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Werke, die ein Schriftsteller mit Vergnügen schuf, sind meistens die besten, so wie die Kinder der Liebe die schönsten sind.
Nicolas ChamfortDer Dummkopf beschäftigt sich mit der Vergangenheit, der Narr mit der Zukunft, der Weise aber mit der Gegenwart.
Nicolas ChamfortVerleumdungen sind wie aufdringliche Wespen. Will man sich ihrer entledigen, muss man sicher sein, sie auch zu treffen. Andernfalls kommen sie zurück und attackieren heftiger denn je.
Nicolas ChamfortStatt die Menschen von gewissen Fehlern, die der Gesellschaft unerträglich sind, zu korrigieren, müßte man die Schwäche derer, die sie dulden, korrigieren.
Nicolas ChamfortStarrköpfigkeit repräsentiert den Charakter ungefähr so wie das Temperament die Liebe.
Nicolas ChamfortZwei Dinge habe ich bis zum Wahnsinn geliebt: die Frauen und das Junggesellentum. Meiner ersten Passion bin ich verlustig gegangen, also muß ich mir die zweite bewahren.
Nicolas ChamfortIch habe in der Welt gesehen, daß man ohne Unterlaß die Achtung der anständigen Menschen dem Ansehen und die Ruhe dem Ruhme opfert.
Nicolas ChamfortDie Meinung ist die Königin der Welt, weil die Dummheit die Königin der Schwachköpfe ist.
Nicolas ChamfortMan ist glücklich oder unglücklich durch eine Menge von Dingen, die nicht ans Tageslicht kommen, über die man nicht spricht und nicht sprechen kann.
Nicolas ChamfortIn Frankreich läßt man die in Ruhe, welche das Feuer legen und verfolgt die, welche die Sturmglocke läuten.
Nicolas ChamfortWas ist ein Kardinal? Ein in roten Purpur gekleideter Priester, der hunderttausend Taler vom König bezieht, um sich im Namen des Papstes über ihn lustig zu machen.
Nicolas ChamfortBei geistreichen Leuten findet man in einem Witz ein ganzes Buch, während man heute oft in einem Buche kaum einen Witz findet.
Nicolas ChamfortM. sagte: Christ zu sein, daraus mache ich mir nichts; aber ich würde mich nicht ärgern, an Gott zu glauben.
Nicolas ChamfortNach seiner Rückkehr aus Deutschland sagte M...: Ich wüßte nichts, das ich weniger zu sein wünschte als ein Deutscher.
Nicolas ChamfortZwischen Geist und Herz besteht oft dasselbe Verhältnis wie zwischen Schloßbibliothek und Schloßherrn.
Nicolas ChamfortIch scheide endlich aus dieser Welt, wo das Herz entweder zerbrechen oder zu Erz werden muss.
Nicolas ChamfortUnanständigkeit, der Mangel an Schamgefühl sind in jedem System geschmacklos: in der Philosophie des Genusses wie in der der Enthaltsamkeit.
Nicolas ChamfortEiner der besten Gründe, sich niemals zu verheiraten: man ist nicht ganz der Narr der Frau, solange sie nicht die unsere ist.
Nicolas ChamfortDie Liebe ist der Austausch zweier Phantasien und die Berührung zweier Hautschichten.
Nicolas ChamfortDie Mehrzahl der Adeligen erinnert an ihre Vorfahren, wie ein italienischer Cicerone an Cicero erinnert.
Nicolas ChamfortDie Welt ist so verächtlich, daß die wenigen anständigen Leute einen achten, wenn man ihr mit Verachtung gegenübersteht.
Nicolas ChamfortDie meisten Freundschaften sind so mit Wenn und Aber gespickt, daß sie auf bloße Beziehungen hinauslaufen, die dank stillschweigender Übereinkunft weiter bestehen.
Nicolas ChamfortVon niemandem abhängen, der Mann seines Herzens, seiner Grundsätze, seiner Gefühle sein: Nichts habe ich seltener gesehen.
Nicolas ChamfortDer Philosoph ist ein Mensch, der den Wert eines jeden einzelnen kennt. Nun verstehen Sie, warum seine Ansichten niemandem gefallen.
Nicolas ChamfortIn der Welt gibt es drei Arten von Freunden: solche, die euch lieben, solche, die sich um euch kümmern und solche, die euch hassen.
Nicolas ChamfortNiemand hat mehr Feinde in der Welt als ein aufrechter, stolzer, gefühlvoller Mann, der Personen und Dinge nimmt, wie sie sind, und nicht, wie sie sein wollen.
Nicolas ChamfortEs ist schwer, das Glück in uns zu finden, und es ist ganz unmöglich, es anderswo zu finden.
Nicolas ChamfortLiebe mag blind sein, aber sie kann trotzdem einen teuren Ring von einem billigen unterscheiden.
Nicolas ChamfortJeder, der nur wenige Bedürfnisse hat, scheint den Reichen zu drohen, fortwährend auf dem Sprunge zu sein, ihnen zu entschlüpfen. Daraus sehen die Tyrannen, daß sie im Begriffe sind, einen Sklaven zu verlieren.
Nicolas ChamfortIn den großen Dingen zeigen sich die Menschen, wie es sich für sie schickt, in den kleinen wie sie sind.
Nicolas ChamfortMan fragt, warum die Frauen mit ihren Männern prahlen, und man gibt verschiedene Gründe dafür an, von denen die meisten für die Männer beleidigend sind. Der wahre Grund ist, daß sie ihre Herrschaft über diese auf andere Weise nicht genießen können.
Nicolas ChamfortEin Schriftsteller, sagte Diderot, kann eine Geliebte haben, die Bücher schreibt, aber seine Frau muß Hemden nähen können.
Nicolas ChamfortMan sagt gewöhnlich: "Die schönste Frau der Welt kann nichts anderes geben als sie hat." Das ist sehr falsch: sie gibt genau das, was man zu erhalten glaubt, denn in diesen Dingen ist's die Einbildung, welche den Preis für das, was man erhält, bestimmt.
Nicolas ChamfortMemoiren verraten fast immer die Eitelkeit ihres Verfassers und erinnern an jenen Gläubigen, der eine große Summe Geldes für seine Heiligsprechung hinterlassen hat.
Nicolas ChamfortDer Pfarrer muß ein bißchen Glauben bewahren... der Vikar darf bei einer abfälligen Bemerkung über die Religion lächeln; der Bischof lacht laut auf; und der Kardinal macht selbst noch einen Witz darüber.
Nicolas ChamfortDie Sammler von Gedichten, Aphorismen und Anekdoten gleichen denen, die Kirschen oder Austern essen. Sie nehmen zunächst die besten und essen schließlich alle.
Nicolas ChamfortJede Frau, die einen Geliebten wählt, stellt stärker in Rechnung wie andere Frauen diesen Mann sehen, als wie sie selber ihn sieht.
Nicolas ChamfortEmpfinden macht denken. Das gibt man zu, nicht, daß das Denken sich in Empfinden umsetzt. Es ist nicht weniger wahr.
Nicolas ChamfortWeder als Mensch noch als Glied der sozialen Ordnung muss man mehr sein wollen, als man kann.
Nicolas ChamfortDas Elend des Menschen liegt darin, daß er in der Gesellschaft Trost suchen muß gegen die Leiden, die die Natur ihm zufügt, und in der Natur Trost gegen die Leiden der Gesellschaft. Wie viele haben weder hier noch dort eine Erleichterung ihrer Schmerzen gefunden!
Nicolas Chamfort