Zitate von Jean Paul
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Einer kann stets sein Wort halten, seine Vorsätze ausführen und doch veränderlich sein; er führt nämlich nur die gesagten aus; aber in den gedachten ist er veränderlich; und niemand weiß es.
Nichts ist gefährlicher, als zwei Menschen auszusöhnen – man müßte denn der eine selber sein; sie zu entzweien, ist viel sicherer und leichter.
Das Spiel ist die erste Poesie des Menschen […]; folglich bildet das Spiel alle Kräfte, ohne einer eine siegende Richtung anzuweisen.
Für das Kind ist jedes Stück Holz ein lackierter Blumenstab an welchem die Phantasie hundertblättrige Rosen aufstengeln kann.
Dass du gewiss in Bayreuth selig sein wirst, so sehr sind dessen Häuser und Berge zu loben.
Wenn in euerer letzten Stunde […] alles im gebrochenen Geiste abblüht und herabstirbt, Dichten, Denken, Streben, Freuen: so grünt endlich nur noch die Nachtblume des Glaubens fort und stärkt mit Duft im letzten Dunkel.
Den heillosen Kipperinnen und Wipperinnen der Kindheit haben wir ebenso viele lahme Beine, als lahme Herzen zu verdanken, den – Mägden und Ammen. Ich wollte lieber, diese Unholdinnen erzöghen uns im zweiten Jahrzehnt, als im zweiten Jahr.
Es ist Eitelkeit, wenn man denkt, gute Bücher nützen nicht; wir bilden uns ein, andre könnten nicht den Epiktet so gut nützen wie wir.
Wie anders sind die Leiden des Sünders als die der Frommen! Jene sind eine Mondfinsternis, durch welche die schwarze Nacht wilder und schwärzer wird; diese sind eine Sonnenfinsternis, die den heißen Tag abkühlt und romantisch beschattet…
Die letzte und beste Frucht, die spät in einer immer warmen Seele zeitigt, ist Weichheit gegen den Harten, – Toleranz gegen den Intoleranten, – Wärme gegen den Egoisten, und Menschenfreundschaft gegen den Menschenfeind.
In Frauenzimmern wird man oft aus Langeweile verliebt – man weiß nichts anderes mit Ihnen anzufangen.
Der Mensch wäre auf der Erde eitel Asche und Spielwerk und Dunst, wenn er nicht fühlte, daß er es wäre. O Gott, dieses Gefühl ist unsere Unsterblichkeit!
Eine Frau kann einem die Achtung für ihr Geschlecht einflößen, aber mehrere auf einmal vermindern sie.
An gewissen verstellten Menschen ist nichts so unerträglich als ihre halb un- und halb willkürliche Herzlichkeit.
Die Männer haben im Zorn mehr Mitleid, die Weiber vor- und nachher. Habt ihr je eine Frau mitten im Zorne einhalten sehen?
Der Professor schreibt seine Lektionszettel flüchtig, weil er seine Unabhängigkeit von Studenten zeigen will.
Je höher die Stände, desto mehr hat der Mann zu tun und desto weniger die Frau. Der König muß doch wenigstens bedenken und unterschreiben. Die Königin lebt von ihm. In untern Ständen ist es wie bei Wilden fast umgekehrt.
Kann ich nicht ein sehr begünstigter Liebhaber sein, der den Sonnenkörper einer Geliebten den ganzen Tag im Himmel ziehen sieht und hinaufschauet und ruft: ich sehe nur dein Sonnen-Auge, aber es genügt?
Die Männer machen sich von großen Männern eben jene romanhaften Vorstellungen als die Mädchen von ihren künftigen Romanhelden.
Ein anderes ist der Mut, d(er) Gefahr nicht zu achten, ein anderes, sie nicht zu sehen, zu verachten, ihr zu trotzen.
Wir sind begieriger, fremde Menschen zu observieren und auszuspähen als tägliche und nahe.
O wie mir dieses blankgescheuerte Blei der polierten Alltäglichkeit, dieses destillierte Wasser, dieser geschönte Landwein ein Greuel ist!