Zitate von Jean Paul
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Warum soll die Natur mit Untergängen geizen, da sie mit Aufgängen und Schöpfungen wuchert?
Gefühle sind Sterne, die bloß bei hellem Himmel leuchten; aber die Vernunft ist die Magnetnadel, die das Schiff noch ferner führt, wenn jene auch verborgen sind und nicht mehr leuchten.
Die Schwachheiten großer Menschen werden von kleinen so leicht erraten als die der Lehrer von Kindern.
Keine Zeit ist mit der Zeit zufrieden, das heißt: Die Jünglinge halten die künftige für idealer als die gegenwärtige, die Alten, die vergangene.
Den Verstand, Witz etc. des andern (Ehe) kriegt man satt, nie sein gutes Herz: nur dieses ist unerschöpflich.
Ein Werk mit lauter Anfangsbuchstaben ist gedruckt schwer zu lesen: so ein Leben voller Sonntage.
Selige Stunden, welche auf die Versöhnung der Menschen folgen! Die Liebe ist wieder schüchtern und jungfräulich, der Geliebte neu und verklärt, das Herz feiert seinen Mai und die Auferstandenen vom Schlachtfelde den vorigen, vergessenen Krieg nicht.
Der Mensch weint oft im Schlafe; wenn er erwacht, weiß er kaum, daß er Thränen hatte. Dafür halte das Leben! Im zweiten weißt du nicht mehr, daß du im ersten geweint.
Manche Menschen verstecken, wie viele indische Bäume, unter äußern Stacheln und dornigem Laub die weiche, kostbare Frucht des menschenfreundlichen Herzens.
Wenn man beim Erzählen eines fremden Scherzes selbst sehr lacht, so gewinnt er; bei dem eines eignen, so verliert er.
Und ich ging ihm entgegen, und unter dem freien Himmel lag ich endlich an seinem Mund und an seiner Brust, und ich konnte vor erstickender Freude kaum sprechen und nur weinen.
Über nichts machen wir wohl größere Fehlschlüsse und Fehltritte als über die weibliche Heiterkeit.
Es ist nicht halb so ungesund, Philosophie zu lehren, als zu lernen, e(ine) Philos(ophie) zu machen als zu lesen.
Ein berühmter Autor und ein Fürst brauchen nur zu reden, nicht gut zu reden, um zu gefallen.
Der Mensch dankt desto weniger für fremde Geschenke, je geneigter er ist, eigene zu machen; und der Freigebige ist selten ein Dankbarer.
Wenn die Wünsche und die Lagen des Menschen sich miteinander umkehren: so klagt er doch wieder die Lagen, nicht die Wünsche an.
Wartet nicht auf außergewöhnliche Umstände, um Gutes zu tun. Tut es unter normalen Umständen.
O selig, selig ist der, dem Gott eine große Idee beschert, für die er allein lebt ud handelt, die er höher achtet, als seine Freuden, die immer jung und und wachsend ihm die Eintönigkeit des Lebens verbirgt.
In jeder Zeit ist Krieg, wenn nicht körperlicher, doch geistiger, und körperliche Siege fordern geistige heraus.
Jahre und Geschäfte, juristische vollends, ach das Leben selber ziehen den Menschen immer weiter herab, anfangs aus dem Äther in die Luft, dann aus der Luft auf die Erde.
Die Leidenschaften, sagt Plato, sind die Pferde am menschlichen Wagen; o und wie leicht schwingt sich ein Weib auf den Kutschbock, um spazieren zu fahren!
Erstlich zur Seltenheit muß man sich machen, und damit man es bleibe in der Gesellschaft, zuweilen hintereinander keine Seltenheit sein.
Eheweiber sind scharfsichtig, wenn ein Mensch sich den Ehemännern empfehlen will, und diese, wenn ein Mensch sich der Frau.
Sprache-Lernen ist etwas Höheres als Sprachen-Lernen; und alles Lob, das man den alten Sprachen als Bildungmitteln erteilt, fällt doppelt der Mutter-Sprache anheim, welche noch richtiger die Sprach-Mutter hieße.
Die Worte des Ehemanns wirken höchstens auf die Ehefrau, wenn er sie einer fremden vorsagt.
Die Liebe ist eine angeborne, aber verschieden ausgeteilte Kraft und Blutwärme des Herzens; es gibt kalt- und warmblütige Seelen, wie Tiere.
Die Weiber lieben die Stärke, ohne sie nachzuahmen; die Männer die Zartheit, ohne sie zu erwidern.
Das Große, das Göttliche, das du in deiner Seele hast, suche auf keinem Sonnenkrater, auf keinem Planetenboden. Die ganze weite Welt, das ganze Elysium, Gott selbst, erscheinen dir an keinem andern Ort als mitten in dir.