Zitate von Jean Paul
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Ein Mensch kann so wenig den ganzen Geschmack haben als ein Mensch die Wahrheit – die Menschheit hat beides.
Schoppe wurde ohnehin von wenigen lange geliebt, weil wenige einen ganz freien Menschen erdulden.
Es gibt eine Heiligkeit, die nur die Leiden schaffen und läutern; der Strom des Lebens wird schneeweiß, wenn ihn Klippen zersplittern.
Zuviel Enthusiasmus in der Tugend macht auf den folgenden Augenblick desto kälter und schadet also.
Wenn der andre ein wenig Genie zeigt, so werden wir neidisch und ungerecht gegen ihn sein; wenn er aber uns zu sehr übertrifft, nicht.
Alle Männer sind doch irgendwo Pedanten, die guten in der sogenannten Moralität […] – Kantische Maximen, breite weite Fächer, Prinzipien müssen sie alle haben.
Die Jugend ist enthusiastisch, der Mann nicht. Nur der Blüte schadet die Kälte, nicht der Frucht.
Ein berühmter Autor sollte auch Sätze, die andere gesagt, wiederholen, um der Wahrheit sein Gewicht hinzuzutun.
Die Blumen der Freude werden auch leider meistens aus Samt, Eisendraht und mit dem Formeisen gemacht.
Wahre Manager haben für jedes Problem eine Lösung, richtige Juristen für jede Lösung ein Problem.
Nie vergesse der Dichter über der Zukunft, die ihm eigentlich heller vorschimmert, die Forderungen der Gegenwart und also des nur an diese angeschmiedeten Lesers.
Man hört immer von Leuten, die vor lauter Liebe den Verstand verloren haben; aber es gibt auch viele, die vor lauter Verstand das Herz verloren haben.
Alles Erste bleibt ewig im Kinde, die erste Farbe, die erste Musik, die erste Blume malen den Vorgrund seines Lebens aus.
Der Instinkt oder Trieb ist der Sinn der Zukunft; er ist blind, aber nur, wie das Ohr blind ist gegen Licht und das Auge taub gegen Schall.
Es gibt Menschen und Zeiten, wo einen rechtschaffenen Mann nichts mehr erquicken könnte, als – Prügel, die er gäbe.
Die meisten Ehekriege kommen nicht davon, daß man die Wahrheit sagt, sondern daß man sie, unbekümmert um jede Zeit, sogleich sagt.
Man kann einen seligen, seligsten Tag haben, ohne etwas anders dazu zu gebrauchen, als blauen Himmel und grüne Frühlingserde und – wenn es hoch steigt – ein Almosen, das man gibt.
Man unterlässet zu viel Gutes, weil der Nutzen, und begeht so viel Böses, weil der Schaden zweifelhaft ist.
Nichts ist auf der sakramentalischen Lumpen-, Ruinen-, Kinder- und Lappalien-Erde groß und unerschöpflich als: Menschen lieben. Kenntnisse und Talente sind etwas, doch aber Hundfötter, um fein zu sprechen.
Die Erde wird bloß von Menschen verändert, die nicht von ihr verändert werden; die Menschheit empfing alle ihre akademischen Grade nur aus der Hand einzelner exzentrischer Geister-Regenten. Die Menge konnte die Menge nicht bilden, so wie die Hunde keinen abrichten.
Wie nahe liegt in unserm Leben, wie auf den Alpen, unser Sommer neben unserm Winter; wie klein ist der Schritt aus unsern Blumengärten in unsere Eisfelder!
O du geliebtes Bayreuth, in das ich wie in einen Himmel fuhr und in dem ich jede Minute verschlang, aus Furcht, sie fliege ungenossen vorüber -, besuche mich in meinen Höfer Träumen und spiegle dich in ihnen mit deinen Gegenden und Einwohnern ab wie der Himmel im klaren Bach.
Man schämt sich eines Sprachfehlers mehr als eines Denkfehlers – eines Gedächtnisfehlers mehr als eines Schluß-Fehlers.
Man denkt beim Spotten und Widerlegen mehr daran, es denen, die schon auf unserer Seite, deutlich zu machen, als den Widersachern.
Gelehrsamkeit auch darum so imponierend, weil man sie sich nicht durch eine willkürliche Anstrengung ersetzen (verschaffen) kann als das Gefühl, Genieblick usw.
Nicht durch Angreifen, sondern durch Behaupten zeigt man die eigne Kraft und Individualität am besten. Bei jenem muß man sich zu sehr nach den andern richten und verliert bei Sieg und Niederlage.
Setzet alle, die ihr eine Ernte wollt, eine Hoffnung nicht bloß voraus, sondern handelt nach ihr, so erfüllt sie sich eben.
Man glaubt oft, man könne nicht gut sprechen, da einem doch nichts fehlt als der Stoff zu sprechen.
Wie Wirtschafter im Nebel am fruchtbarsten zu säen glauben, so fällt ja die erste Aussaat in den ersten und dicksten Nebel des Lebens.
Allein obgleich der Geist der Erziehung – überall das Ganze meinend – nichts ist als das Bestreben, den Idealmenschen, der in jedem Kinde umhüllt liegt, frei zu machen durch einen Freigewordenen.
Ich hab‘ es schon gesagt, daß nichts das Seelen- und Rückenmark mehr aus einem Menschen presset, als wenn ihm sein Unglück kein Handeln vergönnt.
Jede Genesung ist eine Wiederbringung und Palingenesie unserer Jugend: man liebt die Erde und die, die darauf sind, mit einem neuen Herzen.
O Kindheit, Jugend! Wie viel hat man, eh‘ man etwas ist! – Und wie kehrt sich nachher alles um!
Das schöne am Frühling ist, daß er immer dann kommt, wenn man ihn am dringendsten braucht.