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Es ist auf der Erde schwer, Tugend, Freiheit und Glück zu erwerben, aber es ist noch schwerer, sie auszubreiten; der Weise bekömmt alles von sich, der Tor alles von andern.
Jean PaulDie Geschichten, die man in der Kindheit las, nehmen etwas vom Zauber unserer eignen Kindheit an.
Jean PaulWer auf den blumigen Höhen der Menschheit doch kein Glück erreicht, der ist, wenn er ohne Gott im Innern ist, hilfloser als der Niedrige, der wenigstens in der Anklage seiner tiefen Stellung die Hoffnung der Verbesserung sucht.
Jean PaulJede unangenehme Empfindung ist ein Zeichen, daß ich meinen Entschlüssen untreu werde.
Jean PaulGäb es für das Herz nichts als den Augenblick, so dürftest du sagen: um mich und in mir ist alles leer; aber liegt da nicht die lange Vergangenheit hinter dir und wächst täglich, und die Zukunft steht vor dir, und deinen Winter umschließt ein Frühling und ein Herbst.
Jean PaulDie Wettergespräche [kommen] nicht von Langweile, sondern weil der Mensch immer eine starke fortdauernde Empfindung mit Worten äußern und geben will - wäre Krieg, so gäb's Kriegsgespräche.
Jean PaulBedeutende Menschen, die uns aber böse geschildert worden, nehmen uns, da wir ihnen stets ein unmoralisches Äußeres dazu liehen, stets bei der ersten Bekanntschaft ein wenig ein.
Jean PaulSie sehen nur darauf, daß man sich bei ihnen entschuldige, nicht wie.
Jean PaulErziehung und Unterricht treiben aus uns schöne Keime, als sollten wir zu Griechen erwachsen; später nimmt uns statt des Gärtners der Braumeister, der Staat, in Empfang.
Jean PaulDer kalte Mensch - immer, in Wahrheit - ist viel seltner als man glaubt.
Jean PaulDie Erinnerung ist der Nachsommer der menschlichen Freuden.
Jean PaulIm Urteil über andere spricht der Mensch sich immer sein eigenes.
Jean PaulWenn man zuviel wichtige Dinge zu sagen hat, fängt man mit den unwichtigen an.
Jean PaulEine Frau, die immer lieben könnte, würde nie veralten.
Jean PaulFreiheit gibt Witz (also Gleichheit mit) und Witz gibt Freiheit.
Jean PaulDie Mutter wird stärker vom Söhnchen als vom Vater beherrscht.
Jean PaulWahrlich, ich hab' oft den Wunsch getan - und nachher ein Gemälde daraus gemacht -, ich möchte dabeistehen können bei allen Aussöhnungen in der Welt, weil uns keine Liebe so tief bewegt als die wiederkehrende.
Jean PaulIn unsern Gesprächen verweilen wir bei einem witzigen Gedanken und bestreiten den ernsthaften, anstatt es umzukehren.
Jean PaulDie Menschen aber vergeben lieber Pasquill als Satire, lieber Verleumdung als Ermahnung, lieber Spotten über Orthodoxe und Aristokraten als Vernünfteln darüber.
Jean PaulDer Wirt ist stets aufrichtiger als der Gast.
Jean PaulMan tadelt den eignen Hund, der an jedem Fremdling aufhüpft, liebt es aber, wenn es uns geschieht; so hassen wir unsern Schmeichler nicht so sehr als einen fremden.
Jean PaulUm die Menschen recht zu lieben, muß man sie immer aus einem noch höhern Punkt als dem unserer Verhältnisse (der Freundschaft etc.) ansehen, nämlich aus dem der Menschheit oder Moralität.
Jean PaulWeiber hassen den selten, den sie verläumden - sie denken nichts Böses dabei, wenn sie es sagen.
Jean PaulUm Genies in der Kindheit zu beobachten, müßte man erst wissen, wer eines wird; denn erst hinterher macht man spätere Erlebungen zu frühern Erfahrungen.
