Karl Kraus Zitate
seite 12
Am Chauvinismus ist nicht so sehr die Abneigung gegen die fremden Nationen als die Liebe zur eigenen unsympathisch.
Karl KrausDer Künstler ist ein Diener am Wort.
Karl KrausDas eheliche Schlafzimmer ist das Zusammenleben von Roheit und Martyrium.
Karl KrausAuch hängt noch über mancher Bauerntafel ein Klumpen Zucker, an dem sie gemeinsam lecken. Ich möchte lieber dort eingeladen sein, als ein Konzert besuchen.
Karl KrausVon einer Fackel fällt hin und wieder etwas ab. Ein Klümpchen Pech.
Karl KrausDer Unsterbliche erlebt die Plagen aller Zeiten.
Karl KrausDer achtstündige Arbeitstag: das übrige gehöre der Kultur. Und ihr glaubt, daß sie auf das Geschäft eingehen wird?
Karl KrausEine Moral, welche aus der Gelegenheit ein Geheimnis gemacht hat, hat auch aus dem Geheimnis eine Gelegenheit gemacht.
Karl KrausEin Gedicht ist nur so lange gut, bis man weiß, von wem es ist.
Karl KrausWir waren kompliziert, die Maschine zu bauen, und wir sind zu primitiv, uns von ihr bedienen zu lassen. Wir treiben Weltverkehr auf schmalspurigen Gehirnbahnen.
Karl KrausSelbstbespiegelung ist erlaubt, wenn das Selbst schön ist. Sie erwächst zur Pflicht, wenn der Spiegel gut ist.
Karl KrausEin heutiges Kind lacht den Vater aus, der ihm von Drachen erzählt. Es ist notwendig, daß das Gruseln ein obligater Gegenstand wird; sonst lernen sie es nie.
Karl KrausSie sagte, sie lebe so dahin. Dahin möchte ich sie begleiten!
Karl KrausEin Original ist heute, wer zuerst gestohlen hat.
Karl KrausEben jenes Böse, welches das Christentum nicht bändigen konnte, aufzupeitschen, ist der Druckerschwärze gelungen.
Karl KrausDer Historiker ist nicht immer ein rückwärts gekehrter Prophet, aber der Journalist ist immer einer, der nachher alles vorher gewußt hat.
Karl KrausEs gilt, der Weltbestie Intelligenz, an deren Haß der Künstler stirbt, aber von deren Haß die Kunst lebt, den Genickfang zu geben.
Karl KrausMein Wunsch, man möge meine Sachen zweimal lesen, hat große Erbitterung erregt. Mit Unrecht; der Wunsch ist bescheiden. Ich verlange ja nicht, daß man sie einmal liest.
Karl KrausWas kann durch einen Weltkrieg entschieden werden? Nicht mehr, als dass das Christentum zu schwach war, ihn zu verhindern.
Karl KrausDer Dichter aber sah einen Rosenstock. Der sollte begossen werden. Dieses nannte der Dichter „satanische Irrlehren“. Es genüge, meinte er, daß man zu dem Rosenstock täglich betet: „Heiliger Rosenstock, adelig-mysteriöses Kunstwerk der Schöpfung!“
Karl KrausIn keiner Sprache kann man sich so schwer verständigen wie in der Sprache.
Karl KrausWohltätige Frauen sind oft solche, denen es nicht mehr gegeben ist, wohlzutun.
Karl KrausBespiegelung ist der Schönheit unerläßlich und dem Geist.
Karl KrausDie intellektuelle Presse macht dem Schwachsinn des Philisters Mut und erhebt Plattheit zum Ideale.
Karl Kraus„Gehn’s, san’s net fad!“, sagt der Wiener zu jedem, der sich in seiner Gesellschaft langweilt.
Karl KrausEine neue Erkenntnis muß so gesagt sein, daß man glaubt, die Spatzen auf dem Dach hätten nur durch einen Zufall versäumt, sie zu pfeifen.
Karl KrausFrüher war ich oft amoralisch entrüstet. Aber die Sittlichkeit nimmt rings überhand, und man gibt es auf.
Karl KrausRaum ist in der kleinsten Hütte, aber nicht in der selben Stadt für ein glücklich liebend Paar.
Karl KrausEs ist nicht Sitte, eine Frau zu heiraten, die vorher ein Verhältnis gehabt hat. Aber es ist Sitte, mit einer Frau ein Verhältnis zu haben, die vorher geheiratet hat.
Karl KrausEin rechter Krieg wäre erst, wenn nur die, die nicht taugen in ihn geschickt würden.
Karl KrausKosmetik ist die Lehre vom Kosmos des Weibes.
Karl KrausDas beste Deutsch könnte aus lauter Fremdwörtern zusammengesetzt sein, weil nämlich der Sprache nichts gleichgültiger sein kann als das Material, aus dem sie schafft.
Karl KrausBei manchen Schriftstellern steht das Werk für die Persönlichkeit. Bei anderen steht die Person fürs Werk.
Karl KrausDie Verbreitung der Lustseuche hat der Glaube bewirkt, dass die Lust eine Seuche sei.
Karl KrausLogik ist die Feindin der Kunst. Aber Kunst darf nicht die Feindin der Logik sein.
Karl KrausWirkung der Kunst ist ein Ding, das ohne Anfang ist und dafür ohne Ende.
Karl KrausEs war die Art des großen Komikers Knaack: Mit Scherz Entsetzen zu treiben.
Karl KrausIch spreche von mir und meine die Sache. Sie sprechen von der Sache und meinen sich.
Karl KrausDie Bildung hängt an seinem Leib wie ein Kleid an einer Modellpuppe. Bestenfalls sind solche Gelehrte Probiermamsellen des Fortschritts.
Karl KrausHerr, vergib ihnen, denn sie wissen, was sie tun!
Karl KrausDie wahren Wahrheiten sind die, die man erfinden kann.
Karl KrausDie Technik ist ein Dienstbote, der nebenan so geräuschvoll Ordnung macht, dass die Herrschaft nicht Musik machen kann.
Karl KrausIch habe, Gott sei Dank, oft übers Ziel und selten neben das Ziel geschossen.
Karl KrausIn Berlin gehen so viele Leute, daß man keinen trifft. In Wien trifft man so viele Leute, daß keiner geht.
Karl KrausPflichterfüllung ist tägliches Heldentum ohne Ordensverleihung.
Karl KrausEs ist schön, für eine Idee zu sterben. Wenn’s nicht eben die Idee ist, von der man lebt und an der man stirbt.
Karl KrausDas Virginitätsideal ist das Ideal jener, die entjungfern wollen.
Karl KrausDie Mädchen dieser Welt lassen sich in zwei Gruppen einteilen: in solche, die gefallen sind, und in solche, die nie gefallen haben.
Karl KrausGesellschaft: Es war alles da, was da sein muß und was sonst nicht wüßte, wozu das Dasein ist, wenn es eben nicht dazu da wäre, daß man da ist.
Karl KrausDas erotische Vergnügen ist ein Hindernisrennen.
Karl Kraus