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Alles Lyrische muß im Ganzen sehr vernünftig, im Einzelnen ein bißchen unvernünftig sein.
Johann Wolfgang von GoetheDie christliche Religion ist ein mächtiges Wesen für sich, woran die gesunkene und leidende Menschheit von Zeit zu Zeit sich immer wieder emporgearbeitet hat. Und indem man ihr diese Wirkung zugesteht, ist sie über aller Philosophie erhaben und bedarf von ihr keiner Stütze.
Johann Wolfgang von GoetheIhr meint, ich hätt mich gewaltig betrogen; habs aber nicht aus den Fingern gesogen.
Johann Wolfgang von GoetheEs gibt Menschen, die auf die Mängel ihrer Freunde sinnen; dabei ist nichts zu gewinnen. Ich habe immer auf die Verdienste meiner Widersacher acht gehabt und davon Vorteil gezogen.
Johann Wolfgang von GoetheIch kenne kein anderes Bestreben, als mich selbst, nach meiner Weise, soviel als möglich auszubilden, damit ich an dem Unendlichen, in das wir gesetzt sind, immer reiner und froher Anteil nehmen möge.
Johann Wolfgang von GoetheMan schmeichelt sich ins Leben hinein, aber das Leben schmeichelt uns nicht.
Johann Wolfgang von GoetheEine eklektische Philosophie kann es nicht geben, wohl aber eklektische Philosophen.
Johann Wolfgang von GoetheWas aber geschrieben steht, es steht deswegen da, damit es immerfort erfüllt werde.
Johann Wolfgang von GoetheEin Schauspielhaus nämlich kann leer nicht beurteilt werden, es mag angelegt und verziert sein, wie es will, so ist ein zahlreiches Publikum doch die beste Zierde.
Johann Wolfgang von GoetheMan schreibt sonst den Gerüchen die besondere Kraft zu, Erinnerungen zu wecken: Musik und Gesang wirken ebenso nachdrücklich in der gleichen Richtung.
Johann Wolfgang von GoetheDer gründliche Bettler soll eine Art von König sein. Armut gibt Verwegenheit. Irdische Güter und ihren Wert nicht anzuerkennen, nichts oder wenig davon zu verlangen, ist sein Entschluß.
Johann Wolfgang von GoetheDu hast dem Büchlein Sorgfalt und Sinn abgefühlt, die ich ihm gewidmet und verliehen habe; es ist in dem lieben Deutschland verschollen und mit vielem andern Guten und Nützlichen von den Sandweben des Tags zugedeckt, wird aber immer doch wieder einmal wie der Bernstein ausgeschwemmt oder gegraben.
Johann Wolfgang von GoetheDem tätigen Menschen kommt es darauf an, daß er das Rechte tue, ob das Rechte geschehe, soll ihn nicht kümmern.
Johann Wolfgang von GoetheJede große Idee, die als ein Evangelium in die Welt tritt, wird dem stockenden pedantischen Volke ein Ärgernis und einem Viel-, aber Leichtgebildeten eine Torheit.
Johann Wolfgang von GoetheWie die Pflanzen zu wachsen belieben, Darin wird jeder Gärtner sich üben; Wo aber des Menschen Wachstum ruht, Dazu jeder selbst das Beste tut.
Johann Wolfgang von GoetheDie Wirksamkeiten, auf die wir achten müssen, wenn sie wahrhaft gefördert sein wollen, sind: Vorbereitende, Begleitende, Mitwirkende, Nachhelfende, Fördernde, Verstärkende, Hindernde, Nachwirkende.
Johann Wolfgang von GoetheNatur ist Sünde, Geist ist Teufel, sie hegen zwischen sich den Zweifel, ihr mißgestaltet Zwitterkind.
Johann Wolfgang von GoetheEin Lump bleibt freilich ein Lump, und eine kleinliche Natur wird durch einen selbst täglichen Verkehr mit der Großheit antiker Gesinnung um keinen Zoll größer werden.
Johann Wolfgang von GoetheIch ging, du standst und sahst zur Erden, Und sahst mir nach mit nassem Blick: Und doch: Welch Glück, geliebt zu werden, und lieben, Götter welch ein Glück.
Johann Wolfgang von GoetheBegreiflich ist jedes Besondere, das sich auf irgendeine Weise anwenden lässt. Auf diese Weise kann das Unbegreifliche nützlich werden.
