Zitate von Michel de Montaigne
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Jedem kann es passieren, daß er einmal Unsinn redet; schlimm wird es erst, wenn es feierlich wird.

Geschäftigkeit ist für eine gewisse Art Leute ein Zeichen von Bedeutung und Würde; ihr Geist sucht seine Ruhe in der Bewegung, wie die Kinder in der Wiege: Sie sind ihren Freunden ebenso zu Diensten wie sich selber zur Last.

Glück und Unglück sind meiner Meinung nach zwei souveräne Mächte. Es ist Torheit, anzunehmen, daß menschliche Klugheit die Rolle des Glücks spielen könne.

Die Philosophie ist, und zwar auch bei gescheiten Leuten, nur ein leeres Wort, das keine Beziehung zur Wirklichkeit hat.

Nicht jeder schön gewichste, sondern jeder wohlgemachte Schuh zeigt die hübsche Bildung des Fußes.

Die Erfahrung lehrt vielmehr, daß die Leute von gutem Gedächtnis gerne ein wenig schwach vom Verstande sind.

Letztendlich führen alle Weisheit und Überlegungen der Welt dahin, den Mensch zu lehren, sich nicht vor dem Tod zu fürchten.

Befürchtungen, Hoffnungen, Wünsche tragen uns immer in die Zukunft; sie bringen uns um die Möglichkeit, das, was jetzt ist, zu fühlen und zu beachten; statt dessen gaukeln sie uns Dinge vor, die einmal kommen sollen, vielleicht erst dann, wenn wir nicht mehr existieren.

Wir Menschen sind meist so veranlagt, daß wir an Fremdem mehr Gefallen finden als an Eigenem, und daß wir Bewegung und Änderung gern haben.

Bei denjenigen, die ihren ganzen Verstand auf das Gedächtnis gründen und nichts wissen, als was im Buche steht, hasse ich die Gelehrsamkeit noch mehr als die brutale Dummheit.

Der Ort, an dem die Kinder ihren Nutzen ziehen, die Schule, möge auch ihre Vergnügungsstätte sein, man soll ihnen die heilsamen Nährmittel überzuckern und die schädlichen bitter machen.

Da ich gegen außergewöhnliche Größen immer auf der Hut bin, habe ich gefunden, daß sie im ganzen, Menschen wie andere sind.

Ich sehe nichts, auch in meinen Träumen und Wünschen, womit ich mich dauernd zufrieden geben könnte. Nur der Wechsel ist lohnend und die Möglichkeit, sich so oder so zu entscheiden.

Wenn ich Freude daran hätte, mit Nüßchen und Kreiseln zu spielen, warum nicht? Der Genuß kennt keinen Ehrgeiz. Er dünkt sich reich genug und begehrt nicht den Zusatzwert des Ruhms; ihm ist’s im Schatten wohler.

So überwältigend ist des Gewissens Macht! Sie treibt uns dazu, daß wir in eigner Person uns verraten, anklagen und bekämpfen und wenn sie keinen anderen Zeugen findet, ruft sie uns wider uns auf.

Wir haben bei unserer Verheiratung nicht den Vertrag geschlossen, daß wir beständig Hand in Hand gehen wollen.

Jeder Mann weiß aus Erfahrung, daß ununterbrochene Gegenwart bei weitem nicht das Vergnügen bereitet, das man bei wechselseitigem Scheiden und wieder Zusammenkommen empfindet.

Eine gute Ehe, wenn es eine solche gibt, benötigt die Liebe nicht. Sie strebt nach der Freundschaft hin. Es ist eine süße Lebensgemeinschaft; voll Beständigkeit, Vertrauen und einer unendlichen Menge nützlicher und dauerhafter Dienstleistungen und wechselseitiger Verpflichtungen.

Es macht den Eindruck, als wenn es in einer höheren Welt Mächte gäbe, die von Neid gegen irdische Größe erfüllt sind, wie Stürme und Gewitter die höchsten und stolzesten Bauten am schrecklichsten umtoben.

Wenn wir Abschied nehmen, wird unsere Neigung zu dem, was wir schätzen, immer noch etwas wärmer.

Der Wert des Lebens liegt nicht in der Länge der Zeit, sondern darin, wie wir sie nützen. Ein Mensch kann lange, aber dennoch sehr wenig leben.

Die großen Toten haben an sich eine solche Auferstehungskraft, daß sie sich irgendwo immer wieder melden, als seien sie dem fortschreitenden menschlichen Geiste ein unentbehrliches Bedürfnis und eine nie versiegende Quelle.

Was anmutig ist, bemerken wir nur, wenn es überspitzt, geschwollen, verkünstelt auftritt: Geht es im einfachen Kleid der Selbstverständlichkeit einher, so wird es von einem groben Blick, wie wir ihn haben, leicht übersehen.

Es reicht nicht, Erfahrungen zu machen, man muss sie auch wägen, ordnen und verarbeiten und aus ihnen die richtigen Schlüsse ziehen.

Die Jagd nach Ruhm und Ehre ist die verbreitetste von allen Torheiten dieser Welt.

Treibt uns der Ehrgeiz zur Einsamkeit? Die Antwort muß lauten: Ja! Denn was ist ihm mehr zuwider als Gemeinsamkeit? Was ist ihm wichtiger als Bewegungsfreiheit?

Wir Bewußten, wir haben es eigentlich noch einmal so schwer. Wir dürfen niemandem wehe tun, weil wir wissen.

Es ist eine süße Lebensgemeinschaft, reich an Beständigkeit, Vertrauen, an nützlichen, realen Liebesdiensten und an gegenseitigen Verpflichtungen. Keine Frau, die kennengelernt hat, wie schön das ist, würde lieber die Geliebte ihres Gatten sein.

Das Menschenauge kann von der Wirklichkeit nur erfassen, was seiner Aufnahmefähigkeit entspricht.

Wertmäßig ist das Wissen fast indifferent; in mancher Hand ist es ein Zepter, in mancher eine Narrenklapper.

Wer nicht wartet, bis er Durst hat, der hat keine rechte Freude an einem guten Trunk.

Nun, ich lege Wert darauf, in meinem Leben das zu tun, worauf ich ein Recht habe und was ich durchsetzen kann, nicht, was ich als Belohnung oder Gnade entgegennehmen muß.

Keine Leidenschaft trübt die Unvoreingenommenheit des Urteils mehr als der Zorn.

Ich will in diesem Leben nur den Ruhm erwerben, daß ich es friedlich verbracht habe.