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Die Beamten von heutzutage sind in ihrer Amtsführung nachlässig und unordentlich, in Geldgeschäften habgierig. Ihren Einfluß beim Fürsten benützen sie zu ihrem persönlichen Vorteil. Als Führer der Leute sind sie träge und feig.
Lü BuweiDie Welt ändert sich, die Zeit wechselt, darum ist es gehörig, daß auch die gesetzlichen Ordnungen verändert werden.
Lü BuweiDas, worum die Menschen mit geringer Erkenntnis sich streiten, sind immer nur Äußerlichkeiten.
Lü BuweiDas Unglück derer, die nichts begreifen, ist, daß sie sich selbst für klug halten, so daß sie wahre Weisheit sicher nicht begreifen.
Lü BuweiWenn man die Reden der Leute verstopft, so ist das noch gefährlicher, als wenn man einen Fluß aufstaut. Wenn der Fluß eingedämmt wird, so zerreißt er die Dämme und er richtet um so größeren Schaden an.
Lü BuweiJedes große Ziel, auch wenn es nicht erreicht wird, bewirkt, daß wenigstens etwas erreicht wird.
Lü BuweiDer Edle muß im Leeren weilen und im Stillen wandeln und darf keine eigene Weisheit haben wollen, dann kann er alle Weisen auf Erden für sich gebrauchen.
Lü BuweiKälte und Hitze, Nässe und Trockenheit sind Gegensätze, und doch bringen sie in gleicher Weise den Menschen Nutzen. Es gibt nicht nur einen Weg, den Menschen zu nützen, man muß nur alles zu seiner Zeit tun.
Lü BuweiWer den Sinn erfaßt hat, ist ruhig. Wer ruhig ist, meidet das Wissen. Wer den Wert des Nichtwissens erkennt, mit dem kann man über den Weg des Fürsten reden.
Lü BuweiGlaubhafte Dinge nicht zu glauben und unglaubhafte Dinge zu glauben, das ist das Übel der Toren.
Lü BuweiDer Heilige kann die Zeit nicht machen, aber er kann in seinen Handlungen der Zeit entsprechen. Wenn die Handlungen der Zeit entsprechen, so ist der Erfolg groß.
Lü BuweiTreu zu sein in einer Zeit, da Ordnung herrscht, ist leicht, treu zu sein in einem verkehrten Geschlecht ist schwer.
Lü BuweiHört man die Worte, ohne die Gedanken zu erfassen, so kann man gerade so gut die entgegengesetzten Worte hören, und es kommt auf dasselbe hinaus.
Lü BuweiDer Pfeil ist schnell, aber er fliegt nur zwei Meilen weit, weil er aufhört. Der Schritt des Menschen ist langsam, aber er kommt hundert Tagesreisen weit, weil er nicht aufhört.
Lü BuweiWie macht man's, wenn man die Welt gewinnen will? Wenn man die Welt gewinnen will, läßt sich die Welt nicht gewinnen; aber sie läßt sich gewinnen, wenn man zuerst den eigenen Leib gewinnt.
Lü BuweiEs gibt wohl viele, die Liebe für ihre Toten empfinden, aber wenige sind, die es verstehen, ihre Toten auf die rechte Weise zu lieben.
Lü BuweiDer Mensch hat neun Öffnungen. Wenn er mit seiner Aufmerksamkeit bei der einen verharrt, so stehen die andern acht leer. Stehen aber die andern acht dauernd leer, so stirbt der Leib.
Lü BuweiIst die eigene Person in Ordnung, so kommt die Familie in Ordnung; ist die Familie in Ordnung, so kommt der Staat in Ordnung; ist der Staat in Ordnung, so kommt die Welt in Ordnung.
Lü BuweiAngesichts eines großen Vorteils nicht von dem abweichen, was man für recht erkannt hat, ist unbestechlich.
Lü BuweiWenn man etwas nicht weiß, so kann man fragen; wenn man etwas nicht kann, so kann man es lernen.
Lü BuweiDie Gelehrten auf Erden sind reich an geschickten Reden und scharfen Worten. Sie verwirren alles, weil sie nicht nach dem wirklichen Tatbestand streben, sondern nur darauf aus sind, einander ins Unrecht zu setzen und zu besiegen.
Lü BuweiEin hohes Lebensalter bedeutet nicht, daß das Alter von Natur kurz wäre und künstlich verlängert werden müßte, sondern daß die von Natur gesetzten Grenzen erreicht werden.
Lü BuweiDas Übel derer, die Fehler machen ist, daß sie etwas nicht wissen und doch denken, sie wissen es.
Lü BuweiErst gilt es, den Sieg zu erringen in den eigenen Mauern, dann folgt der Sieg draußen auf dem Schlachtfelde ganz von selbst.
Lü BuweiDas Übel der Betörung besteht darin, daß man sich selbst für nicht betört hält und dadurch betört ist.
Lü BuweiIm Beurteilen der Gesinnung der Menschen und in der Beobachtung der Entwicklung der Dinge muß man erfahren sein, muß man tief blicken.
Lü BuweiIst man recht, so wird man ruhig. Ist man ruhig, so wird man rein und klar. Ist man rein und klar, so wird man frei. Ist man frei, so braucht man nichts zu tun, und dennoch bleibt nichts ungetan.
Lü BuweiWodurch die Menschen in die größten Ungewißheiten und Zweifel kommen, das sind die Ähnlichkeiten der Dinge.
Lü BuweiEin Weiser versteht es, die Menschen nach ihrer Menschlichkeit zu schätzen, ein Mittlerer schätzt sie nach ihren Taten und ein Untüchtiger schätzt sie nach ihren Geschenken.
Lü BuweiWenn man Gerechtigkeit im Kleinen übt, so hat man im Kleinen Glück, wenn man sie im Großen übt, so hat man im Großen Glück. Mit dem Unheil ist es nicht so. Wenig ist immer noch schlimmer als gar nichts.
Lü BuweiWenn man mit günstigem Winde einem ruft, ist darum der Ton nicht lauter (obwohl man ihn weiter hört). Wenn man von erhöhter Stelle aus Umschau hält, ist darum das Auge nicht klarer (obwohl man weiter schaut). Man nützt nur die Verhältnisse aus.
Lü BuweiWer nach Osten ausblickt, sieht die Wand im Westen nicht, wer nach Süden schaut, erblickt die nördlichen Gegenden nicht. Denn seine Gedanken verlaufen in einer bestimmten Richtung.
Lü BuweiDas Zittern ist ein Zeichen von Mangel an Gewohnheit. Andere vor sich Zittern machen, ist ein Zeichen von Arroganz und Hochmut.
Lü BuweiDurch Ausnützung der Gelegenheit kann der Geringe und der Arme dem Vornehmen und Reichen überlegen werden und der Kleine und Schwache den Großen und Starken bändigen.
Lü BuweiWas unbeweglich ist wie die Erde, läßt sich nicht beweglich machen. Was beweglich ist wie das Wasser, läßt sich nicht unbeweglich machen.
Lü BuweiBei der Verwendung des Volks ist die beste Methode, durch die Pflicht zu wirken, die nächste, durch Lohn und Strafe zu wirken.
Lü Buwei