtung?
Das goldne Kalb der Selbstsucht wächst bald zum glühenden Phalaris-Ochsen, der seinen Vater und Anbeter einäschert.
Auf echte Religion des Herzens führt uns alles leicht: der Sternenhimmel, das Abendrot, ja das Abendgeläute, jede Rührung, vielleicht Schmerz.
Ungleich dem Süden ist der Deutsche weniger ein redseliges als ein schreibseliges Volk, wie seine Registraturen und Bücherschränke ansagen.
In der moralischen Welt verbreitet sich Licht langsamer als Wärme; anders als in der physischen.
Die Weiber – ja, es ist ein Teufelsvolk; scheinen sie schlimm, so sind sie es auch; scheinen sie es nicht, so sind sie es doch.
Er ging vor nichts Kleinem blind vorbei, worüber der Welt- und Geschäftmann verschmähend schreitet; so wie er wieder vor keinem Pomp des bürgerlichen Lebens stehen blieb.
Es ist der Wahrheit nicht zuträglich, wenn ein großer Kopf mit einem dummen Gegner streitet. Da jener diesen für zu gering ansieht, so wird er ihm auch da nicht Recht lassen, wo er’s hat.
Jedes uns erzählte Menschenleben hat etwas Erbärmliches, Eingeschränktes. Wir wundern uns, als müss ein gehörtes anders sein als ein geführtes.
Hinter dem Menschen arbeitet und geht ein langsamer Strom, der glühend ihn verzehrt und zermalmt, wenn er ihn ergreift; aber der Mensch schreite nur tapfer vorwärts und schaue oft rückwärts, so entkommt er unbeschädigt.
Ein Autor wird am dunkelsten, wenn er Sätze sagt, die er 1000mal dachte und die, in seinem Innern lang erzogen, er nicht erst auf dem Pulte erfand, wo er sie gab. Andere entwickeln sich und dem Leser zugleich die Sache.
Ein großer Schritt zur Tugend ist, daß man nicht alles an sich liebt, seine Kleinigkeiten, Geschmack im Essen etc.
Der ästhetische Witz, oder der Witz im engsten Sinne, der verkleidete Priester, der jedes Paar kopuliert, tut es mit verschiedenen Trauformeln.
Ist das Leben wie die Olive eine bittere Frucht, so greife man beide scharf mit dem Pfeffer an, und sie liefern das süßeste Öl.
Kein Autor sollte sich über etwas zu schreiben hinsetzen, dem es nicht unbeschreiblich ärgert, daß er keinen Folioband darüber schreiben kann. Wehe ihm, wenn er einen Gedanken sucht und nicht jede Minute 10 abweiset.
Das System, das ein großer Mann erfunden, können Kleine nicht verteidigen; auch zum letzteren gehört ein Großer.
Schlimme Leute befinden die guten am ersten falsch, weil diese jene nicht bei andern billigen können.
Einem Gelehrten fehlt immer etwas, entweder die Farbe, oder der Atem, oder die peristaltische Bewegung, oder der Magensaft, oder der sogenannte gesunde Verstand.
Die 11. Gefälligkeit für den, dem du 10 erwiesen hast, ist die Gelegenheit, dir eine zu vergelten.