Zitate von Khalil Gibran
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Wenn du das Tal sehen möchtest, steige auf den Berg. Willst du die Bergspitze erblicken, schwinge dich zur Wolke empor. Willst du jedoch die Wolke verstehen, schließe die Augen und denke nach.

Jenseits meiner Einsamkeit liegt eine andere Einsamkeit, und wer sie bewohnt, dem erscheint meine Einsamkeit wie ein bevölkerter Marktplatz und mein Schweigen wie lautes Stimmengewirr.

Ihr eßt in Eile, seid aber gemächlich, wenn ihr geht. Warum eßt ihr nicht mit den Füßen und geht auf den Händen?

Alles was ich auf dieser Welt sehe, höre, berühre und glaube, befindet sich in meinem eigenen Herzen.

Wenn du traurig bist, dann schau in dein Herz und du wirst erkennen, daß du weinst um das, was dir Freude bereitete.

Zärtlichkeit und Güte drücken nicht Schwäche und Verzweiflung aus, sondern sie sind Zeichen der Stärke und Entschlossenheit.

Alles Wissen ist vergeblich ohne die Arbeit. Und alle Arbeit ist sinnlos ohne die Liebe.

Die Neigungen des Herzens sind geteilt wie die Äste einer Zeder. Verliert der Baum einen starken Ast, so wird er leiden, aber er stirbt nicht. Er wird all seine Lebenskraft in den nächsten Ast fliessen lassen, auf dass dieser wachse und die Lücke ausfülle.

Warum hat man Dich zum König gemacht? wollte der Entblößte wissen. Der König antwortete: Weil ich der edelste Mann des Landes bin, haben sie mich zu ihrem König erkoren. Und der Entblößte erwiderte: Wenn du noch edler wärst, wärst du kein König.

Dinge, die man als Kind geliebt hat, bleiben im Besitz des Herzens bis ins hohe Alter. Das schönste im Leben ist, dass unsere Seelen nicht aufhören an jenen Orten zu verweilen, wo wir einmal glücklich waren.

Das Gestern ist nichts anderes als die Erinnerung von Heute und das Morgen der Traum von heute. Ist nicht die Zeit wie die Liebe, ungeteilt und ungezügelt? Laßt das Heute die Vergangenheit mit Erinnerung umschlingen und die Zukunft mit Sehnsucht.

Schafft Raum in euch und seid nicht beengt, und versucht bis zuletzt, euer größeres Selbst zu sein.

So, wie es zwischen Seele und Körper eine Verbindung gibt, ist auch der Körper mit seiner Umgebung verbunden.

Wie unsinnig ist es, auf die eine Seite eines Gebäudes einen Stein zu setzen und auf der anderen Seite eine Mauer niederzureißen!

Man sagt, man solle einen schlafenden Sklaven nicht wecken, er träume vielleicht von der Freiheit. Darauf erwidere ich, daß man ihn wohl wecken solle – um mit ihm über Freiheit zu sprechen.

Licht und Schatten Man muß durch die Nacht wandern, wenn man die Morgenröte sehen will.

Man darf nicht vergessen, daß es noch Höhlenbewohner gibt; und die Höhlen sind unsere Herzen.

Der, der Verstand hat, schreibt mir Verständnis zu und der Dumme Dummheit. Ich glaube, sie haben beide recht.

Liebe ist ein Wort des Lichtes, geschrieben von einer Hand des Lichtes auf eine Seite des Lichtes.

Lieber bin ich – voll von Hoffnungen – ein Träumer unter Knechten als ein Herr unter Traum- und Wunschlosen.

Vom Tod In der Tiefe eurer Hoffnungen und Wünsche liegt euer stilles Wissen um das Jenseits; Und wie Samen, der unter dem Schnee träumt, träumt euer Herz vom Frühling. Traut den Träumen, denn in ihnen ist das Tor zur Ewigkeit verborgen

Meine Beweiskraft überzeugt den Unwissenden, und das Argument des Klugen überzeugt mich. Doch dem, der weder weise noch töricht ist, kann ich nichts begreiflich machen, und auch er kann mir nichts beweisen.

Prüfe deinen gestrigen Kassenbericht, und du wirst sehen, daß du bei den Menschen und beim Leben noch verschuldet bist.

Ein Fuchs betrachtete bei Sonnenaufgang seinen Schatten und sprach: Heute mittag will ich ein Kamel verschlingen. Den ganzen Morgen suchte er nach Kamelen. Am Mittag betrachtete er wiederum seinen Schatten und sprach: Eine Maus wird auch genügen.

Gestern gehorchten wir noch Königen und verneigten unsere Häupter vor Imperatoren. Heute jedoch verneigen wir uns nur noch vor der Wahrheit, folgen nur der Schönheit und gehorchen nur der Liebe.

Und seit jeher war es so, dass die Liebe erst in der Stunde der Trennung ihre eigene Tiefe erkennt.

Begnüge dich nicht mit Halbheiten, denn wer sich mit einem leeren Krug auf die Quelle des Lebens stürzt, wird mit zwei vollen Krügen von dannen ziehen.

Die Schönheit ist ein Geheimnis, das unser Geist versteht, an dem er sich erquickt und unter dessen Eindruck er sich entfalten kann.

Ich verzichte auf alle Weisheit, die nicht weinen, auf alle Philosophie, die nicht lachen, auf alle Größe, die sich nicht beugen kann – im Angesicht von Kindern.

Wenn du zwischen zwei Übeln wählen mußt, nimm lieber das offensichtliche als das verborgene, auch wenn es größer als das andere erscheint.

Kurzsichtig ist der, welcher nur auf den Weg blickt, auf dem er geht, und auf die Wand, an die er sich lehnt.

Die Wirklichkeit eines anderen Menschen liegt nicht darin, was er dir offenbart, sondern in dem, was er dir nicht offenbaren kann. Wenn du ihn daher verstehen willst, höre nicht auf das, was er dir sagt, sondern vielmehr auf das, was er dir verschweigt.

Ich bedaure denjenigen, dessen Lippen und Zunge mit Worten des Lobes geizen, während seine Hand sich nach Almosen ausstreckt.

Laßt in eurem Miteinander Platz, daß der Hauch des Himmels zwischen euch spielen kann.