Zitate von Marie von Ebner-Eschenbach
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Was noch so fein Philosophie gesponnen, Das bringt die Poesie ans Licht der Sonnen.
Was Menschen und Dinge wert sind, kann man erst beurteilen, wenn sie alt geworden. (Das gilt auch für Häuser, auch für dieses Haus.)
Die Gutmütigkeit gemeiner Menschen gleicht dem Irrlicht. Vertraue nur seinem gleißenden Scheine, es führt dich gewiß in den Sumpf.
Wir können es im Alter zu nichts Schönerem bringen als zu einem milden und anspruchslosen Quietismus.
Bitter ist der Tadel, aus dem wir mit dem besten Willen keinen Nutzen ziehen können.
Wer klug und stark die Mode mißachtet und ihr um keinen Preis Gefolgschaft leistet, erlebt manchmal den Triumph, daß sie ihm nachgelaufen kommt.
Begrüße jeden Morgen, den dir der Herrgott gibt. Es ist so schön zu sorgen, für Menschen, die man liebt.
Es kommt alles auf die Umgebung an. Die Sonne im lichten Himmelsraume hat eine viel geringere Meinung von sich als die Unschlittkerze, die im Keller brennt.
Napoleon war ein großer Erzieher. Aus einem Kellner, einem Fechtmeister, einem Schleichhändler, einem Faßbinder hat er die Marschälle Murat, Augereau, Masséna und Ney gemacht.
Die Menschen der alten Zeit sind auch die der neuen, aber die Menschen von gestern sind nicht die von heute.
Die Leute, denen man nie widerspricht, sind entweder die, welche man am meisten liebt, oder die, welche man am geringsten achtet.
Ein stolzer Mensch verlangt von sich das Außerordentliche. Ein hochmütiger Mensch schreibt es sich zu.
Der Witzling ist der Bettler im Reich der Geister; er lebt von Almosen, die das Glück ihm zuwirft – von Einfällen.
Den Strich, den das Genie in einem Zuge hinwirft, kann das Talent in glücklichen Stunden aus Punkten zusammensetzen.
Gib dem recht, der Recht hat, und er findet dich liebenswürdig; gib dem recht, der Unrecht hat, und er betet dich an.
Ob das Werkzeug früher versagt oder die Hand, ist ein großer Unterschied, kommt aber auf eins heraus.
Es ist die Frage, was man im Leben sucht, Unterhaltung oder Liebe. Im ersten Fall darf man es nicht allzu genau mit der moralischen, im zweiten nicht allzu genau mit der geistigen Beschaffenheit der Menschen nehmen, mit denen man sich umgibt.
Ein Schwachkopf, der über andere Menschen urteilen soll, kann sich höchstens in ihre Lage, nie aber in ihre Denk- und Empfindungsweise versetzen.
Ein böser Mensch vermag leichter einen guten, als ein guter einen bösen Vorsatz auszuführen.
Aus dem Mitleid mit anderen erwächst die feurige, die mutige Barmherzigkeit; aus dem Mitleid mit uns selbst die weichliche, feige Sentimentalität.
Es gibt nicht nur eine Volksindividualität, es gibt eine Stadt-, eine Dorfindividualität; jede Hütte hat seine, jede Hütte hat ihre besondere Physiognomie.
Gewissensfreiheit, ja, ja. Er meint die Freiheit, kein Gewissen zu haben.
Einen mit Weisheit Gesalbten darf man nie warm werden lassen, sonst trieft er.
Die Skizze sagt uns oft mehr als das ausgeführte Kunstwerk, weil sie uns zum Mitarbeiter macht.
Wir sollten nicht nur leben, als ob wir morgen sterben, sondern auch, als ob wir noch hundert Jahre leben könnten.
Ein Blitz vom Himmel – dem steh ich! Eine Schaufel voll Kehricht – der weich ich aus!
Unsere Fehler bleiben uns immer treu, unsere guten Eigenschaften machen alle Augenblicke kleine Seitensprünge.
Ist deine Kraft gestählt, Dann sollst du auf sie bauen; Ich wünsch dir, was mir fehlt, Ich wünsch dir Selbstverrauen.
Edle Menschen sehen ihren geistigen wie ihren materiellen Reichtum als ein anvertrautes Gut an.