Jean PaulEin Autor bringt sich darum nicht ganz in seinen Roman, weil er eine Menge Züge von sich übriglassen muß, um sie andern Leuten darin zu leihen.
Jean PaulFehler aus relativen Schlüssen: z. B. das Übel und den Wert eines Menschen verkleinern, indem man beide mit größern vergleicht.
Jean PaulBleibe treu deinem Herzen und deinem Gott, der es schuf, und waffne deinen Mut nicht gegen dich, sondern für dich.
Jean PaulJe älter man wird, desto mehr schätzt man Ordnung.
Jean PaulWenn man bezahlt wird, denkt man, man arbeitete zu wenig - wenn man arbeitet, man bekomme zu wenig.
Jean PaulJedes Ich ist Persönlichkeit, folglich geistige Individualität.
Jean PaulNichts ist gefährlicher, als sich verliebt zu stellen, man wird's sogleich darauf.
Jean PaulEs gibt eine Zeit in der Jugend, wo - wegen der Kraft etc. - uns der Skeptizismus gefällt, der uns nachher, näher am Grabe, peinigt.
Jean PaulIn der Liebe wird der Ernst der Jungfrau bezaubern; in der Ehe, die selber ein langer Ernst ist, möchte leichtes Scherzen und Bescherzen der Welt besser einschlagen.
Jean PaulSchwerlich kennt die Frau unter der Liebe etwas größers als die Liebe - der Mann kennt mitten darunter noch seine Lieblingsarbeit, seine Philosophie als das Größere. Bei ihr ist sie Ziel; bei uns ist sie Spaliergewächs an den Schranken zum Ziel.
Jean PaulSo fasse du meine Hand und lass uns nicht nur gut sein, sondern auch froh.
Jean PaulWieviel ist Jurisimprudenz in der Jurisprudenz, ausgenommen bei Unrechtsgelehrten!
Jean PaulDer Wegreisende glaubt stets, weiter zu sein als der Dableibende.
Jean PaulMädchen hängen an einem Herzen, Knaben an vielen Köpfen.
Jean PaulDas Schlimmste, was mittlere Trunkenheit hat, ist das Streben nach größerer.
Jean PaulÜberhaupt halte ich die beständige Rücksicht, die wir in allen unsern Handlungen auf fremde Urteile nehmen, für das Gift unsrer Ruhe, unsrer Vernunft und unsrer Tugend.
Jean PaulHeiterkeit hat nur der Mensch, Genuß das Tier.
Jean PaulDer Humor, als das umgekehrt Erhabene, vernichtet nicht das Einzelne, sondern das Endliche durch den Kontrast mit der Idee.
Jean PaulDerselbe Mann, der mich besucht, zeigt sich ganz anders, als wenn ich ihn besuche. Beide Verhältnisse geben erst den Durchschnitt eines Charakters. Ja wieder anders zeigt er sich im Begegnen auf der Reise, wo er weder Gast noch Wirt ist, sondern nur Erdenbürger.
Jean PaulDie verschiedenen Erden und Nebenerden über und um uns sind nur entferntere Weltteile; der Mond ist nur ein kleineres entlegneres Amerika, und der Äther ist das Weltmeer.
Jean PaulWer nichts getragen, lernt nichts ertragen.
Jean PaulDie Blumen der Freude im Herbst des Alters geruchlos; des Frühlings in der Jugend vielleicht giftig, die der Mitte recht.
Jean PaulNicht der äußere Mensch, aber der innere hat Spiegel nötig. Man kann sich nicht anders ganz sehen, als im Auge eines fremden Sehers.
Jean PaulSo viele fingen mit der Liebe an, mit der sie wirken wollten, und mußten aufhören mit der Furcht, die sie gaben.
Jean PaulDas Leben fängt, wie das griechische Drama, mit Possen an.
Jean PaulDie Satire bessert selten. Darum sei sie nicht bloß lächelnd, sondern bitter, um die Toren, die sie nicht bessern kann, wenigstens zu bestrafen.
Jean Paul