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Die Frau fühlt sich, aber sieht sich nicht; sie ist ganz Herz, und ihre Ohren sind Herz-Ohren. Sich selber und was dazu gehört, nämlich Gründe anzuschauen, wird ihr zu sauer.
Jean PaulMan liebt viel stärker, wenn man eine Freude zu machen vorhat, als eine Stunde darauf, wenn man sie gemacht hat.
Jean PaulSo viel zu geben hat man: Ein Lächeln, ein liebes Wort eine kleine Zuwendung. Dem einen bedeutet's nichts - dem anderen jedoch alles!
Jean PaulMan muß über die Freuden des Lebens nicht viel reflektieren, so wie über die Schönheiten eines guten Gedichts, man genießet beide besser, ohne sie zu zählen oder zu zergliedern.
Jean PaulWir sind Tiere in einem Glase, wir halten die durchsichtige Schranke für keine und stoßen immer daran.
Jean PaulHunger und Sättigung herrschen in vermischter Regierungsform über die Welt - alle Stände haben wenig, wollen viel.
Jean PaulWenn der andere sich mit allen seinen Fehlern, die er noch besser kennt als ich, erträgt, warum sollte ich ihn nicht ertragen?
Jean PaulSolange das Wort Gottes in einer Sprache noch dauert und tönt, so richtet es das Menschenauge nach oben auf.
Jean PaulAch möcht' es mein Titan so klar darstellen, als es in mir steht, daß die ganze idealische Welt vom innern, nicht vom äußern Menschen betreten und beschauet werden kann.
Jean PaulDie bloße, nackte Wahrheit wird für die meisten Unwahrheit; durch ihr Kleid wird sie wahrer.
Jean PaulAußer der Einsamkeit macht nichts so stolz als eine Gesellschaft, die sich immer untereinander lobt.
Jean PaulEitelkeit ist darum so schwer abzulegen, weil man sie, unter allen Lastern allein, den ganzen Tag genießen kann.
Jean PaulDie Weiber sind so verschieden von uns, daß der erfahrenste Mann immer noch 3 Zeiten durchgeht, wo er sie 1) über, 2) neben, 3) unter sich setzt.
Jean PaulDie Damen sind allein schuld; sie wollen zu lange, oft ganze Wochen, ganze Monde geliebt werden. Dergleichen geht über unsere Kräfte.
Jean PaulLesen heißt in die Schulklasse oder den Armensäckel einsammeln; Schreiben heißt eine Münzstätte anlegen; aber der Prägestock macht reicher als der Klingelbeutel.
Jean PaulIch kenne nämlich für Kinder in den ersten Jahren kein wohlfeileres, mehr nachhaltendes, beiden Geschlechten angemessenes, reines Spielzeug als das, welches jeder in der Zirbeldrüse (einige in der Blase) und die Vögel im Magen haben - Sand.
Jean PaulKinder und Uhren dürfen nicht ständig aufgezogen werden: man muß sie auch mal gehen lassen.
Jean PaulDas Weltleben schleift alles Große am Menschsein weg, wie das Wetter an Statuen und Leichensteinen gerade die erhabenen Teile wegnagt.
Jean PaulManche Dichter geraten unter dem Malen schlechter Charaktere oft so ins Nachahmen derselben hinein, wie Kinder, wenn sie träumen zu pissen, wirklich ihr Wasser lassen.
Jean PaulLasset das Unkraut der Verdrießlichkeit nicht wuchern, sondern reißet es aus - und säet es nie.
Jean PaulNoch dazu schauete Viktor immer [...] zu Emanuels offnem Fenster und ließ sich ein Lächeln von ihm wie eine laufende Welle voll Licht herunterwehen.
Jean PaulEine lange Zeit lernt man darum die Menschen nicht kennen, weil man sie überall für besser hält als sich.
Jean PaulEin Mensch, dem zu lang die Liebe verweigert worden ist, findet dann in einer wirklichen zu wenig Reiz, aus Mangel an Verweigern.
Jean PaulMan fragt den anderen meistens um Rat, nicht weil man nicht weiß, was man tun soll, sondern weil man es eben weiß, aber ungern tut und vom Ratgeber eine Hilfe für die leidende Neigung erwartet.
Jean PaulDas Lob ist ein sanfter Ton, welcher zum Tragen unangemessener Lasten mehr stärkt, als die Drohung nur gewöhnliche aufbürden darf.
Jean PaulDer Mensch ist frei und ohne Grenze nicht in dem, was er machen oder genießen, sondern in dem, was er entbehren will; alles kann er, wenn er will, entbehren wollen!
Jean PaulDie Tat, die Mimik, das Schweigen lügen öfter als die Zunge, welche der Mensch, solange er nur kann, vom häßlichen Belegen der Lüge - als ein Krankheitzeichen des innern Menschen - rein zu bewahren sucht.
Jean PaulDas heimliche häusliche Wort, das der Vater seinen Kindern sagt, wird nicht vernommen von der Zeit; aber, wie in Schallgewölben, wird es an dem fernen Ende laut und von der Nachwelt gehört.
Jean PaulDie Verstellung und Eitelkeit durchgreift manche so, daß sie unbewußt es tun und es nicht mehr anders machen können.
Jean PaulDer aus dem gemeinen kriechenden Stand Emporgekommene will stolz sein und kann es nicht, und ihm entfährt immer Höflichkeit gegen die alten Gegenstände.
Jean PaulDas All ist das höchste, kühnste Wort der Sprache und der seltenste Gedanke: denn die Meisten schauen im Universum nur den Marktplatz ihres engen Lebens an, in der Geschichte der Ewigkeit nur ihre eigene Stadtgeschichte.
Jean PaulDie feinste Politik, sagt man, sei pas trop gouverner (nicht zu sehr lenken). Das gilt auch für die Erziehung.
Jean Paul