Johann Wolfgang von GoetheBeschränkt und unerfahren, hält die Jugend sich für ein einzig auserwähltes Wesen, und alles über alle sich erlaubt.
Johann Wolfgang von GoetheWie die Flamme, die nun den Holzstoß recht ergriffen, verzehrt die Zeit das Alter schneller als die Jugend.
Johann Wolfgang von GoetheDer Purist. Sinnreich bist du, die Sprache von fremden Wörtern zu säubern, nun so sage doch, Freund, wie man Pedant uns verdeutscht.
Johann Wolfgang von GoetheMan wird mir gerne zugeben, dass alle natürlichen Dinge in einem genauen Zusammenhange stehen, dass der forschende Geist sich nicht gerne von etwas Erreichbarem ausschließen lässt.
Johann Wolfgang von GoetheSich im Respekt zu erhalten Muss man recht borstig sein. Alles jagt man mit Falken, Nur nicht das wilde Schwein.
Johann Wolfgang von GoetheWas den Effekt betrifft, so würde ein Neuer, der für Neue arbeitet, immer dabei im Vorteil sein, weil man ohne pathologisches Interesse wohl schwerlich sich den Beifall der Zeit erwerben wird.
Johann Wolfgang von GoetheO Welt, vor deinem häßlichen Schlund wird guter Wille selbst zunichte. Scheint das Licht auf schwarzen Grund, so sieht man nichts mehr von dem Lichte.
Johann Wolfgang von GoetheO Freiheit süß der Presse! Kommt, laßt uns alles drucken, Und walten für und für; Nur sollte keiner mucken, Der nicht so denkt wie wir.
Johann Wolfgang von GoetheDas Auge hat sein Dasein dem Licht zu danken. Aus gleichgültigen tierischen Hilfsorganen ruft sich das Licht ein Organ hervor, das seinesgleichen werde, und so bildet sich das Auge am Lichte fürs Licht, damit das innere Licht dem äusseren entgegentrete.
Johann Wolfgang von GoetheDer herrliche Kirchengesang: Veni Creator Spiritus ist ganz eigentlich ein Appell ans Genie; deswegen er auch geist- und kraftreiche Menschen gewaltig anspricht.
Johann Wolfgang von GoetheUnd so gewohnt, für andere zu leben, schien Mühe nur ihm Fröhlichkeit zu geben.
Johann Wolfgang von GoetheWelche Vorteile gewährt die doppelte Buchhaltung dem Kaufmanne! Es ist eine der schönsten Erfindungen des menschlichen Geistes, und ein jeder gute Haushalter sollte sie in seiner Wirtschaft einführen.
Johann Wolfgang von GoetheGewisse Bücher scheinen geschrieben zu sein, nicht damit man daraus lerne, sondern damit man wisse, daß der Verfasser etwas gewußt hat.
Johann Wolfgang von GoetheDas mächtigste Hirngespinst ist die öffentliche Meinung: Niemand weiß genau, wer sie macht, niemand hat sie je persönlich kennengelernt, aber alle lassen sich von ihr tyrannisieren!
Johann Wolfgang von GoetheDenn eben wo Begriffe fehlen, Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
Johann Wolfgang von GoetheDas Licht überliefert das Sichtbare dem Auge; das Auge überliefert's dem ganzen Menschen. Das Ohr ist stumm, der Mund ist taub; aber das Auge vernimmt und spricht. In ihm spiegelt sich von außen die Welt, von innen der Mensch. Die Totalität des Innern und Äußern wird durchs Auge vollendet.
Johann Wolfgang von GoetheDie Gabe der Dichtkunst hat das Eigne besonders darin, dass sie den Besitzer nötigt, sich selbst zu enthüllen.
Johann Wolfgang von GoetheDas Erlebte weiß jeder zu schätzen, am meisten der Denkende und Nachsinnende im Alter: er fühlt mit Zuversicht und Behaglichkeit, daß ihm das niemand rauben kann.
Johann Wolfgang von GoetheSie hatte in ihrem Leben genugsam einsehen gelernt, wie hoch jede wahre Neigung zu schätzen sei in einer Welt, wo Gleichgültigkeit und Abneigung eigentlich recht zu Hause sind.
Johann Wolfgang von Goethe