Luc de Clapiers Zitate
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Alle, die ein schändliches Gewerbe treiben, wie Diebe und Dirnen, rechnen sich dies zur Ehre an und nennen die ehrlichen Leute Narren. Die meisten von uns verachten die Anständigkeit, die wenigsten den Ruhm.

Man beurteilt Werke des Geistes wie Handwerksarbeit. Kauft man einen Ring, so stellt man fest, der ist zu groß, jener ist zu klein, bis man einen passenden findet. Keiner der Ringe, bleibt aber zurück, denn einer, der für mich zu klein war, paßt einem anderen.

Wenn man fühlt, daß man nichts hat, um sich die Achtung eines anderen zu erwerben, ist man schon recht nahe daran, ihn zu hassen.

Ich bin immer aufs Neue erstaunt, daß Könige nie die Probe wagen, ob Schriftsteller die großen Gedanken, die sie niederschreiben, auch auszuführen imstande sind. Aber das mag wohl daher kommen, daß sie nicht die Zeit finden, sie zu lesen.

Wer es versteht, an sich Zweideutiges so auszudrücken, dass es nur eindeutig ausgelegt werden kann, ist ein Meister des Stils.

Wir nehmen gewöhnlich Erfolg wie Mißerfolg auf uns und tadeln oder loben uns für etwas, das eine Laune des Schicksals war.

Kennzeichen treffenden Ausdrucks ist, daß auch das, was an sich zweideutig ist, nur eindeutig ausgelegt werden kann.

Es gibt nur wenige Menschen, die nicht den Wunsch haben, von Zeit zu Zeit ihrer Verdienste versichert zu werden.

Schnell gefundenes Glück ist niemals fest gegründet, denn selten ist es ein Werk des Verdienstes.

Die Natur hat den Menschen verschiedene Gaben mitgegeben, der eine ist geboren, zu erfinden, der andere, um zu verschönern. Aber der Vergolder zieht die Blicke stärker an als der Baumeister.

Nur den tapferen und aufrichtigen Seelen steht es zu, dem Streben nach Wahrheit alle anderen Leidenschaften unterzuordnen.

Puritanisch strenge Moral kann die Lebenskraft des Geistes vernichten, wie die Jünger Äskulaps manchmal den ganzen Körper zugrunde richten, um eine leichte, vielleicht nur scheinbare Krankheit zu beseitigen.

Eine junge Frau hat durch Geist und Schönheit nicht so viele Verehrer wie ein reicher Mann durch die Freuden seiner Tafel.

Manche wären sehr erstaunt zu erfahren, worauf ihre Achtung vor den Menschen beruht.

Wer es an Redlichkeit in Scherz und Spiel fehlen läßt, heuchelt bei Geschäften. Es ist das Kennzeichen einer unedlen Natur, wenn Freude nicht menschlich macht.

Wer nicht mehr imstande ist, den Frauen zu gefallen und sich darüber klar ist, lebt ganz gut auch ohne sie weiter.

Man vergißt aber auch eine Schande oft so leicht, daß man durch diese Gleichgültigkeit, wenn auch unbewußt, neue auf sich häuft.

Wir vernachlässigen oft die Menschen, über die uns die Natur einen Einfluß verliehen hat. Gerade sie müßten wir an uns fesseln, denn die anderen sind ja doch nur anhänglich aus Eigennutz, schwankend und unverläßlich.

Fürsten ziehen die Undankbarkeit groß, weil sie niemals so viel geben, als in ihrer Macht steht.

Ein Dummkopf mit gutem Gedächtnis steckt voller Gedanken und Fakten, die er gehört oder gelesen hat, aber er weiß aus ihnen nichts zu folgern: und darauf allein kommt es an.

Genügen gute Augen, um gehen zu können? Auch die Füße allein tun es nicht, dazu braucht man den Willen und die Fähigkeit.

Ob arm oder reich, niemand ist gut oder glücklich, wenn ihn das Schicksal nicht auf den richtigen Platz gestellt hat.

Geduld erreicht bisweilen von den Menschen, was sie niemals zu gewähren dachten. Und Gelegenheit kann selbst die ärgsten Betrüger zwingen, ihre falschen Versprechungen zu halten.

Entdeckte man das Geheimnis, den Krieg für immer abzuschaffen, das menschliche Geschlecht zu vermehren und die Existenz aller Menschen zu sichern – wie töricht und barbarisch erschienen unsere besten Gesetze!

Selten nur ergründet man die Gedankengänge eines anderen in ihrer ganzen Tiefe. Stellt man aber später einmal, durch Zufall, dieselbe Überlegung an, bildet man sich leicht ein, sie sei neu. So viel hat man übergangen, was in jenem Gedanken lag.

Schnell arbeitender Verstand ist kein Vorteil, wenn er nicht auch gründlich ist. Die Vollkommenheit einer Uhr besteht nicht darin, schnell, sondern richtig zu gehen.

Worüber und wie immer man auch schreiben mag, niemals sagt man genug für die Menge und immer zuviel für die Klugen.

Wie wenig können doch die besten Ratschläge helfen, wenn unsere eigenen Erfahrungen uns so wenig belehren.

Eigennutz, nicht Verstand, beflügelt die Unterhaltung. Der Verstand ist nur insofern reizvoll, als er das Spiel der Leidenschaften lenkt, ohne selbst zur triumphierenden Leidenschaft zu werden.